Aus den Ländern

„MeinPlan“ – persönlich und elektronisch

Aktionstag zum elektronischen Medikationsplan in Stuttgart

STUTTGART (diz) | Es gibt ihn bereits, den elektronischen Medikationsplan. Das Gesundheitsamt Stuttgart startete im Januar das Projekt „MeinPlan Stuttgart“, mit dem die Landeshauptstadt ihren Bürgerinnen und Bürgern einen eigenen elektronischen Medikationsplan anbietet. Den Plan kann der Patient selbst, aber auch mit Unterstützung von Arzt oder Apotheker führen. Bei einem Aktionstag im Juli machten Apotheken erneut auf diesen Plan aufmerksam. Wir besuchten die Apotheke Rohr in Stuttgart und fragten nach den Erfahrungen mit diesem Medikationsplan.
„MeinPlan Stuttgart“ wirbt mit einem elektronischen Medikationsplan darum, dass Patienten Verantwortung übernehmen und sich mit ihrer Medikation vertraut machen.

Seit 1. Oktober 2016 haben Patienten unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf einen Medikationsplan – ausgestellt vom Arzt auf Papier. Initiiert hatte ihn seinerzeit der damalige Bundesgesundheitsminister Gröhe. Er versprach, den Plan bald in einer elektronischen Version, gespeichert auf der Gesundheitskarte, zur Verfügung zu stellen und deutete an, den Apotheker besser mit einbinden zu wollen. Ende 2019 soll es laut Bundesgesundheitsministerium so weit sein und der elektronische Medikationsplan an den Start gehen können. Ob dieser Zeitplan tatsächlich eingehalten werden kann, dürfte allerdings sehr ungewiss sein.

„Nimms‘ richtig“, das „MeinPlan-Projekt“ in Stuttgart

So lange wollte das Stuttgarter Gesundheitsamt nicht warten und wurde selbst aktiv. Im Rahmen eines Projekts „Trotz Alter“ wurde ein Runder Tisch eingerichtet, der sich mit dem Thema „Medikamentenkonsum älterer Menschen“ und den Herausforderungen der Polypharmazie beschäftigte. Resultierend aus diesem Arbeitskreis und angelehnt an das Projekt „MeinPlan“ aus Heidelberg entstand das Projekt „MeinPlan Stuttgart“ mit dem Slogan „Nimm’s richtig!“: Im Mittelpunkt steht ein elektronischer Medikationsplan, den die Patientinnen und Patienten selbst oder zusammen mit Angehörigen führen, wenn gewünscht auch mit Unterstützung von Arzt und Apotheker. Ziel dieses Projekts ist es u. a., dass die Patienten von sich aus aktiv werden und den Plan anlegen. Dies soll die Patienten zu mehr Verantwortung befähigen und sie anregen, sich stärker mit ihrer Gesundheit, aber auch mit ihrer Medikation zu befassen. Der elektronische Medikationsplan des Stuttgarter Projekts, der auf dem Prinzip des bundeseinheitlichen Medikationsplans basiert, sieht allerdings optisch weniger bürokratisch und weniger kompliziert aus, er ist gefälliger und patientennäher gestaltet. Der Plan steht auch in einer Version in türkischer und in russischer Sprache zur Verfügung.

Als Schirmherr für diese Aktion konnte der Arzt und Kabarettist Dr. Eckart von Hirschhausen gewonnen werden, der wissen ließ: „Der Medikationsplan ist ein wichtiger Schritt zu einem sinnvollen Umgang mit Arzneimitteln. Gute Kommunikation mit dem Arzt, dem Apotheker, ein kompetenter Patient und eine gemeinsame Entscheidungsfindung gehören unbedingt dazu.“

Wie die Auftaktveranstaltung im Januar 2018 hervorhob, soll dieser patientengeführte Medikationsplan durch eine breite Öffentlichkeitsarbeit, z. B. durch die Verteilung von Informationen in Apotheken und Arztpraxen, öffentliche Informationsveranstaltungen, Schulungen etc. flächendeckend und dauerhaft in Stuttgart eingeführt und bekannt gemacht werden, wie auch die Landesärzte- und Landesapothekerkammer von Baden-Württemberg betonten. Eine dieser Maßnahmen war ein Aktionstag Anfang Juli, bei dem Stuttgarter Apotheken erneut auf das Projekt „MeinPlan“ aufmerksam machten. Die Apotheke Rohr im Stuttgarter Stadtteil Rohr beteiligte sich an dieser Aktion.

Großes Patienteninteresse

Die Inhaberin, Apothekerin Verena Wünsch, hatte bereits die Auftaktveranstaltung zu „MeinPlan“ besucht und Kontakt zum Gesundheitsamt Stuttgart aufgenommen. Sie war von Anfang an überzeugt davon, dass Patienten davon profitieren, wenn sie selbst ihren Medikationsplan führen. „Natürlich kenne ich auch den offiziellen Medikationsplan“, so die Apothekerin, „die Ärzte in meiner Umgebung sind hier sehr aufgeschlossen und setzen ihn bei ihren Patienten bereits ein. Der ausgedruckte Plan verschwindet aber bei den meisten Patienten in der Tasche, sie setzen sich nicht damit auseinander. Er lädt nach meiner Auffassung überhaupt nicht dazu ein, sich mit ihm zu befassen, er sieht viel zu formell und bürokratisch aus. Der Medikationsplan des Stuttgarter Projekts ‚MeinPlan‘ ist dagegen zum einen viel schöner aufgemacht, leichter zugänglich für den Patienten. Und als Patient ist man selbst beteiligt, man befasst sich damit, es macht Spaß, ihn auszufüllen.“

