Dermatologie

Blick in die Zukunft

Neue Wirkstoffe gegen atopische Dermatitis im Markt und in der Pipeline

Von Hjördis Brückmann, Sicheng Zhong und Holger Stark | Zwar kann die atopische Dermatitis noch immer nicht geheilt werden, die intensive Forschung im Bereich der entzündlichen Erkrankungen hat in den vergangenen Jahren aber eine gut gefüllte und vielfältige Pipeline geliefert.

Die spezifische Immunantwort des Körpers wird durch Antigen-präsentierende Zellen ausgelöst und besteht in der Bildung von Antikörpern durch B-Zellen und die Differenzierung von naiven T-Zellen in zytotoxische T-Zellen und T-Helferzellen. T-Helferzellen sind in verschiedene Signalwege aufgeteilt und stimulieren durch die Freisetzung spezifischer Zytokine die Aktivierung von zytolytischen T-Zellen und Markrophagen (TH1-Signalweg), die Differenzierung von B-Zellen und Eosinophilen (TH2-Signalweg) und die Aktivierung von Neutrophilen (TH17-Signalweg). Zwischen den einzelnen Signalwegen findet zudem ein Cross-Talk statt, sodass es zu Überschneidungen und Verschiebungen der Effekte kommen kann (Abb. 1).

Abb. 1: Targets der Arzneistoffe in der Pipeline zur Therapie der atopische Dermatitis. Erläuterungen zu den Abkürzungen im Text.

Übersicht über mögliche sowie in Studien untersuchte Therapieoptionen

medikamentöse Therapie

  • topische Basistherapie
  • topische Glucocorticosteroide
  • topische Calcineurinantagonisten
  • Antipruriginosa und andere antientzündliche Externa
  • antimikrobielle und antiseptische Substanzen
  • Antihistaminika
  • Mastzellstabilisatoren (Cromoglicinsäure) und
  • Ketotifen
  • spezifische Immuntherapie
  • orale Glucocorticosteroide
  • Ciclosporin1
  • Azathioprin2
  • Mycophenolat Mofetil (MMF)2
  • Methotrexat2
  • Biologika
  • Alitretinoin2

nichtmedikamentöse Verfahren

  • Immunabsorption
  • extrakorporale Photopherese
  • Laktobazillen
  • Phototherapie
  • Neurodermitisschulung
  • Eliminationsdiäten
  • essenzielle Fettsäuren
  • Hausstaubmilbenreduktion
  • psychologische Behandlung

1 für die Indikation „Neurodermitis“ zugelassen

2 Off-label-Anwendung

Quelle 
Neurodermitis (atopisches Ekzem; atopische Dermatitis). S2k-Leitlinie, AWMF-Registernummer: 013-027, letzte Überarbeitung: 03/2015, verlängert bis 31. Dezember 2018

TH2-Signalweg

IL-4/IL-13 Rezeptor
Die Zytokine IL-4 und IL-13 zählen zu den wichtigsten Signalmolekülen der TH2-Zell-Aktivierung. Dupilumab (Dupixent®) ist ein humaner monoklonaler Antikörper gegen den IL-4- und den IL-13-Rezeptor und wurde im März 2017 durch FDA und im Oktober 2017 durch die EMA für Erwachsene mit mittel- bis schwergradiger atopischer Dermatitis zugelassen. Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) sind Hautreaktionen an der Einstichstelle, Konjunktivitis, Blepharitis (Lidrandentzündung) und Fieberbläschen [9].

IL-13
Ausschließlich gegen das Zytokin IL-13 richtet sich der humanisierte monoklonale Antikörper Tralokinumab. Er befindet sich derzeit in klinischen Studien der Phase III bei Asthma und atopischer Dermatitis und in Phase II bei Alopezia areata [10, 11]. Ein weiterer Arzneistoff für diese Zielstruktur ist Lebrikizumab, der sich für atopische Dermatitis und idiopathische pulmonale Fibrose in Phase II befindet. In Kombination mit 0,1%iger Triamcinolonacetonid-Creme konnte bei Patienten, deren atopische Dermatitis ausschließlich mit Glucocorticoiden nicht kontrollierbar war, eine signifikante Verbesserung beobachtet werden [12]. Phase-III-Studien, in denen die Arzneistoffe als Monotherapie getestet werden, stehen noch aus [7].

