Arzneimittel und Therapie

Auf Kohlenhydrat-Entzug

Alter Ansatz gegen Typ-1-Diabetes wieder in Mode

Bei einer schweren Stoffwechselerkrankung wie Typ-1-Diabetes auf Pasta und Co. weitgehend zu verzichten – kann das gut gehen? Was gewagt klingt, könnte einer aktuellen Umfrage zufolge ein vielversprechender Ansatz sein.

Trotz der pharmakologischen und technologischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte ist die Blutzuckereinstellung vieler Patienten mit Typ-1-Diabetes nicht zufriedenstellend. Ein ernährungsmedizinischer Ansatz, der plausibel erscheint, aber bisher wenig erforscht ist, ist eine strenge Reduktion der Kohlenhydratzufuhr. Dieses Vorgehen war vor der Entdeckung des Insulins eine der wenigen therapeutischen Optionen. Bei der „Very Low Carbohydrate Diet (VLCD)“ wird die tägliche Kohlenhydratzufuhr auf maximal 20 bis 50 g bzw. auf unter 5 bis 10% der täglichen Kalorienaufnahme beschränkt, was deutlich unter den allgemeinen Empfehlungen beispielsweise der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt. Bei Typ-1-Diabetikern, gerade bei Kindern, erscheinen Bedenken gegen diese Ernährungsform in Bezug auf Ketoazidosen, Hypoglykämien, Fettstoffwechselstörungen und unzureichende Nährstoffaufnahme angebracht.

In einer aktuell publizierten Studie gingen die Autoren der Frage nach, welchen Einfluss eine VLCD auf die glykämische Kontrolle und akute unerwünschte Ereignisse hat. Dazu wurde den Mitgliedern einer einschlägigen Facebook-Gruppe von Anhängern dieser Ernährungsform ein Fragebogen geschickt, in dem sie angeben sollten, ob sie oder ihr Kind von Typ-1-Diabetes betroffen sind, ob sie Insulin spritzen und ob sie einer VLCD folgen. Einerseits wurden die Teilnehmer, die diese Kriterien erfüllten, selbst nach Krankheitsverlauf, Insulin-Bedarf, Komplikationen und dem generellen Gesundheitszustand befragt, andererseits wurden zur Bestätigung der Angaben teilweise medizinische Unterlagen von Hausärzten, Krankenhäusern etc. angefordert, wenn die Teilnehmer dem zugestimmt hatten.

Die Ergebnisse der Studie deuten trotz der störanfälligen Methodik auf eine außergewöhnlich gute HbA1c-Einstellung und niedrige Komplikationsraten hin. So betrug der durchschnittliche HbA1c-Wert bei den 300 Teilnehmern, von denen diese Information vorlag, 5,67% und fast alle (97%) erreichten die Zielwerte. Nach Angaben der Teilnehmer sank außerdem der HbA1c-Wert nach der Ernährungsumstellung im Schnitt um 1,45 Prozentpunkte. Der durchschnittliche Insulin-Bedarf war mit 0,40 U/kg pro Tag gering. Komplikationen traten nicht häufiger auf als bei normalen Ernährungsformen. Außerdem berichteten die Teilnehmer über eine hohe Zufriedenheit mit dem Management ihrer Erkrankung; andererseits hatten viele Teilnehmer ihrem Arzt aus Angst vor Konflikten oder auch dem Vorwurf des Kindesmissbrauchs nichts von ihrer Ernährungsform erzählt.

Die Aussagekraft der Studie wird durch die geringe Teilnehmerzahl, das hohe Maß an Eigenangaben durch die Teilnehmer sowie die nicht repräsentative Subgruppe limitiert. Dennoch bieten die Ergebnisse einen interessanten Ansatz für weitere, möglichst randomi­sierte, kontrollierte Studien. |

Quelle

Lennerz BS et al. Management of Type 1 Diabetes With a Very Low-Carbohydrate Diet. Pediatrics 2018;141(6);pii:e20173349

Apothekerin Dr. Julia Podlogar

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