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Versandhandel

The price you pay

Schattenseiten des EU-Binnenmarktes

Der europäische Binnenmarkt bietet viele Chancen für barrierefreien Handel. Freier Warenverkehr und die Abschaffung von Grenzkontrollen innerhalb der EU gehören zu den größten Vorteilen eines derartigen Binnenmarktes. Doch wie steht es um die Kehrseite dieser Medaille? Es ist nahezu unmöglich, die gigantischen Warenströme per Post zu überwachen oder flächendeckend zu kontrollieren. Auch illegale Warenströme verschwinden somit in der Masse des modernen Versandhandels. | Von Alexander Voltz, Andrea Stippler, Annika Georgieva, Annette Maus, Bodo Haas und Niels Eckstein

Im Fall von metallhaltigen Gegenständen (Waffen, Munition) ist zumindest mit Röntgengeräten und Metalldetektoren noch ein Screening im Hochdurchsatzbereich technisch möglich. Doch wie steht es im pharmazeutischen Bereich? Es ist unschwer vorstellbar, dass sich gerade kleinvolumige, hochpreisige Produkte wie Arzneimittel gut für den illegalen Versandhandel eignen.

Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurde untersucht, ob sich die Offenheit des europäischen Binnenmarktes für den illegalen, grenzüberschreitenden Versand von rezeptpflichtigen Arzneimitteln missbrauchen lässt. Am konkreten Beispiel von Dopingsubstanzen, die auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) stehen, wurde zudem geprüft, welche technischen Voraussetzungen hierfür nötig sind.

Legaler und illegaler Arzneimittelmarkt in der EU

Oftmals und sehr lauthals hört und liest man empörte Äußerungen über DocMorris und andere Arzneimittelversender. Unbestreitbar ist, dass die fortgesetzten Provokationen seitens DocMorris einer De-Eskalation entgegenwirken (Stichwort: Arzneimittelautomat in Hüffenhardt). Dennoch: die legalen Versandhändler verfügen immerhin über ein QM-System, dies muss man bei aller Kritik anerkennen.

Eher erstaunen sollte einen dagegen die stark unterrepräsentierte Berichterstattung über den illegalen Arzneimittelversandhandel in und außerhalb der EU. Es könnte fast der Eindruck entstehen, die Problematik sei mit der sogenannten „Lex DrEd“ vom Tisch, wonach Apotheken ein verschreibungspflichtiges Medikament nur herausgeben dürfen, wenn klar ist, dass Arzt und Patient direkten Kontakt mit­einander hatten.

Dem ist allerdings nicht so – wie der folgende Beitrag zeigt. Wer nun meint, das Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel (Rx-Versandverbot) aus dem Koalitions­vertrag würde hier Abhilfe schaffen, mag sich vielleicht bald getäuscht sehen:

  • Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gilt nicht als glühender Exponent dieses Vorhabens.
  • Fraktionsübergreifend bestehen juristische Zweifel bezüglich der Frage, ob ein Rx-Versandverbot europarechts- und verfassungskonform ist.
  • Wer sich bereits jetzt nicht an Gesetze und Verträge hält, den wird auch ein weiteres Verbot nicht vom illegalen Versandhandel mit Arzneimitteln abhalten.

Unterschiedliche Regularien für ein Thema

Das Inverkehrbringen von rezeptpflichtigen Arzneimitteln und der Online-Versandhandel sind innerhalb der EU recht divergent regulierte Rechtsbereiche. Es gibt in diesem Bereich keinen einzelnen Gesetzestext, der alle Regularien umfasst. Vielmehr spielen eine ganze Reihe unterschiedlicher globaler (Weltpostvertrag), europäischer (Patientenmobilitäts-Richtlinie) und nationaler Gesetze (Arzneimittelgesetz) mit unterschiedlichen Zielsetzungen hierbei eine Rolle. Daher wurde für das Forschungsprojekt zunächst eine systematische Sichtung und Analyse der relevanten Gesetzestexte durchgeführt, um die juristischen Gegebenheiten des Rx-Versandes in der EU zu erfassen. Zusätzlich zur Analyse der Gesetzestexte erfolgte ein Vergleich der nationalen rechtlichen Rahmenbedingungen verschiedener EU-Mitgliedstaaten. Diese weichen teils deutlich voneinander ab.

