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Wirtschaft
Mehr als vier Milliarden Euro Rabatte
Einsparungen der Krankenkassen durch Rabattverträge auf neuem Höchststand
Von den deutschen Apotheken wurden im Berichtsjahr annähernd 672,7 Mio. (apotheken- und rezeptpflichtige) Arzneimittel zulasten der GKV abgegeben (s. Tab. 1). Das waren rund 6,3 Mio. Verordnungen (bzw. 0,93 Prozent) weniger als im Vorjahr. Und das, obwohl die Zahl der Versicherten auch in 2017 wieder deutlich (um durchschnittlich 824.600 bzw. um 1,15 Prozent) zugenommen hat. Dabei machte der Rückgang beim Absatz von apothekenpflichtigen Arzneimitteln, die gerade einmal 8,6 Prozent der Verordnungen ausgemacht haben, mit 31,6 Prozent fast ein Drittel des gesamten Absatzverlustes aus.
Jahr |
Entwicklung 2016 = 100% |
||
---|---|---|---|
2016 |
2017 |
||
vertraglich vereinbarte Rabatte¹⁾ (mit USt) in Mio. Euro²⁾ |
3852 |
4018 |
104,3% |
zulasten der GKV abgegebene Arzneimittel insgesamt in Mio. |
679,0 |
672,7 |
99,1% |
davon: rabattbegünstigte Arzneimittel in Mio. |
397,7 |
405,8 |
102,0% |
davon: nicht rabattbegünstigte Arzneimittel in Mio. |
281,3 |
266,9 |
94,9% |
Anteil rabattbegünstigter Arzneimittel am Gesamtmarkt |
58,6% |
60,3% |
|
Rabatt je rabattbegünstigtem Arzneimittel in Euro |
9,69 |
9,90 |
102,2% |
GKV-Arzneimittel-Umsatz zum ApU insgesamt in Mio. Euro |
24.418 |
25.262 |
103,5% |
GKV-Arzneimittel-Umsatz zum ApU von rabattbegünstigten Arzneimitteln in Mio. Euro |
8475 |
9544 |
112,6% |
GKV-Arzneimittel-Umsatz zum ApU von nicht rabattbegünstigten Arzneimitteln in Mio. Euro |
15.943 |
15.718 |
98,6% |
Anteil rabattbegünstigter Arzneimittel-Umsatz zum ApU am Gesamtmarkt (ApU) |
34,7% |
37,8% |
|
1) gem. § 130a Abs. 8 SGB V; 2) beide Werte vorläufig; Quelle: BMG, INSIGHT Health und eigene Berechnungen |
Zunehmende Verordnungen von Rabattarzneimitteln
Die öffentlichen Apotheken gaben im Berichtsjahr gut 405,8 Mio. Rabattarzneimittel zulasten der GKV ab, so viel wie nie zuvor. Das entspricht einem Marktanteil von 60,3 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Von zehn zulasten der GKV verordneten Arzneimittel waren im Berichtsjahr gut sechs rabattbegünstigt. Damit konnten diese Arzneimittel nicht nur ihren Marktanteil gegenüber dem Vorjahr (58,6 Prozent) nochmals steigern, sondern sie legten, bei einer insgesamt negativen Absatzentwicklung, auch absolut (um 8,1 Mio. abgegebene Packungen bzw. um 2,0 Prozent) zu.
Aus leichten Verlusten beim Gesamtabsatz und einer positiven Entwicklung beim Absatz mit Rabattarzneimitteln lässt sich leicht folgern, dass in 2017 bedeutend weniger nicht rabattbegünstigte Arzneimittel abgegeben wurden als im Vorjahr (fast 14,4 Mio. Packungen bzw. gut 5,1 Prozent weniger).
Auch Rabattarzneimittel werden teurer
Während der zulasten der GKV verordnete Arzneimittelabsatz im Berichtsjahr um annähernd ein Prozent zurückgegangen ist, ist der zugehörige Abgabepreis der pharmazeutischen Unternehmer (ApU) von 24,42 Mrd. Euro auf 25,26 Mrd. Euro oder um 3,5 Prozent gestiegen. Je Packung gerechnet bedeutet das einen Anstieg von 35,96 Euro (2016) auf 37,55 Euro (2017), oder von 4,4 Prozent.