IL-31-Rezeptor 
Interleukin 31, auch als Pruritus-Zytokin bekannt, ist bei akuter und chronischer atopischer Dermatitis deutlich erhöht. Der humanisierte monoklonale Antikörper Nemolizumab richtet sich gegen den IL-31-Rezeptor A. Nemolizumab (subkutan) zeigt in einer Phase-II-Studie eine signifikante Linderung des Juckreizes und befindet sich aktuell in Phase III. Über UAW des Arzneistoffs lassen sich aufgrund der limitierten Studienpopulation und Dauer noch keine Aussagen treffen [13, 14].

Thymic stromal lymphopoietin protein
TSLP (Thymic stromal lymphopoietin protein) ist ein Zytokin, das hauptsächlich von Keratinozyten und Epithelzellen bei allergischen Reaktionen ausgeschüttet wird. Es stimuliert die Produktion von IL-4 und damit den TH2-Signalweg, der wiederum zu einer erhöhten Expression des TSLP-­Rezeptors führt und so das positive Feedback selbst verstärkt [16]. Tezepelumab ist in Phase II der klinischen Entwicklung am weitesten in seiner Klasse, konnte allerdings in der Indikation atopische Dermatitis anders als bei Asthma in einer Studie nicht überzeugen [17].

OX40
OX40 (CD134) ist ein Rezeptor der Tumor-Nekrose-Faktor-Familie. Stimulation durch seinen Liganden, dessen Produktion wiederum durch TSLP induziert wird, aktiviert die Produktion von IL-4, IL-5 und IL-13 durch CD4-naive T-Zellen und somit den TH2-Signalweg [18]. Glenmark, der Hersteller des Antikörpers GBR830, der sich gegen den OX40-Rezeptor richtet, teilte im August 2017 auf einer Presse­konferenz mit, dass in einer Phase-IIa-Studie der Eczema Area and Severity Index (EASI) bei 17 von 23 Patienten um mindestens 50% reduziert werden konnte. Um eine gesicherte Aussage über die Wirksamkeit im Vergleich zu einem Placebo-Präparat zu treffen war die Studienpopulation aber zu klein [19].

Prostaglandin-PGD2-Rezeptor 
Der physiologische Ligand des DP2-Rezeptors (DP2R, CRTH2), Prostaglandin 2 (PGD2), wird durch die Cyclooxy­genase 1 (COX-1) und COX-2 aus Arachidonsäure gebildet. Er wird auf TH2-Zellen exprimiert und besonders durch eine vermehrte PGD2-Ausschüttung bei allergischen Reaktionen stimuliert. Diese Stimulation führt zur Induktion der Einwanderung anderer Immunzellen wie zum Beispiel Eosinophile, Basophile und andere TH2-Zellen in das betroffene Gewebe. Es befinden sich mehrere Arzneistoffe für dieses Target für unterschiedliche entzündliche Erkrankungen in klinischer Entwicklung. Fevipiprant (QAW039) und Timapiprant in Phase II und BBI-5000 in Phase I sind oral bioverfügbare small molecules und Antagonisten am DP2-Rezeptor [20, 21]. Die meisten Studien zu dieser Wirkstoffklasse zeigen derzeit keinen signifikanten Effekt bei atopischer Dermatitis [22, 23].

GATA-3
Die Gruppe der GATA Transkriptionsfaktoren sind nach ihrer Fähigkeit benannt, an die DNA-Sequenz GATA (Guanin-­Adenin-Thymidin-Adenin) zu binden. GATA-3 wird in TH2-Zellen exprimiert und ist ein Induktor der Differenzierung von CD4-Zellen und der Produktion mehrere Zytokine des TH2-Signalweges [24]. Die Adressierung dieser Zielstruktur findet durch ein DNAzym, den Wirkstoff hgd40, statt. DNAzyme sind Einzelstrang-DNA, die eine katalytische Einheit enthalten, die nach der Bindung des Targets die mRNA spalten und so die Zytokin-Produktion inhibieren. SB010 wird auch für andere entzündliche Erkrankungen wie Asthma, COPD, Colitis ulcerosa und Psoriasis in unterschiedlichen Formulierungen in klinischen Studien untersucht. Als W/O/W-Emulsion (SB011) befindet es sich bei atopischer Dermatitis in der Phase II und konnte in früheren humanen Studien bereits die Zytokin-Produktion senken [25, 26].