In jüngerer Vergangenheit kam es bezüglich der Telemedizin bereits zu einer Kollision der innereuropäischen Rechtsprechung. Durch das Agieren des Anbieters DrEd wurde eine Gesetzesänderung notwendig. DrEd stellte im Vereinigten Königreich (UK) Rezepte für zum Teil deutsche Patienten aus, die anschließend von deutschen Apotheken beliefert wurden. Dies machte eine Novelle des Arzneimittelgesetzes im Jahr 2016 („Lex DrEd“, s. o.) notwendig.

Nach der europäischen Patientenmobilitätsrichtlinie gilt im Wortlaut: „Sofern Arzneimittel, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind und […] für einen einzelnen, namentlich genannten Patienten verschrieben wurden, sollte es grundsätzlich möglich sein, dass eine solche Verschreibung in einem anderem Mitgliedstaat, in dem die Arzneimittel zugelassen sind, ärztlich und in Apotheken anerkannt wird und die Arzneimittel dort abgegeben werden.“

Auf Grundlage dieses Wortlautes werden Auslandsbehandlungen des Patienten durch die Krankenkasse übernommen – bis zu einer Höhe, die im Inland angefallen wäre. Zudem hat jeder EU-Bürger das Recht auf eine freie Arztwahl, dies gilt grenzüberschreitend und auch für Ärzte die ihre Leistungen per Internet anbieten.

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Der Ärztetag-Beschluss von 2018

Einem in Deutschland tätigen Arzt war es bis zum Deutschen Ärztetag im Mai 2018 nach Berufsordnung standesrechtlich untersagt, die Behandlung seiner Patienten ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchzuführen. Eine große Mehrheit der Delegierten stimmte beim Ärztetag für eine Änderung des Berufsrechtes in der Musterberufsordnung. Die ausschließliche Video- oder Telefon-Beratung soll aber ein Einzelfall bleiben.

Die Apothekenbetriebsordnung verbietet nach wie vor die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, wenn erkennbar ist, dass es sich um eine Verordnung handelt, die ohne einen direkten Arzt-Patienten-Kontakt entstanden ist. Im Gegensatz dazu steht die nationale Gesetzgebung in Großbritannien, nach der die virtuelle Behandlung seit mehreren Jahren erlaubt ist. Durch die europäische Richtlinie zur Patientenmobiliät müssen auch die Verschreibungen aus anderen EU-Ländern in Deutschland anerkannt werden. Regelungen zum Versand sind zudem abhängig von der Verkaufsabgrenzung des jeweiligen Arzneimittels:

  • Die Beförderung von Betäubungsmitteln im Postverkehr ist durch den Weltpostvertrag bzw. durch Abkommen des Weltpostvereins ohne Einschränkung global verboten.
  • In der EU gilt für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, beim Versand von der Apotheke an den Endverbraucher das für den Versandhandel national geltende Recht.

Europäische Versandapotheken

Dies gilt jedoch nur soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht. Andernfalls muss die Apotheke nach dem deutschen Apothekengesetz dazu befugt sein und den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen Handel Folge leisten. Das Bundesgesundheitsministerium gibt eine entsprechende Übersicht bekannt, die sogenannte Länder-Liste. Demnach ist der Arzneimittelversandhandel aus den folgenden Staaten nach Deutschland erlaubt:

  • Island
  • Schweden (nur für verschreibungspflichtige Arzneimittel)
  • Tschechien (nur für nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel)
  • Vereinigtes Königreich
  • Niederlande, aber nur wenn in den Niederlanden eine Präsenzapotheke vom Versandhändler unterhalten wird.

Befugt sind zudem auch Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten der EU, die über eine Versandhandelserlaubnis nach § 11a Apothekengesetz verfügen. Legale Versandhändler sind beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) gemeldet.

Ist eine Versandapotheke hier nicht gelistet, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um einen illegalen Versand handelt. Dies dürfte allerdings für einen regulatorisch nicht in­formierten Laien schwer zu erkennen sein – zumal die entsprechenden digitalen Siegel sich oftmals gefälscht auf den entsprechenden Internetseiten finden lassen.

Das Forschungsprojekt

Doping im Breitensport ist ein weit verbreitetes Phänomen. Laut einer Studie aus dem Jahr 2011 nutzten 9,4 Prozent der Befragten in einem Zeitraum von 12 Monaten leistungs­steigernde Substanzen (sowohl rezeptfreie als auch rezeptpflichtige Arzneimittel).

