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Neue Zahlen zur Rentenlücke
Frauen im Alter deutlich schlechter versorgt als Männer
Aufgrund der Rentenreformen zu Beginn des 21. Jahrhunderts ruht die Alterssicherung zunehmend auf drei Säulen, denn zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) gibt es die betriebliche Altersversorgung (zzt. für 26% der Rentner und 7% der Rentnerinnen) und die private Altersvorsorge (zzt. für 5% bzw. 2%).
Geringe Erwerbseinkommen, unterbrochene Erwerbsbiografien und die immer noch geringere Arbeitsmarktbeteiligung führen bei Frauen zu weitaus niedrigeren Renten als bei Männern. Seit den 1980er-Jahren werden Erziehungszeiten zwar stärker bei der GRV berücksichtigt. Zudem begünstigen der Versorgungsausgleich bei Scheidungen und die Witwenrente beim Tod des besser verdienenden Partners viele Frauen. Dies alles verhindert den „Gender Pension Gap“, also den Rentenunterschied zwischen Männern und Frauen, jedoch nicht.
Zu diesem Ergebnis kommen Alexandra Wagner, Christina Klenner und Peter Sopp vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Sie stützen sich auf Daten der GRV von 2015, auf die repräsentative Untersuchung zur „Alterssicherung in Deutschland 2015“ (ASID 2015) und die Untersuchung zur „Verbreitung der Altersvorsorge 2015“ (AV 2015).
Die Rentenlücke der Frauen liegt bundesweit bei 53 Prozent. Das heißt, Männern steht im Alter etwas mehr als doppelt so viel Geld zur Verfügung wie Frauen. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede in den drei Säulen der Alterssicherung: Männer erhalten von der GRV durchschnittlich 1154 Euro pro Monat, Frauen 634 Euro (55%). Aus der betrieblichen Altersversorgung kommen gegebenenfalls 593 Euro für Männer und 240 Euro für Frauen hinzu. Von denjenigen, die in private Vorsorgemodelle eingezahlt haben, können sich Männer über 485 Euro und Frauen über 311 Euro freuen.
Unterschiede in Ost und West
Im Westen ist die Rentenlücke mit 58 Prozent doppelt so groß wie im Osten (28%). Als Erklärung führen Wagner und Kollegen die höhere Erwerbstätigkeit und kürzere Familienpausen von Frauen in Ostdeutschland an. Die traditionellen Geschlechterrollen mit geschlechtstypischer Arbeitsteilung (geringe Teilhabe von Frauen an bezahlter Arbeit, d. h. Erwerbsarbeit) seien im Westen ausgeprägter gewesen als im Osten. Zudem macht sich das sogenannte Äquivalenzprinzip bemerkbar: Die Beschäftigungsdauer und die Höhe des Arbeitseinkommens bestimmen mit den damit verbundenen Beitragszahlungen wesentlich, wie hoch die Rente ausfällt; die Kompensationen für Erziehungszeiten sind gering.
Zwar verringerte sich die Rentenlücke seit 1992 (damals bundesweit 69%), aber nicht der Unterschied zwischen den Rentenlücken in West und Ost (damals 73% bzw. 39%).
Wagner et al. kommentieren auch die steigende Erwerbstätigkeit von Frauen. Dieser wünschenswerte Trend hat einen Haken: Arbeitnehmerinnen bekommen immer noch weniger Gehalt als Arbeitnehmer bei vergleichbaren Tätigkeiten. Insofern spielt der „Gender Pay Gap“, also der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen, auch für den „Gender Pension Gap“ eine große Rolle.
Lernen von Europa
Im europäischen Vergleich der geschlechtsspezifischen Rentenlücken – die Zahlen stammen aus dem Jahr 2012 – steht Deutschland mit Luxemburg auf dem letzten Platz (beide 45%). Die geringsten Unterschiede haben Litauen (12%), die Slowakei und Dänemark (beide 8%) sowie Estland (5%).
Geringer sind die geschlechtsspezifischen Rentenlücken in Regionen mit höherer Frauenerwerbstätigkeit. Dazu gehören viele Länder Mittel- und Osteuropas (s. o.). Eine Alternative zur Verringerung der Rentenlücke ist die steuerfinanzierte einheitliche Basisrente; dafür hat sich z. B. Dänemark entschieden.
Handlungsempfehlungen
Dass sich die Rentenlücke zwischen beiden Geschlechtern verringert, ist nicht nur Grund zur Freude, denn dies liegt auch daran, dass die künftigen Rentenansprüche von Männern sinken. Durchgängige Erwerbsbiografien sind heute generell seltener geworden. Unterbrechungen aufgrund von längeren Weiterbildungen oder Aufbaustudiengängen werden bei der Rente kaum noch berücksichtigt.
„Um die geschlechtsbezogene Rentenlücke zu reduzieren, bedarf es vor allem besserer Erwerbschancen für Frauen und günstigerer Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für beide Geschlechter“, resümieren die Autoren. Alle Menschen sollten in der Lage sein, über die Teilung von beruflicher und familiärer Arbeit partnerschaftlich und frei zu entscheiden. Dazu ist eine umfassende gesellschaftliche Aufwertung der Sorgearbeit erforderlich. Die besten Steuerungsmöglichkeiten aus gesellschaftlicher Sicht gibt es bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Altersversorgung. Wagner: „Ob und in welchem Ausmaß dabei auch Kindererziehungs- und Pflegearbeit in stärkerem Ausmaß als heute eigene Anwartschaften begründen sollten, ist einer gesellschaftlichen Debatte vorbehalten, die den Stellenwert von Erwerbsarbeit und Sorgearbeit für die Alterssicherung betrifft.“ |
Quelle
Alexandra Wagner, Christina Klenner, Peter Sopp: Alterseinkommen von Frauen und Männern. WSI Report Nr. 38, Dezember 2017; http://t1p.de/20cl
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