IL-5 
Das Zytokin IL-5 wirkt auf Wachstum und Differenzierung von eosinophilen Granulozyten [27]. Mepolizumab (Nucala®) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper und seit 2015 für die eosinophile Form des Asthmas zugelassen. In einer 16-tägigen Studie mit 40 Patienten mit atopischer Dermatitis führte Mepolizumab zu keiner signifikanten klinischen Verbesserung gegenüber Placebo, obwohl die Eosinophilen-Zahl im peripheren Blut signifikant gesunken war [28]. Eine neue Phase-II-Studie mit mehr Probanden und längerem Interventionszeitraum wird durchgeführt [29, 30].

IL-33
IL-33 ist ein Zytokin, das von vielen unterschiedlichen Zellen exprimiert wird, die beim Entzündungsgeschehen eine Rolle spielen. Es erhöht die Expression weiterer TH2-Zytokine und wird daher als ein zusätzlicher Mediator bei atopischen Erkrankungen betrachtet. ANB020 ist ein monoklonaler humanisierter Antikörper, der in einer Phase-IIa-Studie den EASI-Score bei zwölf Patienten senken konnte und nun in einer Phase-IIb-Studie mit einer größeren Patienten-­Population untersucht wird [31].

TH17/IL-23-Signalweg

IL-12/23 
Der TH17-Signalweg ist ein erst kürzlich entdeckter Faktor in der Pathogenese der atopischen Dermatitis. Es wird angenommen, dass er sowohl im Remodeling-Geschehen der Haut, als auch im TH2- zu TH1-Shift von akuter zu chronischer atopischer Dermatitis involviert ist. Des Weiteren ist ein Cross-Talk zwischen den verschiedenen Klassen der T-Helferzellen wahrscheinlich. IL-23 aus der IL-12-Familie ist an der Differenzierung von TH17-Zellen beteiligt und stellt daher ein interessantes Target für entzündliche Erkrankungen dar. IL-12 und IL-23 besitzen die Untereinheit p40, die durch den mono­klonalen humanen Antikörper Ustekinumab gebunden wird [32]. Die Ergebnisse einiger Phase-II-Studien konnten keine signifikanten Effekte von Ustekinumab gegenüber Placebo zeigen, sind aber aufgrund der geringen Studienpopulation und der gleichzeitig erlaubten Anwendung von topischen Glucocorticoiden in ihrer Aussagekraft eingeschränkt [22]. Für die Indikation Morbus Crohn, Plaque-Psoriasis und Psoriasis-Arthritis ist Ustekinumab als Stelara® bereits am Markt.

IL-17 A
TH17-Zellen schütten nach Stimulation eine Vielzahl von Interleukinen aus, die untereinander ähnliche Strukturen und ähnliche biologische Funktionen haben. Die Rolle eines dieser Zytokine, IL-17A, in der Pathogenese der atopischen Dermatitis ist nicht vollkommen aufgeklärt. Es gibt Hin­weise, dass IL-17A ein Element des Cross-Talks zwischen dem TH17- und dem TH2-Signalweg ist, da in mehreren IL-17A-Knockout-Maus-Experimenten eine Reduktion von IL-4-Spiegeln nachgewiesen werden konnte [32, 33]. Die Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit dem monoklonalen Antikörper Secukinumab (Cosentyx®) stehen noch aus [34]. Er ist für die Indikationen Plaque-Psoriasis, Psoriasis-Arthritis und Spondylitis ankylosans seit 2015 zugelassen.

TH22-Signalweg

IL-22
TH22-Zellen tragen vermutlich nicht direkt zur allergischen Reaktion bei atopischen Erkrankungen bei. Trotzdem zeigen von atopischer Dermatitis betroffene Hautareale erhöhte IL-22-Werte, die auf eine erhöhte Konzentration an TH22-Zellen schließen lassen und die Entzündungsreaktion allergen-unabhängig beeinflussen können. Zusätzlich kann die IL-22-Produktion durch Toxine induziert werden, die von Staphylococcus aureus gebildet werden. Dieser Erreger besiedelt häufig die Haut von Patienten mit atopischer Dermatitis. Bei Asthma wurde gezeigt, dass der TH22-Signalweg am Remodeling des Gewebes und dem Wechsel von der aktiven zur chronischen Krankheitsform beteiligt ist [35].