Zunächst wurde ein Pseudo Customer definiert. Dieser (virtuelle) Pseudo Customer soll den potenziellen Bedarf eines Breitensportlers an Dopingsubstanzen durch den missbräuchlichen Einsatz von Arzneimitteln decken. Der Bezug dieser Arzneimittel soll ohne Rezept über das Internet erfolgen. Als Pseudo Customer wird ein 35-jähriger Mann mit einem Gewicht von 100 kg und einer Größe von 1,90 Meter definiert. In Tabelle 1 werden die hierzu online bestellten Arzneimittel charakterisiert.

Tab. 1: Charakterisierung der im Versandhandel bestellten Arzneimittel
Arzneimittel
Testosteron
Amfepramon
Codein / Dihydrocodein
Status
verschreibungspflichtig
verschreibungspflichtig
verschreibungspflichtig
ausgenommene Zubereitung nach Betäubungsmittel­gesetz (BtMG)
nein
ja
ja
WADA Verbotsliste
ja
ja
nein
medizinische Indikation laut Fachinformation
Anämie, Substitutionstherapie
Gewichtsreduktion bei BMI > 30 und vorangegangener erfolgloser Ernährungs­anpassung und Bewegung
als zentrale Antitussiva und Analgetika
Zweckbestimmung beim Doping
Protein-anabol zur Steigerung der Muskelmasse
zur „Fettverbrennung“ (Fatburner): Reduktion des Körperfettanteils
analgetisch nach Überbelastung des Bewegungsapparates

Testosteron Enantat in flüssiger Form zur intramuskulären Injektion in Brechampullen wird auf zahlreichen Webseiten zum Verkauf angeboten. Im Forschungsprojekt erfolgte der Kauf ohne Rezept. Auf der WADA-Verbotsliste von 2017 lässt sich Testosteron Enantat in der Klasse S1 unter dem Unterpunkt „endogene anabole-androgene Substanzen bei exogener Verabreichung“ finden. Bei der Bestellung wurde lediglich eine Adresse abgefragt, ansonsten waren keine weiteren Daten erforderlich. Nach Abschluss des Bestellvorganges erhielt der Pseudo Customer eine Zahlungsaufforderung auf ein Bankkonto im Vereinigten Königreich. Die Zahlung erfolgte per SEPA-Überweisung, nach 48 Stunden wurde der Zahlungseingang durch den Betreiber der Webseite bestätigt. Daraufhin folgte eine Versandbestätigung mit einer Sendungsverfolgungsnummer.

Die Umverpackung bestand aus einem einfachen Luftpolsterumschlag. Die Brechampullen waren ordnungsgemäß in Primär- und Sekundärverpackung verpackt und es lag eine Art Beipackzettel in englischer Sprache bei.

Das Nachprüfen der Identifikationsnummer auf der Website des Herstellers des Testosteron Enantat Präparates führte zu folgender Meldung:

„Thank You for providing your authentication code for approval. Unfortunately the product you have is not a genuine […] product.“ („Vielen Dank für die Bereitstellung Ihres Authentifizierungscodes zur Genehmigung. Leider ist das Produkt, das Sie haben, kein echtes [...] Produkt.“)

Testosteron kann auch als Gel zur transdermalen Applikation mittels Onlineverordnungen von ausländischen Apotheken bezogen werden. Dies wäre jedoch im Forschungsprojekt sehr viel komplizierter und nicht ohne tiefergehende medizinische Recherche möglich. Beispielsweise wurden exakte Blutwerte für eine Substitutionstherapie abgefragt. Die Autoren gehen davon aus, dass dies für einen medizinischen Laien mit größeren Hürden verbunden sein dürfte. Machbar dürfte es dennoch sein. Dieser Weg ist allerdings mit einem so hohen Aufwand und Kosten verbunden, dass es für Doping-Zwecke einfacher sein dürfte, Präparate zur Injektion zu bestellen.