Bei den Rabattarzneimitteln lag der Zuwachs beim ApU bei 12,6 Prozent, und unter Berücksichtigung der Absatzentwicklung (von 2,0 Prozent) immer noch bei 10,4 Prozent, stieg der durchschnittliche ApU je Rabattarzneimittel doch von 21,31 Euro auf 23,52 Euro. Damit sind die Rabattarzneimittel im Vergleich zum Gesamtmarkt immer noch preiswert, dafür sind die Preise hier aber auch deutlich schneller gestiegen. Das erkennt man auch daran, dass der Umsatzanteil der Rabattarzneimittel zu Herstellerabgabepreisen (ApU) von 34,7 Prozent auf 37,8 Prozent angestiegen ist.
Das hat auf der anderen Seite dazu geführt, dass der ApU der nicht rabattbegünstigten Arzneimittel von 15,94 Mrd. Euro in 2016 auf 15,72 Mrd. Euro im Berichtsjahr (bzw. um 1,4 Prozent) gefallen ist. Da die nicht rabattbegünstigten Arzneimittel einen Absatzrückgang von gut 5,1 Prozent verzeichnen mussten, und sich die Umsatzverluste – wie gezeigt – hier in Grenzen hielten, erhöhte sich der Herstellerabgabepreis (ApU) je Packung (von 56,68 Euro in 2016) um durchschnittlich 3,9 Prozent (auf 58,89 Euro in 2017).
Rabatte beinhalten die Umsatzsteuer
Veräußert der Hersteller z. B. ein verschreibungspflichtiges Rabattarzneimittel, ist ihm zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt, ob das Arzneimittel später zulasten der GKV oder „privat“ verordnet wird. Natürlich erhebt der Hersteller auf den (originären) Abgabepreis die volle Umsatzsteuer, die er dann ans Finanzamt abzuführen hat. Die an Vorlieferanten gezahlte Vorsteuer wird dabei verrechnet. Die (positive) Differenz zwischen Umsatzsteuer und Vorsteuer wird als „Zahllast“ definiert.
Wird das Arzneimittel später auf Kassenrezept eingelöst, kommt die betroffene Krankenkasse auf den Hersteller zu und verlangt den vertraglich vereinbarten Rabatt (einschließlich Umsatzsteuer). Der Hersteller verbucht diesen Rabatt als Erlösschmälerung; dabei verringert die anteilig auf den Rabatt entfallende Umsatzsteuer die Zahllast. Damit wird sichergestellt, dass der Hersteller nicht zu viel an Steuern an das Finanzamt abführt.
Rabatt übersteigt Apotheken-Rohertrag seit Jahren
Der Rabatt je zulasten der GKV abgegebenen Rabattarzneimittel stieg auch im Berichtsjahr wieder an, von durchschnittlich 9,69 Euro (2016) auf 9,90 Euro (2017), und folglich um 2,2 Prozent. Damit wurden die gesetzlichen Krankenkassen, und in Folge die Versichertengemeinschaft, deutlich entlastet. Zugleich muss aber auch angemerkt werden, dass der durchschnittliche Rabatt je Rabattarzneimittel – selbst unter Berücksichtigung, dass der vertraglich vereinbarte Rabatt den Krankenkassen mit Umsatzsteuer gewährt wird – den durchschnittlichen Apotheken-Rohertrag je zulasten der GKV abgegebenen verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel (gemäß AMPreisV) auch in 2017 (mit knapp 8,09 Euro) deutlich überschritten hat. Oder spitz formuliert: Für jedes abgegebene Rabattarzneimittel, und damit für mehr als 60 Prozent des Absatz-Marktes, erhalten die Krankenkassen mehr an Rabatten aus vertraglichen Vereinbarungen, als sie den Apotheken im Rahmen der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung für die Beratung ihrer Versicherten und die anschließende Abgabe dieser Arzneimittel an Honorar zugestehen.
Umsatzsteuer beachten
Alle Apotheken- und Herstellerrabatte der gesetzlichen Krankenkassen enthalten die Umsatzsteuer. Sowohl bei den Herstellern als auch bei den Apotheken verringern diese Erlösschmälerungen einerseits den Umsatz und andererseits die Zahllast (s. Kasten).