Ein monoklonaler Antikörper gegen IL-22, Fezakinumab, bewirkte in einer zwölfwöchigen Studie bei Patienten mit schwerer atopischer Dermatitis eine signifikante Verbesserung gegenüber Placebo und war gut verträglich [36]. Derzeit befindet sich Fezakinumab in einer Phase-II-Studie [37].

IgE
Das Immunglobulin IgE ist der molekulare Vermittler der allergischen Sofort-Reaktion. Es bindet mit seinem FC-Fragment z. B. an Mastzellen und stimuliert bei Antigen-Kontakt unter anderem die Ausschüttung von Histamin, Enzymen und chemotaktischen Stoffen. Die übermäßige Freisetzung von IgE bei Patienten mit atopischer Dermatitis geschieht nach Kontakt mit verschiedenen Umweltallergenen, aber auch autoallergen. Im Fall eines Staphylococcus-aureus-Befalls werden meist IgE-Antikörper gegen vom Bakte­rium sekretierte Toxine (sogenannte Superantigene) produziert. Die hervorgerufene allergische Reaktion bewirkt die Entzündung und Schädigung des betroffenen Gewebes, sodass die Hautbarriere zusätzlich erniedrigt und das Eindringen weiterer Antigene möglich ist.

Mehrere monoklonale Antikörper, die sich gegen das FC-Fragment des IgE richten und die IgE-Spiegel senken sollen, befinden sich in der klinischen Forschung und für andere Indikationen im Markt. Der für chronische Urtikaria und allergisches Asthma zugelassene IgE-Antikörper Omali­zumab (z. B. Xolair®) wurde und wird in mehreren Studien hinsichtlich seiner Wirksamkeit bei der atopischen Derma­titis untersucht. Die Ergebnisse deuteten bisher nicht auf einen Zusatznutzen von Omalizumab bei atopischer Dermatitis hin, sodass die deutsche Leitlinie keine Empfehlung für diesen Arzneistoff ausspricht [1]. Die Studienergebnisse für Ligelizumab (Phase II) und XmAb7195 (Phase I) sind noch nicht veröffentlicht [38, 39].

Die Ergebnisse von Omalizumab weisen darauf hin, dass IgE nur eine von vielen Komponenten in der Pathophysiologie der atopischen Dermatitis ist. Seine Rolle in der Pathogenese wird in weiteren Studien zur Erstmanifestation untersucht.

Abb. 2: Gut gefüllte Pipeline Viele Wirkstoffe befinden sich bereits in der Phase II und III der klinischen Entwicklung.

Weitere Zielstrukturen

Phosphodiesterase 4
Der NFκB-Signalweg ist ein Hauptmediator inflammatorischer Prozesse in Leukozyten. Eine Möglichkeit, die Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFκB (nukleärer Faktor-kappa B) zu unterdrücken, ist die Phosphorylierung der Proteinkinase C, die über hohe cAMP-Konzentrationen gesteuert wird. Der cAMP-Abbau wird in Leukozyten vornehmlich durch die Isoform 4 der Phosphodiesterase (PDE-4) gesteuert. Inhibitoren dieses Enzyms führen zu einer erhöhten cAMP-Konzentration und einer Unterdrückung der NFκB-vermittelten Entzündungsreaktion in der Zelle [40].

PDE-4-Inhibitoren werden topisch und peroral verabreicht und in mehreren Studien zur Behandlung der atopischen Dermatitis untersucht. Im Dezember 2016 ließ die FDA Crisaborol (Eucrisa™) als ersten PDE-4-Inhibitor als 2%ige Salbe zur Therapie der leichten bis moderaten atopischen Dermatitis für Patienten ab zwei Jahren zu. Schmerzen am Applikationsort waren die häufigste unerwünschte Arzneimittelwirkung, die beobachtet wurde. Im Oktober 2017 erschienen die Ergebnisse einer Studie zur Langzeitbehandlung, die die Sicherheit Crisaborols bestätigte [41]. Angaben über eine mögliche Zulassung in Europa sind nicht bekannt. Weitere in Phase II befindliche PDE-4-­Inhibitoren sind OPA-15406 (geplante Phase-III-Studien) sowie RVT-501 und LEO29102, deren Ergebnisse einer Phase-II-Studie noch nicht veröffentlicht sind [42, 43, 44]. Roflumilast (Daxas®), das bereits 2010 für die Therapie der COPD durch die EMA zugelassen wurde, verfehlte in topischer Zubereitung die Studienendpunkte in einer Phase-II-Studie [45, 46]. Der peroral angewendete PDE-4-Inhibitor Apremilast (Otezla®) ist für die Therapie der Psoriasis-Arthritis und der Plaque-Psoriasis zugelassen und wird in Phase II hinsichtlich seiner Wirksamkeit bei atopischer Dermatitis getestet. Es konnte eine signifikante Reduktion des Eczema Area and Severity Index (EASI) festgestellt werden [47].