Amfepramon

findet sich auf der WADA-Verbotsliste in der Gruppe S6, den Stimulanzien, unter dem Unterpunkt „Nicht-spezifische Stimulanzien“. Die Bestellung von Amfepramon erfolgte über eine Website, die einen seriösen Eindruck vermitteln soll. Zunächst musste der Pseudo Customer ein Kundenkonto mit den persönlichen Daten wie Name und Telefonnummer und Lieferadresse angeben. Nach erfolgreicher Registrierung konnte das gewünschte Arzneimittel (Weichgelatine Kapseln mit jeweils 25 mg Amfepramon-hydrochlorid) ausgewählt werden. In dieser Dosierung stellt Amfepramon eine ausgenommene Zubereitung nach Betäubungsmittel­gesetz (BtMG) dar, unterliegt also lediglich der normalen Verschreibungspflicht. Auch persönliche Daten, wie Geburts­datum, Größe, Gewicht und Geschlecht, mussten vom Besteller angegeben werden. Eine Überprüfung der Angaben mittels Ausweiskopie oder Ähnlichem erfolgte nicht. Nach Angabe der persönlichen Daten erfolgte eine Weiterleitung zu den medizinischen Fragen, diese beschränken sich im Fall von Amfepramon auf neun Fragen, die mit einem Klick mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind. Danach konnte die Be­stellung abgeschlossen werden. Kurze Zeit später wurde eine Bestellbestätigung und eine Zahlungsaufforderung per E-Mail empfangen. In diesem Fall befand sich die angegebene Bank in Rumänien – also innerhalb der EU. Nach Zahlungseingang wurde eine Nachricht im Kundenkonto erhalten, in der sich ein Arzt vorstellt und einige Fragen zum Zustand des Patienten stellt (siehe Kasten Fragenkatalog).

Ärztlicher Fragenkatalog

„Können Sie bitte Ihren gesundheitlichen Zustand näher beschreiben und begründen, warum Sie dieses Medikament benötigen.“

„Haben Sie irgendein anderes Medikament dafür bereits benutzt, wenn ja, wie war das Ergebnis und hatten Sie irgendwelche Nebenwirkungen?“

„Möchten Sie gerne mit mir persönlich am Telefon über ihre Symptome sprechen?“

„Würden Sie bitte bestätigen, dass Sie Ihren eigenen Arzt darüber informieren, dass Sie dieses Medikament bestellen? Falls Sie wünschen, dass ich mich mit Ihrem Arzt in Verbindung setze, senden Sie mir bitte die Kontaktinformationen.“

„Bitte bestätigen Sie, dass Sie sich darüber bewusst sind, dass dieses kein Ersatz für Ihren persönlichen Arzt ist.“

Nach Beantwortung der Fragen wurde die Ausstellung des Rezepts durch den Arzt bestätigt und der Versand des Rezepts an die Apotheke angekündigt. Noch am gleichen Tag fand der Versand des Arzneimittels aus einer Apotheke in Dänemark statt. Die Zustellung erfolgte einen Tag später – im konkreten Fall jedoch nicht direkt beim Empfänger.

Da die behördliche Genehmigung für das Projekt auf die Institutsadresse ausgestellt war, wurde hierhin bestellt – allerdings ohne akademische Titel des Empfängers oder den Namen des Instituts im Bestellformular anzugeben. Abgegeben wurden die Präparate wahlweise im Assistentenbüro an zufällig Anwesende, im Dekanatssekretariat oder beim Hausmeister.

Chargenbezeichnung und Verfallsdatum auf Primär- und Sekundärverpackung stimmten überein. Der Beipackzettel war in englischer Sprache gehalten. Auf der Sekundärverpackung war ein Klebeetikett mit einem Einnahmehinweis angebracht.

Eine zweite Bestellung der größtmöglichen Packungsgröße war dann viel einfacher: Der Verlauf der Bestellung entsprach dem der ersten Bestellung, mit der Besonderheit, dass die Nachricht des Arztes nach Erhalt der Zahlung durch den Empfänger automatisch, ohne Zutun des Patienten, mit den Antworten aus der ersten Bestellung ergänzt wurde. Es erfolgte eine Verordnung und der Versand, obwohl die zuvor bestellten Arzneimittel bei ordnungsgemäßer Ein­nahme noch nicht aufgebraucht sein konnten. Hier stellt sich die Frage, ob die Angaben des Patienten im Bestellprozess überhaupt Berücksichtigung finden. Um dies zu eruieren, wurde bei einer dritten Bestellung der Fragebogen mit einer großen Anzahl an eindeutigen Kontraindikationen versehen. Trotz dieser auffälligen Gegenanzeigen wurde das bestellte Amfepramon abermals versendet.

Codein und Dihydrocodein

finden sich zwar nicht auf der WADA-Verbotsliste, lassen sich jedoch vielfältig missbrauchen. Sei es, um in Sportarten ruhiger zu werden, die eine hohe Konzentrationsfähigkeit erfordern, oder, um akute Schmerzzustände im Wettkampf auszublenden. Der Bezug erfolgte analog zu Amfepramon nach Bearbeitung des Fragenkatalogs. Auch hier wurde das Arzneimittel nach einem Werktag zugestellt. Eine Folgebestellung war auch in diesem Fall noch vor dem Aufbrauchen der ersten Packung möglich. Der Preis lag wie bei anderen Arzneimitteln deutlich über dem regulären Apothekenverkaufspreis.

