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Pharmacon Meran: Kein Substitutionsausschluss bei Inhalativa

Wann ausgetauscht werden sollte und wann nicht

bj | Dosieraerosole und Pulverinhalatoren sind ohnehin schon schwierig anzuwenden. Muss sich der Patient aufgrund eines neuen Rabattvertrags auf ein neues Inhalativum einstellen, ist er häufig überfordert.
Fotos: DAZ/cst

Dennoch stehen inhalative Arznei­mittel nicht auf der Substitutionsausschlussliste des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Prof. Dr. Rolf Daniels aus Tübingen erläuterte in seinem Vortrag, in welchen Fällen aus technologischer Sicht pharmazeutische Bedenken gerechtfertigt sind.

Dosieraerosole sprühen unterschiedlich schwer

Ein Problem beim Austausch von Dosieraerosolen ist es beispielsweise, dass der Sprühmechanismus unterschiedlich schwer auszulösen ist. „Die benötigte Kraft liegt zwischen 24 und 38 Newton, was etwa dem Lochen von Papier entspricht“, verdeutlichte Daniels. Für ältere Patienten oder Rheu­matiker ist das allerdings ein Bereich, in dem jedes Newton mehr Kraftaufwand ins Gewicht fällt. Und wenn der Patient den Sprühknopf schon schwer drücken kann, wie soll er es dann koordinieren, gleichzeitig einzuatmen?

Atemzuginduzierte Abgabesysteme wie etwa Autohaler® oder Easi-Breathe® nehmen dem Patienten die Koordination zwischen Einatmen und Sprühen ab. Ist der Patient an eine solche Applikationshilfe gewöhnt, sollte er nach Meinung von Daniels auch nicht mehr auf ein „normales“ Dosieraerosol umgestellt werden.

Bei Pulverinhalatoren entscheidet die Einatemtechnik (inspiratorischer Fluss), ob der Wirkstoff in die Bron­chien gelangt. Der Widerstand, den die Pulverinhalatoren beim Einatmen erzeugen, ist beispielsweise bei den Budenosid-Inhalatoren Novolizer® (am niedrigsten), Turbohaler® und Easyhaler® (am höchsten) verschieden. Je höher der Widerstand, desto größer muss der inspiratorische Fluss beim Einatmen sein.

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Prof. Dr. Rolf Daniels

Pulverinhalatoren: Kraftvolles Einatmen möglich?

Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen sind in ihrer Atemleistung häufig eingeschränkt. Dies sollte bei der Entscheidung, ob pharmazeutische Bedenken zum Einsatz kommen sollen, berücksichtigt werden. Sind Inhalationswiderstand und weitere Anwendungsmerkmale jedoch ähnlich, wie es bei den Fluticason-Salmeterol-Pulverinhalatoren Viani®, Rolenium® und Airflusal® der Fall ist, ist aus Sicht von Daniels eine Substitution zumutbar. Allerdings nicht ohne erneute Schulung des Patienten. Hier kommt auch dem Apotheker eine wichtige Rolle zu.


Medikationsanalyse am runden Tisch

Um Atemwegserkrankungen ging es auch bei dem Roundtable-Gespräch zur Medikationsanalyse mit den vier Apothekern Dr. Hiltrud von der Gathen, Melissa Lubjuhn, Steffen Schmidt und Rebekka Wiggers. Gemeinsam berieten sich die Pharmazeuten auf dem Podium über einen Asthma-Patienten, der über Herzrasen, nächtliche Hustenanfälle und Schlafstörungen klagte. Zu der Medikation des Patienten gehörten L-Thyroxin, Theophyllin sowie ein Salbutamol- und ein Budenosid-Spray.

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Steffen Schmidt, Melissa Lubjuhn, Rebekka Wiggers und Dr. Hiltrud von der Gathen (v.l.)

Vermutlich nehme der Patient sein Salbutamol-Spray häufiger als zuvor, weil sich sein Asthma verschlechtert habe, vermutete Wiggers. Dafür sprächen auch die Hustenanfälle. Auf den ersten Blick könne man schlussfolgern, dass das Herzrasen und die Schlafstörungen durch den Mehrgebrauch des ß2-Mimetikums und das Theophyllin begünstigt werden.

Die vier Pharmazeuten waren sich einig, dass man den Patienten darauf hinweisen solle, dass Salbutamol zwei Minuten brauche, um zu wirken. Außerdem gab Lubjuhn zu bedenken, die Art der Schlafstörung näher unter die Lupe zu nehmen – ob es sich etwa um eine Ein- oder Durchschlafstörung handele. Hinter nächtlichem Aufwachen könne sich außerdem eine beginnende Prostatahyperplasie verbergen.

Unerwartete Wirkverstärkung

Doch war dies die ganze Geschichte? Zu einer Medikationsanalyse gehöre auch, nach OTC-Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln zu fragen, die der Patient zusätzlich einnehme, betonte von der Gathen. In der Tat ergab der zweite Blick Folgendes: Der Patient machte eine Diät mit schwarzem Pfeffer, weil er in der Laienpresse gelesen hatte, dass dieser beim Abnehmen helfen könne. Und laut Literatur hemmt das Piperin im schwarzen Pfeffer den Abbau von Theophyllin, wodurch das Xanthinderivat länger wirkt, brachte Schmidt ein. |

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