Tumor-Nekrose-Faktor α
Der Tumor-Nekrose-Faktor α (TNF-α) ist ein proinflammatorisches Zytokin, das hauptsächlich von Makrophagen gebildet wird. Es stimuliert vor allem den TH1/TH17 Signalweg und ist daher ein potenzielles Target zur Therapie der atopischen Dermatitis. In einigen Fallberichten und kleinen Studien mit den Antikörpern Infliximab (z. B. Remicade®), Adalimumab (z. B. Humira®) und Etanercept (z. B. Enbrel®, Fc-Fragment eines Antikörpers), die zur Behandlung der Psoriasis und Psoriasis-Arthritis zugelassen sind, konnte nur eine anfängliche und keine über die Therapiedauer anhaltende Verbesserung der Symptome der atopischen Dermatitis festgestellt werden [48, 49]. In anderen Fallberichten wurde sogar eine Verschlimmerung berichtet, die nach Interventionsende wieder abklang. Es konnte bisher jedoch keine sichere Korrelation für alle Fälle nachgewiesen werden [50]. Eine Erklärung dieser unerwartet enttäuschenden Ergebnisse könnte ein durch die TNF-α-Blockade hervorgerufener TH2-Shift sein, der bei der TH2-betonten Pathophysiologie der atopischen Dermatitis kontraproduktiv ist [51]. Es werden keine weiteren Studien mit TNF-α-Inhibitoren bei der atopischen Dermatitis erwartet [4].

Janus-Kinase
Janus-Kinasen (JAK) phosphorylieren intrazellulär proinflammatorische Zytokin-Rezeptoren (z. B. γc-Typ) und aktivieren diese für eine Bindung des endogenen Liganden. Eine JAK-Inhibition vermindert die intrazelluläre Fortsetzung des proinflammatorischen Signals. Die bereits letztes Jahr für rheumatoide Arthritis zugelassenen JAK-Inhibitoren Tofacitinib (topisch bei AD) und Baricitinib (peroral bei AD) befinden sich derzeit in Phase II und Phase III der klinischen Entwicklung für den Einsatz bei der atopischen Dermatitis. Beide Arzneistoffe konnten den Schweregrad der atopischen Dermatitis in Phase-II-Studien deutlich senken [52, 53]. Tofacitinib war in der Therapie der atopischen Dermatitis sogar effektiver als bei der Behandlung einer Plaque-Psoriasis [54]. Für Baricitinib werden derzeit Phase-III-Studien zur Langzeitanwendung bei atopischer Dermatitis durchgeführt [55, 56]. Noch nicht im Markt befindliche JAK Inhibitoren wie zum Beispiel Upadacitinib (peroral bei AD) und PF-04965842 werden in klinischen Studien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und der optimalen Dosierung bei atopischer Dermatitis geprüft [57]. Mit Upadacitinib konnte in der höchsten Dosis eine 90%ige Reduktion des Schweregerades der atopischen Dermatitis erreicht werden [7]. PF-04965842 erhielt durch die amerikanische Zulassungsbehörde FDA kürzlich den Breakthrough-Therapy-Status und befindet sich nun in Phase III [58].

Histamin-H4-Rezeptor
Patienten mit einer atopischen Dermatitis haben einen höheren Histamin-Spiegel als gesunde Menschen. Über diese Erkenntnis gelangte man zu der Hypothese, dass diese Erkrankung im Gesamten und vor allem der starke Juckreiz durch Antihistaminika gut behandelbar sein müsste. Die ungenügende Reduzierung des Juckreizes durch H1- und H2-Antihistaminika-Gabe legt allerdings die Vermutung nahe, dass der Histamin-induzierte Juckreiz nicht nur über diese beiden Rezeptoren vermittelt werden könne. Der um 2000 entdeckte Histamin-H4-Rezeptor, der vornehmlich auf Immunzellen exprimiert ist und die Chemotaxis von Leukozyten beeinflusst, rückte somit in den Fokus. Phase-II-Studien mit dem Histamin-H4-Rezeptor-Antagonisten ZPL-389 verfehlten zwar den primären Endpunkt der Pruritus-Reduktion, konnten aber den Schweregrad der atopischen Dermatitis senken [22, 59]. Dies zeigte, dass der Pruritus bei der atopischen Dermatitis weniger über Histamin, als über andere pruritogene Faktoren hervorgerufen wird. Histamin-H4-Rezeptor-Antagonisten haben eine antiinflammatorische Wirkung. In präklinischen Untersuchungen senkten H4-Ant­agonisten die IL-4-Konzentration im Gewebe und somit die Stimulation des TH2-Signalweges [60, 61]. Daher sind Histamin-H4-Rezeptor-Antagonisten weiterhin vielversprechende Arzneistoffe in der Pipeline.

Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor
Der Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AhR) ist ein Transkriptionsfaktor, dessen Rolle bei Entzündungsprozessen nicht vollständig geklärt ist. Er ist im Hautgewebe stark exprimiert und wird mit der Aufrechterhaltung der Hautbarriere und der Balance zwischen Zellen des TH17-Signalweges und regulatorischen T-Zellen (TREG) in Verbindung gebracht. Das Naturstoffderivat GSK-2894512 (Topinarof, Benvitimod, WBI-100) ist ein direkter Aktivator des AhR-Signalweges. Mit einer topischen Zubereitung konnten sowohl bei Psoriasis (Phase III) und Plaque-Psoriasis, als auch bei der atopischen Dermatitis (Phase II) vielversprechende Ergebnisse erzielt werden [62, 63].

5-Lipoxygenase
Leukotriene sind an allergischen und entzündlichen Reaktionen beteiligt. Im Zusammenhang mit der atopischen Dermatitis wurde eine verstärkte Freisetzung von Leukotriene B4 und C4 aus Leukozyten berichtet [64, 65]. Zileuton ist ein 5-Lipoxygenase(5-LO)-Inhibitor, der die Bildung von Leuko­trienen reduziert. Mit der Zileuton Creme Q301 wurde eine Phase-II-Studie beendet, deren Daten aber noch nicht veröffentlicht sind [66].

Neurokinin-Rezeptor 1 
Neurokinin-Rezeptor-1(NK1)-Antagonisten sind bereits im Markt. Zur Therapie der starken Übelkeit nach einer Chemotherapie oder Operation stehen Aprepitant, Fosaprepitant, Netupitant und Rolapitant zur Verfügung. NK1-Rezeptoren sind im zentralen Nervensystem und der Haut zu finden, wo der bekannteste endogene Ligand, Substanz P, als Reaktion auf Hautschäden ausgeschüttet wird. Hohe Substanz-P-Spiegel sind mit Juckreiz bei der atopischen Dermatitis assoziiert. Tradipitant und Serlopitant werden in Phase-III-Studien untersucht [66 – 70].

κ-Rezeptoren
Opioid-Rezeptoren spielen eine Rolle in der Pruritus-Genese im ZNS und im peripheren Nervensystem. Es wird vermutet, dass µ-Rezeptoren den Juckreiz verstärken, während κ-Rezeptoren ihn mindern [71]. Asimadolin ist ein selektiver κ-Rezeptor-Agonist, der die Blut-Hirn-Schranke nicht übertritt und somit keine zentralen Effekte auslöst. Einer Pressemitteilung des Herstellers Tioga Pharmaceuticals aus dem Dezember 2017 zufolge verbesserte Asimadolin nächtlichen Juckreiz bei Patienten mit atopischer Dermatitis signifikant [72]. Die Ergebnisse einer Phase-II-Studie wurden noch nicht veröffentlicht [73].

TRPV1-Rezeptor
Der TRPV1-Rezeptor (Transient Receptor Potential Vanilloid Type 1) ist ein nicht selektiver Kationen-Kanal, der an der Homöostase der epidermalen Barriere und der Neurotransmission des Pruritus bei der atopischen Dermatitis beteiligt ist [74]. PAC-14028 ist ein TRPV1-Antagonist, dessen 1%ige halbfeste Zubereitung sich in der Phase III befindet. Daten aus Phase-II-Studien stehen noch nicht zur Verfügung [75]. In Tierversuchen konnte die topische PAC-14028-Formulierung das Kratzverhalten reduzieren, das durch TRPV1-­Agonisten verursacht wurde [74].