Tab. 2: Preisdifferenz zwischen Präparaten aus dem illegalen Versandhandel und Präparaten aus der Apotheke
Codein
Dihydrocodein
Amfepramon
Testos­terongel
Apothekenverkaufs- preis eines vergleichbaren Präparates
85,80 Euro
166,33 Euro (60 mg)
179,44 Euro
59,65 Euro
Preis beim illegalen Versandhandel
189 Euro
189 Euro (30 mg)
238 Euro
143 Euro
Verteuerung
um Faktor
2,2
1,1
1,3
2,4

Fazit und Ausblick

Die erhaltenen Substanzen wurden mittels ATR-Infrarotspektroskopie analysiert, um eventuelle Unstimmigkeiten zu entdecken. Durchweg unauffällige Analysenergebnisse lassen den Schluss zu, dass es sich um Originalarzneimittel (eventuell umverpackt) handeln könnte. Auch die Überprüfung der Chargennummern beim Hersteller der jeweiligen Präparate konnte (mit Ausnahme bei Testosteron Enantat) keinen Verdacht auf eine Arzneimittelfälschung begründen. Es ist also davon auszugehen, dass es sich um regulär hergestellte Arzneimittel handelt, die über illegale Distributionswege verteuert vertrieben werden.

Der anfänglich definierte Pseudo Customer konnte über das Internet problemlos zahlreiche Dopingsubstanzen in beliebiger Menge beziehen. Durch Testosteron Enantat und Amfepramon wäre ein erheblicher Muskelzuwachs mit gleichzeitigem Fettverlust möglich. Zudem könnten die durch steigende Belastungen auftretenden Schmerzen des Bewegungsapparats mittels Codein bzw. Dihydrocodein (nach Demethylierung zu Morphin) gelindert werden. Dabei lagen die Gesamtkosten einer solchen Kombination in einem Bereich, der für viele Breitensportler realisierbar sein dürfte: Weniger als 800 Euro für eine dreimonatige Anwendung.

Durch die höheren Preise im Vergleich zu den jeweiligen Apothekenverkaufspreisen können die illegalen Anbieter beachtliche Gewinnmargen realisieren (s. Tab. 2). Die Fahndung und Strafverfolgung dieser Verstöße gestalten sich dabei äußerst schwierig. Durch die fast vollständige Abschaffung innereuropäischer Grenzkontrollen und das gleichzeitige, massive Aufkommen an Warensendungen ­innerhalb ist eine Kontrolle von illegal vertrieben Arzneimitteln fast unmöglich geworden. Das Gesamtvolumen des hierdurch entstehenden wirtschaftlichen Schadens (zusätzlich zur Gefährdung der Patientensicherheit) ist somit nur schwer abzuschätzen. |

Autoren

Alexander Voltz studiert angewandte Pharmazie am Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern und ist als wissenschaftliche Hilfskraft bei Prof. Dr. Niels Eckstein tätig.

Andrea Stippler, PTA, studiert angewandte Pharmazie am Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern.

Annika Georgieva hat angewandte Pharmazie am Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern studiert und ist nun in der Regulatory Affairs Abteilung bei der Hexal AG tätig.

Annette Maus, PTA, Assistentin am Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern.

Dr. Bodo Haas, Apotheker, Pharmakologe und Lehrbeauftragter der FH Köln für Drug Regulatory Affairs.

Prof. Dr. Niels Eckstein ist Professor für Regulatory Affairs und Pharmakologie am Campus Pirmasens der Hochschule Kaiserslautern.

Disclaimer

Die geäußerten Sachverhalte sind persönliche Ansichten der Verfasser. Es handelt sich nicht um Ansichten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der European Medicines Agency (EMA) oder eines ihrer Gremien oder Ausschüsse. Ein Rechtsanspruch entsteht nicht. Die Durchführung des hier beschriebenen Projekts wurde vorab von der für die Durchsetzung des Arzneimittelgesetzes (AMG) zuständigen Landesbehörde genehmigt. Eine Nachahmung ohne behördliche Genehmigung stellt einen Rechtsbruch dar. Um Nachahmungen zu verhindern, werden weder Internetadressen noch Handelsnamen genannt.

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