Arzneimittel und Therapie

Bei Darmkrebs ist weniger manchmal mehr

Kurze Chemotherapie reicht oft aus

Bei Patienten mit fortgeschrittenem kolorektalem Karzinom und geringem Rezidivrisiko kann die Behandlungsdauer einer Standard-Chemotherapie um die Hälfte verkürzt werden. Eine mit der längeren Therapie vergleichbare Wirksamkeit und deutlich weniger Nebenwirkungen sprechen für dieses Vorgehen.

Für Patienten, die an einem fortgeschrittenen kolorektalen Karzinom (Stadium III) erkrankt sind, wird nach der chirurgischen Entfernung des Tumors meist eine sechsmonatige Oxaliplatin-haltige Chemotherapie (s. Kasten) empfohlen. Da Oxaliplatin häufig schwere neurotoxische Nebenwirkungen verursacht, sucht man nach ebenso wirksamen, aber besser verträglichen Alternativen. Solch eine Option könnte die Verkürzung der Chemotherapie von sechs auf drei Monate sein. Doch wird dadurch der Therapieerfolg geschmälert? Erkauft man sich die geringere Toxizität mit einem höheren Rezidivrisiko? Mit diesen Fragen befasste sich die IDEA (International Duration Evaluation of Adjuvant therapy)-Kollaboration, die sechs internationale im Jahr 2007 parallel gestartete klinische Studien mit mehr als 12.800 Patienten diesbezüglich beurteilte. Der primäre Studienendpunkt war das krankheitsfreie Überleben nach drei Jahren. Im Median wurden die Patienten knapp 42 Monate nachbeobachtet. Rund 60% der Probanden wiesen ein geringes Rezidivrisiko auf.

FOLFOX und CAPOX

Kolorektale Karzinome mit einer bestimmten Ausbreitung, bei denen bereits Lymphknoten befallen sind (Stadium III), werden mit einer adjuvanten Chemotherapie therapiert, um das Gesamtüberleben zu verlängern. Am häufigsten wird heute das Therapieschema FOLFOX eingesetzt, dies enthält Folinsäure, 5-Fluorouracil und Oxali­platin. Als Alternative kann CAPOX, bestehend aus oral verfügbarem Capecitabin und Oxaliplatin, eingesetzt werden. Unter diesen beiden Therapieschemata überleben heute im Stadium III etwa zwei Drittel der Patienten fünf Jahre oder länger.

Foto: Zerbor – stock.adobe.com

Subgruppen profitieren

Obwohl die krankheitsfreie Überlebensrate unter der dreimonatigen Behandlung nur geringfügig niedriger lag als unter der sechsmonatigen Therapie (74,6% vs. 75,5%), konnte die Nicht-Unterlegenheit statistisch nicht bestätigt werden – zumindest nicht wenn man die gesamte Studienpopulation und beide Therapieregime zusammen betrachtete. Die Analyse einzelner Subgruppen führte dagegen zu einem differenzierten Ergebnis: Dem kurzen CAPOX-Regime wurde Nicht-Unterlegenheit bescheinigt, dem kurzen FOLFOX-Regime hingegen nicht.

Eine Analyse unter Berücksichtigung der Risikogruppen ergab folgendes Bild: Für Patienten mit einem geringen Rezidivrisiko war es unerheblich, ob sie drei oder sechs Monate lang behandelt wurden. Die krankheitsfreie Überlebensrate nach drei Jahren betrug nach der dreimonatigen Therapie 83,1% und unter der sechsmonatigen Behandlung 83,3%. Hatten die Patienten ein hohes Rezidivrisiko, so profitierten sie hingegen von der längeren Chemotherapie. Die krankheitsfreien Überlebensraten nach drei Jahren lagen unter der sechsmonatigen Therapie bei 64,4% vs. 62,7% unter der dreimonatigen Chemotherapie.

Deutlich weniger Neurotoxizität

Unter der kürzeren Therapie traten deutlich weniger Neurotoxizitäten auf. Unter dem FOLFOX-Regime lagen die Raten nach drei Monaten bei 16,6% vs. 47,7% unter der sechsmonatigen Therapie; unter dem CAPOX-Regime waren es 14,2% vs. 44,9%. Auch weitere Nebenwirkungen wie Diarrhö, Neutropenie, Thrombozytopenie, Übelkeit, Hand-Fuß-Syndrom, Mucositis und Fatigue waren unter der kürzeren Therapiedauer weniger ausgeprägt.

Risikoadaptierte Chemotherapie

Wie diese Auswertung zeigte, profitieren Patienten mit einem geringen Rezidivrisiko von einer kurzen Chemotherapie. Die besten Ergebnisse wurden mit dem CAPOX-Regime erzielt, das allerdings mit einer hohen Inzidenz eines Hand-Fuß-Syndroms einherging. Für Patienten mit einem hohen Risiko bleibt eine sechsmonatige Chemotherapie mit FOLFOX Standard. Um die adjuvante Chemotherapie eines kolorektalen Karzinoms weiterhin zu verbessern, sind eine zuverlässige Einschätzung des Rezidivrisikos sowie die Entwicklung effektiver und wenig toxischer Therapieregime erforderlich, so ein Kommentator der Studie. |

Quelle

Grothey etal. Duration of adjuvant chemotherapy for stage III colon cancer. N Engl J Med 2018; 378(13):1177-1188

Schilsky R. A New IDEA in adjuvant chemotherapy for colon cancer. N Engl J Med 2018; 378(13):1242-1244

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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