Jahr |
Entwicklung 2016 = 100% |
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---|---|---|---|
2016 |
2017 |
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GKV-Arzneimittel-Umsatz zum ApU von rabattbegünstigten Arzneimitteln in Mio. Euro |
8475 |
9544 |
112,6% |
vertraglich vereinbarte Rabatte¹⁾ (mit USt) in Mio. Euro²⁾ |
3852 |
4018 |
104,3% |
Erlösschmälerungen (Hersteller) aufgrund vertraglich vereinbarter Rabatte¹⁾²⁾ |
3237 |
3377 |
104,3% |
gekürzter GKV-Arzneimittel-Umsatz (ApU) von rabattbegünstigten Arzneimitteln in Mio. Euro (Nr. 1 - Nr. 3) |
5238 |
6167 |
117,7% |
Erlösschmälerungen in Prozent |
38,2% |
35,4% |
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1) gem. § 130a Abs. 8 SGB V; 2) beide Werte vorläufig; Quelle: BMG, INSIGHT Health und eigene Berechnungen |
Zur Berechnung des effektiven ApU werden deshalb die vertraglich vereinbarten Rabatte nach Kürzung um die anteilige Umsatzsteuer von dem originären, im Lauer gelisteten ApU abgezogen (s. Tab. 2).
Während die Hersteller in 2016 auf Arzneimitteln nach § 130a Abs. 8 SGB V noch einen durchschnittlichen Rabatt von 38,2 Prozent vereinbarten/vereinbaren mussten, um einen Vertrag mit den Krankenkassen abschließen zu können, sank dieser Wert in 2017 um 2,8 Prozentpunkte auf 35,4 Prozent.
Die Zahl der vertraglich gebundenen Arzneimittel nimmt also von Jahr zu Jahr zu, der Durchschnittspreis pro Packung steigt ebenso wie der absolute Rabatt. Allerdings nimmt der prozentuale Rabatt, bezogen auf den ApU, dabei ab.
Apotheken-Rabatt mit Zusatzaufwand verrechnen
Bereits im Jahre 2013 hat der Autor dieses Beitrags in einer Modellrechnung (s. „Aufwand honorieren!“, DAZ 2013, Nr. 8) nachgewiesen, dass den Apotheken im Zuge der Abgabe von Rabattarzneimitteln, die ja nur bei der Abgabe zulasten der GKV anfallen, in 2011 zusätzliche Personalkosten von etwa 1,13 Euro (netto!) je Packung entstanden sind. Die durch die Rabattverträge ausgelösten Mehrbelastungen jenseits der Personalkosten sind bei der Modellrechnung damals vollständig außen vor geblieben. Aufgrund der allgemeinen Preissteigerungen dürfte dieser Betrag heute deutlich höher ausfallen.
Seit jeher gilt in der Sozialen Marktwirtschaft, dass diejenigen Marktpartner, die Erlöse zugunsten eines Dritten unter erhöhten eigenen Aufwendungen einziehen, an diesen Geschäften regelmäßig mit einer Provision beteiligt werden. Gedacht wurde 2013 dabei an eine Absenkung des Kassenanschlags (von derzeit 1,77 Euro brutto) um die zusätzlich anfallenden Personalkosten, die in den Apotheken bei der Abgabe von Rabattarzneimitteln anfallen. Bei vertraglich mit den pharmazeutischen Unternehmen vereinbarten Rabatten in Höhe von derzeit 4018 Mio. Euro wäre ein solches „Kompensationsgeschäft“ ein fairer Ausgleich für die apothekerliche Mehrleistung/Mehrbelastung.
Auch unter Wettbewerbsgesichtspunkten, so die Schlussfolgerung schon 2013, wäre eine solche Regelung – heute mehr denn je – zu begrüßen, wären doch kleinere Krankenkassen, die im Zuge von Ausschreibungen nicht über entsprechend hohe Umsatzvolumen verfügen, und folglich auch nicht vergleichbare Stückrabatte mit den Herstellern aushandeln können, im Gegensatz zu den größeren Kassen nicht mehr ganz so schlecht gestellt. |
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