- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 24/2018
- Gepolter in Bayern
DAZ aktuell
Gepolter in Bayern
Deutliche Worte bei Kammerversammlung und Apothekertag
Mitte Mai beschloss der Deutsche Ärztetag mehrheitlich, die Musterberufsordnung der Mediziner dahingehend zu ändern, dass Ärzte ihre Patienten künftig unter bestimmten Voraussetzungen ohne vorherigen persönlichen Kontakt in der Praxis ausschließlich per Telefon, SMS, E-Mail oder Online-Chat behandeln. Die Ärztekammern in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben diese Regel teilweise schon übernommen.
Doch Teile der apothekerlichen Standesvertretung sehen die Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes bei den Ärzten kritisch. Nach Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, meldete sich nun auch Thomas Benkert zu Wort. Bei der bayerischen Kammerversammlung in der vergangenen Woche sagte er: „Ich weiß nicht, ob diese Entscheidung so gut durchdacht war.“ Es sei durchaus möglich, dass man Patienten, die man lange und gut kenne auch einmal fernbehandle, die Erstversorgung solle aber persönlich bleiben. Benkert sagte auch, dass das Patientenwohl und die Patientensicherheit immer Vorrang haben müsse. Es sei bei Online-Behandlungen nicht möglich, einige, sehr beratungsbedürftige Arzneimittel von der Verordnung auszuschließen. Deswegen befürchte er, dass es bei bestimmten Arzneimittel- und Patientengruppen zu „erhöhter Suchtgefahr, Arzneimittelmissbrauch und einer gesteigerten Kriminalität“ kommen könne. „Bequemlichkeit kann nicht die oberste Prämisse der Versorgung sein, die Arzneimittelsicherheit und das Patientenwohl müssen die oberste Prämisse sein.“ In der anschließenden Diskussion beschwerte sich ein Delegierter darüber, dass die Apotheker diese Prozesse nicht begleiten und keine eigenen Ideen einbringen. Doch Benkert blieb bei seiner Meinung: Das Thema Fernbehandlung werde erst relevant für die Apotheker, wenn E-Rezepte wirklich vorliegen und verwendet werden.
„Spitzenverband auflösen“
Bei der Eröffnung des Bayerischen Apothekertages in Augsburg einen Tag nach der Kammerversammlung änderte Dr. Hans-Peter Hubmann, Chef des Bayerischen Apothekerverbandes, sein schriftlich vorgelegtes Redeprotokoll und attackierte den GKV-Spitzenverband aufs Schärfste. Der Verwaltungsrat des Kassenverbandes hatte kurz zuvor ein Positionspapier beschlossen, in dem u. a. die Absenkung des Apothekenhonorars um 1 Milliarde Euro gefordert wird. Dazu sagte Hubmann, der auch Vize-Chef des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) ist: „Keine auch nur ansatzweise nachvollziehbaren Diskussionsgrundlagen sind das von völlig falschen Prämissen ausgehende BMWi-Gutachten aus dem letzten Jahr und erst recht das derzeit vom GKV-Spitzenverband propagierte Papier. Wer in einer Zeit, in der seit Jahren die Zahl der Apotheken um über 200 pro Jahr sinkt, und sich immer mehr Lokalpolitiker um die Versorgung ihrer Gemeinden sorgen, vermeintliches Einsparpotenzial in Milliardenhöhe ausweist, der blendet Realitäten aus!“ Pause. Und dann: „Lösen Sie diesen Spitzenverband auf!“, so Hubmann. Ein Ausruf, der bei den Apothekern auf Gegenliebe stieß – Hubmann erhielt dafür großen Applaus vom Publikum. Ansonsten erneuerte Bayerns Verbandschef die Forderungen nach dem Rx-Versandverbot, nach der Etablierung der pharmazeutischen Dienstleistungen im SGB V sowie der zusätzlichen Extra-Honorierung dieser Apotheker-Dienstleistungen.
„Nicht immer Nein sagen“
Auf dem Bayerischen Apothekertag meldete sich auch eine andere wichtige Stimme zu Wort. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) ist eine bekennende Freundin der Apotheken vor Ort. Egal ob es um das Rx-Versandverbot oder die Erhaltung des Fremdbesitzverbotes geht – Huml steht hinter den Apothekern: „Wir in Bayern werden alles tun, um die Apotheke vor Ort zu unterstützen. Im Moment haben wir etwa 3000 Apotheken im Freistaat, ich möchte nicht, dass es weniger werden.“ Huml stellte allerdings klar: „Konservieren“ wolle sie gar nichts, man müsse schon „hier und da“ immer wieder modernisieren. Aber an den Grundprinzipien der Unabhängigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Freiberuflichkeit dürfe man nicht rütteln, so die Ministerin. Deswegen sprach sie sich auch gegen die Umsetzung des Positionspapiers aus dem GKV-Spitzenverband aus. Huml, die selbst Medizinerin ist, sagte: „Das Fernbehandlungsverbot hat auch Konsequenzen für die Apotheker. Auch die Apotheker müssen sich nun fragen: Wie entwickelt man Bereiche weiter? Wichtig ist mir, dass man durch diese Innovationen keine etablierten Strukturen kaputt macht. Allerdings erwarte ich schon einen Vorschlag von Ihnen, wie man die Apotheker beteiligen kann. Man kann nicht immer nur Nein sagen.“ |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.