Daher war es für Wünsch selbstverständlich, sich am 4. Juli, dem Aktionstag, mit ihrer Apotheke zu beteiligen. Sie ließ ein Apotheken-Schaufenster gestalten, das mit übergroßen Tabletten und Kapseln auf den Medikationsplan hinwies. Sie kaufte eigens für den Aktionstag einen roten Teppich, den sie vor der Apotheke ausrollte. Im Rahmen der Aktion sprach sie und ihre Mitarbeiterinnen die Kunden und Patienten auf den Plan an, sie fragten, ob sie davon schon gehört haben, zeigten, was der Vorteil des Plans ist und wie man ihn ausfüllt. „Ziel und Sinn dieses Aktionstages war es, unseren Kunden und Patienten bewusst zu machen, wie viele Vorteile so ein Medikationsplan bietet. Und natürlich, dass wir als Apotheke gerne zur Seite stehen, auch beim Eintragen der Arzneimittel, und die Medikation auf Neben- und Wechselwirkungen überprüfen.“

Was Verena Wünsch besonders gut gefallen hat: „Zum Aktionstag konnten wir auch Mini-Medikationspläne als Faltkarte im Scheckkartenformat für die Patienten bereithalten und verteilen, in die sie ihre aktuelle Medikation eintragen und so immer mit sich führen können. Das finde ich richtig praktisch.“

Foto: DAZ/diz

„Wir haben uns an diesem Tag besonders Zeit dafür genommen, um mit Patienten über ihre Arzneimitteltherapie, über die Medikation zu sprechen und natürlich über die Vorteile und Möglichkeiten, die ein Medikationsplan bietet. An einem eigens aufgestellten Stehtisch stand immer eine Ansprechperson für die Kunden zur Verfügung. Wir sind einfach offen und mit einem Lächeln auf unsere Kunden zugegangen – unsere Infos, der gesamte Aktionstag kam sehr gut an, wie mir die Kunden auch bestätigten.“

Apothekerin Verena Wünsch aus der Stuttgarter Apotheke Rohr

Am Aktionstag verteilte sie außerdem ein Faltblatt, das den Patienten und Kunden erklärt, was es eigentlich bedeutet, wenn man seine Arzneimittel vor, während oder nach dem Essen einnehmen soll: „Wir mussten fest­stellen: So einfach diese Einnahmehinweise auch klingen, es weiß so gut wie keiner, was genau hierunter zu verstehen ist. Das erfährt man allerdings erst, wenn man sich richtig Zeit nimmt für seine Kunden, ausführlich mit ihnen spricht und nachfragt. Unser Aktionstag war dafür eine tolle Möglichkeit und Ansporn, viel häufiger nachzufragen und zu erklären.“

Gut vorbereitet auf die Medikationsanalyse

Verena Wünsch hat als junge Apothekerin im Rahmen ihrer pharmazeutischen Ausbildung an der Uni bereits gute Grundlagen in Klinischer Pharmazie mitbekommen. Nach ihrem Studium absolvierte sie die Athina-Schulung (Arzneimittel-Therapiesicherheit in Apotheken) bei der LAK Baden-Württemberg, bildete sich zusätzlich in Klinischer Pharmazie fort und arbeitete sich in die Medikationsanalyse ein. „Mein Kopf ist voller Wissen, aber ich habe den Eindruck, ich kann es im Apothekenalltag leider noch nicht so einsetzen, wie ich es gerne möchte“, so Wünsch. Deshalb war und ist die Aktion rund um den Medikationsplan für sie verstärkt eine Motivation, ihre Patienten auf die Vorteile eines Plans anzusprechen und diesen nahezubringen. Aber auch ihre Mitarbeiterinnen stehen hinter dieser Ausrichtung: „Ich bin froh“, freut sich die Apothekerin, „dass ich ein tolles und motiviertes Team habe, das hier mitzieht.“ Für sie selbst ist dies alles Ansporn, sich noch mehr und tiefer mit dem Thema Medikationsanalyse zu befassen. Sie ist von den Vorteilen einer Medikationsanalyse für den einen oder anderen Patienten durchaus überzeugt, auch wenn sie heute sieht, dass eine umfängliche Analyse und Beratung nicht immer im Apothekenalltag unterzubringen ist, aber: „Ich weiß, dass das unsere Richtung ist, unsere apothekerliche Zukunft ist.“

Für Verena Wünsch müsste sich aber in Zukunft noch einiges ändern: „Die Vorzeichen für mehr Gesundheitsbewusstsein bei den Bürgerinnen und Bürgern sind doch eigentlich sehr gut, andere Branchen haben es auch geschafft, sich hier besser zu positionieren. Themen rund um eine gesunde Ernährung finden sich immer mehr, die Fitnessbranche hat es geschafft, den Menschen zu zeigen, wie sportliche Aktivitäten Spaß machen können und gleichzeitig gesund sind. Die Apotheke muss hier noch aufholen und mit Freude und einem Lächeln zeigen, was es heißt, wenn man sich mit Gesundheit und Gesunderhaltung befasst. Gesundheit darf und muss Spaß machen.“ Und mit einem Lachen fügt sie hinzu: „Am liebsten hätte ich auch den Schirmherrn der Aktion, Herrn von Hirschhausen, als Mitarbeiter in meiner Apotheke." |

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