Arzneimittel und Therapie

Eradikationstherapie hilft auch später

Erneute Magenkarzinome können verhindert werden

Durch eine Eradikation von Helicobacter pylori können bereits bestehende karzinogene Vorgänge in der Magenschleimhaut unterbunden werden. Zu diesem Ergebnis kam eine südkoreanische Studie. Durch eine antibiotische Therapie konnte die Inzidenz nachfolgender Magentumore um die Hälfte verringert werden. Ferner kam es zu einer signifikanten Verbesserung der atrophischen Gastritis, die als Vorläuferläsion für Magenkarzinome gilt.

Frühe Magenkarzinome entstehen aus präkanzerogenen Veränderungen der Magenmukosa, die aufgrund einer chronischen, superfiziellen Gastritis umgebaut wird, was eine Drüsenkörperatrophie und intestinale Metapla­sien zur Folge hat. Im weiteren Verlauf entwickeln sich daraus leichtgradige intraepitheliale Neoplasien und später schwergradige Neoplasien, die schließlich in einem Karzinom münden. Der treibende Faktor hierfür ist eine Infektion mit Helicobacter pylori (H. pylori). Nachdem in mehreren klinischen Studien die primär-präventive Wirksamkeit einer H.-pylori-Eradikation nachgewiesen werden konnte, wurde nun untersucht, ob eine Eradikation bei bereits bestehenden malignen Veränderungen die spätere Entwicklung eines metachronen (= zeitlich nachfolgenden) Magenkarzinoms verhindern kann.

Risikofaktor H. pylori

Der bedeutendste Risikofaktor für Magenkrebs ist eine Infektion mit H. pylori. Bis auf wenige Ausnahmen wie etwa bei einigen erblichen Magenkarzinomen besteht ein klarer Zusammenhang zwischen einer Infektion mit H. pylori und Magenkrebs. Rund 90% aller nicht die Kardia (= Mageneingang) betreffenden Magenkarzinome gehen auf eine H.-pylori-Infektion zurück. Das Risiko hängt nicht nur von der Infektion per se ab, sondern auch von dem krankheitsverursachenden H.-pylori-Stamm. Von H. pylori sind rund 370 Stämme bekannt, die in ihrer DNA-Sequenz große Unterschiede aufweisen und deren Pathogenität in Bezug auf Ulcus und Krebs unterschiedlich ausgeprägt ist. Das Auftreten der einzelnen Stämme variiert stark: So liegt etwa in Japan der Anteil der Keime mit karzinogener Wirkung bei rund 90%, was u. a. die hohe Inzidenz von Magenkrebs in asiatischen Ländern erklärt.

Vorbelastete Patienten profitieren

Die prospektive, doppelblinde, randomisierte und placebokontrollierte Studie wurde in Südkorea durchgeführt, einem Land, in dem Magenkarzinome zu den häufigsten Tumorentitäten gehören. An der Studie nahmen 470 Probanden teil, bei denen ein frühes Magenkarzinom oder ein hochgradiges Adenom endoskopisch entfernt worden war. Die eine Hälfte der Probanden erhielt sieben Tage lang eine antibiotische Eradikationstherapie (Amoxicillin, Clarithromycin, Rabeprazol), die andere Hälfte ein Placebo. Die beiden primären Studienendpunkte waren die Inzidenz eines metachronen Magenkarzinoms nach einem Jahr oder später sowie die Veränderung der Drüsenkörperatrophie nach drei Jahren.

Während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,9 Jahren entwickelten die Patienten, bei denen H. pylori eliminiert worden war, signifikant seltener ein metachrones Magenkarzinom als die Probanden der Placebo-Gruppe. In der Verum-Gruppe lag die Inzidenz bei 7,2%, in der Placebo-Gruppe war die Erkrankungshäufigkeit mit einer Inzidenz von 13,4% hingegen fast doppelt so hoch. In einer Untergruppe von 327 Patienten wurde zusätzlich der Schweregrad der atrophischen Gastritis untersucht. Hier zeigte sich in der Verum-Gruppe eine signifikante Verbesserung des Atrophiegrades im Magenkorpus um 48,4% gegenüber 15% in der Placebo-Gruppe.

Mögliche Konsequenzen

Diese Ergebnisse zeigen, dass eine H.-pylori-Eradikation zur Prävention von Magenkarzinomen auch zu einem späten Zeitpunkt sinnvoll ist. Früher galt eine schwere atrophische Gastritis mit oder ohne intestinale Metaplasien als „point of no return“, ab dem eine Eradikation von H. pylori wahrscheinlich nicht mehr in der Lage ist, die Krebsentstehung aufzuhalten. Diese Einschätzung wurde nun widerlegt. Diesem Erkenntnisgewinn schließt sich die Frage an, ob ein Screening auf H. pylori und im Bedarfsfall eine antibiotische Therapie großflächig erfolgen sollten. In ostasiatischen Ländern mit hoher Magenkarzinominzidenz scheint dies durchaus sinnvoll, in Ländern mit niedriger oder mittlerer Inzidenz von Magenkarzinomen ist ein großflächiges präventives H.-pylori-Screening angesichts des ungünstigeren Kosten-Nutzen-Verhältnisses wohl weniger praktikabel. |

Quelle

Il Ju Choi et al. Helicobacter pylori therapy for the prevention of metachronous gastric Cancer. N Engl J Med 2018;378(12):1085-1095

Malfertheiner P. Helicobacter pylori treatment for gastric cancer prevention. N Engl J Med 2018;378(12):1154-1156

Röcken C et al. Molekulare Pathologie des Magenkarzinoms. Pathologe 2012;(Suppl2);33:235-240

Cancer Research UK. H. pylori and cancer. www.cancerresearchuk.org; Abruf am 14. April 2018

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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