Vitamin D
Da die Symptome der atopischen Dermatitis in den Wintermonaten in der Regel zunehmen und die Prävalenz in Regionen mit geringer UV-B-Exposition höher ist, wird ein Zusammenhang zwischen atopischer Dermatitis und geringer Vitamin-D-Versorgung vermutet. Weiterhin haben Tier­modelle suggeriert, dass Vitamin D sowohl die Barriere-Funktion der Haut durch höhere Filaggrin-Produktion als auch die Immunität gegen Staphylococcus aureus erhöht, sowie die TH2-vermittelte Autoimmunreaktion vermindert. Eine Metaanalyse mehrerer Studien legt zwar einen positiven Effekt einer Vitamin-D-Gabe auf die atopische Dermatitis nahe, es konnte jedoch keine Signifikanz nachgewiesen werden, sodass weitere Studien nötig sind [76].

Melatonin
Das in der Epiphyse produzierte Hormon Melatonin ist an der Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt und hat zusätzlich antioxidative und immunmodulatorische Effekte. Eine verminderte Melatonin-Sekretion in der Nacht hat in Studien mit Patienten, die auch an Schlafstörungen litten, zu einer Symptomverschlimmerung geführt. Daher wird die Melatonin-Supplementierung auch als adjuvante Therapie bei einer atopischen Dermatitis untersucht. In einer Studie konnten die Schlafstörungen und der Schwereindex der atopischen Dermatitis bei Kindern verbessert werden. Zwar sind die Verbesserungen des Schweregrades der atopischen Dermatitis trotz der geringen Studienpopulation von 48 Teilnehmern signifikant, aber vom Gesamteffekt her nur moderat [16, 77]. Weitere Studien sind nötig, um eine Wirksamkeit abschließend nachweisen zu können.

Fazit

Die derzeit in den Leitlinien empfohlene Therapie der atopischen Dermatitis basiert hauptsächlich auf der topischen Anwendung von Glucocorticoiden. Durch die Zulassung von Dupilumab und vielen Biologicals, die sich in der klinischen Forschung für diese Indikation befinden, ist zu erwarten, dass sich insbesondere bei schweren Erkrankungsformen der Therapieschwerpunkt verlagern wird (Abb. 2). Auch einige small molecules haben in Studien vielversprechende Ergebnisse gezeigt und könnten in wenigen Jahren neue Möglichkeiten zur Kontrolle der atopischen Dermatitis liefern. Aufgrund ihrer guten Wirksamkeit und der langjährigen Erfahrung mit Wirkstoffen dieser Klasse werden Glucocorticoide auch zukünftig bei der Behandlung eine wesentliche Rolle spielen. |

Literatur

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Autoren

Hjördis Brückmann, Apothekerin; Studium der Pharmazie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; Praktisches Jahr an der Universität Düsseldorf am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie im Arbeitskreis von Prof. Dr. T. Kurz und in der Rheingold Apotheke Düsseldorf; Approbation 2014; seit 2014 Doktorandin am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Universität Düsseldorf im Arbeitskreis von Prof. Dr. Dr. h.c. Holger Stark

Sicheng Zhong, Apotheker, Studium an der China Pharmaceutical University in Nanjing und der Friedrich-Schiller-Universität Jena; praktisches Jahr in der Apotheke der Universitätsklinik Jena und in der Apotheke am Goetheplatz (Weimar); Approbation 2014; bis 2015 in der Schloss-Apotheke in Bad Köstritz; seit 2016 Doktorand am Institut für Pharmazeutische und Medizinische Chemie der Universität Düsseldorf im Arbeitskreis von Prof. Dr. Dr. h.c. Holger Stark

Holger Stark, Apotheker; Studium der Pharmazie an der Freien Universität Berlin, seit 2013 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (W3) und seit 2015 Geschäftsführender Leiter der Pharmazie; Forschungsschwerpunkte: Neurotransmitter (Histamin, Dopamin und Glutamat) sowie Lipid-Signalling in Arachidon- und Sphingolipid-­Kaskaden, bildgebende oder multitargeting Liganden mit Arzneistoff­charakter; Miterfinder des ersten selektiven Histamin-H3-Rezeptor-Antagonisten Pitolisant (Wakix®); seit 2004 Herausgeber des Archiv der Pharmazie – Chemistry in Life Sciences und im Advisory Editorial Board weiterer Fachzeitschriften

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