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WIdO-Vizechef verteidigt AOK-Studie
Sind Rabattverträge für Lieferengpässe doch nicht verantwortlich?
Ursache für den Konflikt sind Pressemitteilungen des beim AOK-Bundesverband angesiedelten Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) sowie der AOK Baden-Württemberg darüber, dass Rabattverträge die Therapietreue der Patienten stärken und die Anbietervielfalt im Generikamarkt erhöhen. Pro-Generika-Chef Bork Bretthauer hatte sich daraufhin beschwert, dass die AOK keine wissenschaftliche Studie zu ihren Behauptungen vorlege. Bretthauer wies auch darauf hin, dass man bei der Marktkonzentration nicht den Generikamarkt als Ganzes betrachten dürfe, sondern die Versorgungssituation in einzelnen Bereichen unter die Lupe nehmen müsse. So gebe es derzeit lediglich drei Unternehmensgruppen, die fast 100 Prozent der Antibiotika-Versorgung stemmten.
Kritik ist nicht nachvollziehbar
Helmut Schröder, stellvertretender Geschäftsführer des WIdO, weist die Vorwürfe nun zurück. Mangelnde Transparenz hätte ihnen bisher noch kein Wissenschaftler vorgeworfen. Die Kritik des Pharmaverbandes erscheine ihm daher nicht nachvollziehbar. Seit mehreren Jahren publiziere das WIdO die Ergebnisse zur Marktkonzentration unter anderem im Arzneiverordnungs-Report. Die Analysen könnten auch problemlos nachgerechnet werden. Bei Antibiotika beispielsweise gäbe es insgesamt 87 verschiedene Hersteller mit insgesamt 1607 verschiedenen Arzneimitteln. Und die unternehmerische Entscheidung, welches Arzneimittel am Markt angeboten wird, würde jedes Unternehmen für sich selbst treffen. Schröder sieht in der weltweiten Tendenz zur Marktkonzentration keinen Zusammenhang mit den deutschen Rabattverträgen.
In der alleinigen Betrachtung der Herstelleranzahl sieht der WIdO-Vizechef kein geeignetes Mittel zur Beurteilung der Marktkonzentration. Gleichzeitig müsse nämlich auch berücksichtigt werden, welche Hersteller wie viel umsetzen. Wenn nämlich ein Hersteller nahezu alle Bruttoumsätze eines Jahres auf sich vereinigen würde, dann läge eine sehr hohe Marktkonzentration vor, unabhängig davon, ob mehrere oder nur ein paar wenige Hersteller im Markt agieren. Rabattverträge hätten dazu geführt, dass die großen Anbieter Marktanteile verloren haben. Kleine und mittelständische Anbieter könnten nun die Gelegenheit nutzen, sich an Rabattvertragsausschreibungen zu beteiligen, um Anteile an einem Markt zu erlangen, der vorher stark konzentriert war.
Meldung von Engpässen sollte nicht freiwillig sein
Auf die Frage, ob Schröder einen Zusammenhang zwischen Rabattverträgen und Lieferengpässen sehen würde, antwortete er: „Bei denjenigen rabattierten Arzneimitteln, die nicht lieferbar waren, haben im Durchschnitt mehr als 100 andere verschiedene Arzneimittel des Wirkstoffs/der Wirkstoffkombination zur Verfügung gestanden.“ Er fordert, dass die heute noch freiwillige Meldepflicht über Lieferengpässe der pharmazeutischen Hersteller vom Gesetzgeber für verpflichtend erklärt wird. Bereits seit Jahren müssten schon die Krankenkassen verpflichtend melden, wenn die Arzneimittelversorgung der Patienten mit Vertragsprodukten nicht gewährleistet werden kann. Und der WIdO-Vizechef rechnet vor, dass es im vergangenen Jahr nur wenige nicht-lieferbare Arzneimittel gab: Bei den mehr als 19.000 verschiedenen Arzneimitteln, die zwischen dem 1. Mai 2017 und 1. April 2018 im Rabattvertrag mit mindestens einer Krankenkasse standen, waren nur 0,2 Prozent nicht verfügbar.
Der Text bezieht sich auf ein Interview, das DAZ.online mit Helmut Schröder geführt hat. Das vollständige Interview finden Sie bei DAZ.online, wenn Sie im Suchfeld den Webcode R7CT9 eingeben. |
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