Aus den Ländern

Gemeinsam heilt es sich besser

Dritter Brandenburgischer Apotheker- und Ärztetag

POTSDAM (bj) | Man müsste mehr miteinander reden, denken viele Apotheker und Ärzte. In Brandenburg tun dies beide Berufsgruppen regelmäßig: Am vergangenen Samstag diskutierten Pharmazeuten und Mediziner in Potsdam über Fragestellungen, die beide Heilberufe bewegen. Insbesondere beim Thema Digitalisierung wurde deutlich, dass das gemeinsame Agieren die Zukunft beider Berufsgruppen ­sichern kann.
Foto: DAZ/bj
Engagiert moderierten Allgemeinmediziner Dr. Rheinhold Schrambke und Apothekerin Dr. Sabine Gohlke in Potsdam.

Apothekerin Dr. Sabine Gohlke und Allgemeinmediziner Dr. Reinhold Schrambke moderierten gemeinsam den dritten Fortbildungstag der Landesapotheker- und Landesärztekammer Brandenburg. Alle Vortragsthemen betrafen beide Berufsgruppen, z. B. Arzneimittelinteraktionen im ambulanten Bereich oder digitale Hilfsmittel im Gesundheitswesen.

Ein weiteres Thema war, wie Apotheker und Ärzte Patienten beim Selbstmanagement chronischer Erkrankungen zielführend unterstützen können.

Sich selbst managende Patienten

Bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Asthma gestalten die Patienten beim Selbstmanagement ihre Therapie mit. Die Betroffenen messen z. B. ihren Blutzuckerspiegel oder ihre Atemfunktion und passen die Medikamentendosis individuell an. Ärzte und Apotheker wissen, dass die Compliance mit der Zeit nachlassen kann. Apotheker Christian Schulz brachte die Kernfrage der Motivation auf den Punkt: „Wer das Wofür kennt, geht durch jedes Wie.“

Viele Patienten vergessen im Laufe der Dauerbehandlung, wozu sie den Aufwand des Monitorings betreiben sollen. Daher reicht es nicht aus, den Patienten einmalig zu Therapiebeginn aufzuklären. Apotheker und Ärzte können ihren Patienten vor allem dann gut bei der Stange halten, wenn sie wissen, was ihn persönlich antreibt. Wandert der Patient etwa gerne oder möchte es wieder tun können, lässt sich das im Beratungsgespräch verwenden: Je besser die Asthmaeinstellung, desto eher können die Wanderschuhe wieder geschnürt werden. Optimal läuft der Prozess, wenn alle „sechs Ohren“ – die des Patienten, des Apothekers und des Arztes – aufmerksam einander zuhören.

Arzneimittelinteraktionen im heilberuflichen Alltag

Wie wichtig eine gute interdisziplinäre Kommunikation ist, zeigt sich auch beim Management von Arzneimittelinteraktionen im ambulanten Bereich. Laut einer Studie der Bayerischen Landesapothekerkammer mit 96 Apotheken, die Apotheker Dr. Lars-Alexander Mohrenweise vorstellte, muss bei jedem sechsten Patienten mit einer relevanten Arzneimittelinteraktion gerechnet werden. 82 Prozent der Fälle ließen sich durch pharmazeutische Beratung lösen. Eine erfreuliche Bilanz, doch wie sieht der Alltag aus?

Nicht immer sind in einer vollen Arztpraxis Apothekenanrufe willkommen, berichtete Mohrenweiser. Laut einer Umfrage unter Ärzten in Magdeburg fanden die Befragten, dass die Pharmazeuten häufig wegen Interaktionen anriefen, die aus ihrer Sicht wenig relevant sind. Allerdings wünschen sich die Mediziner, dass die Apotheker zuerst mit dem Arzt über ein mögliches Interaktionsproblem auf ihrer Verordnung sprechen, bevor sie den Patienten darüber informieren. Dann aber müsse die Arztpraxis für den Apotheker gut erreichbar sein.

Um die Kommunikation zu vereinfachen, stellt die Apothekerkammer Niedersachsen ein Formblatt für Interaktionsfragen zur Verfügung, das die Apotheke an die Arztpraxis faxen kann. Darauf ist das Rezept abzubilden sowie eine Beschreibung der Interaktion, ihre Folgen und – wenn möglich – ein Alternativvorschlag. Der Arzt kann wahlweise ankreuzen, ob ein Medikament ausgetauscht werden soll oder nicht.

Digitale Hilfsmittel – Freund oder Feind?

Zur Identifizierung von Wechselwirkungen oder auch zu anderen Fragestellungen stehen dem Apotheker ­verschiedene digitale Werkzeuge zur Verfügung. Erleichtern diese elektronischen Hilfsmittel den Arbeitsalltag von Apothekern und Ärzten, oder gefährden sie deren Zukunft? Referent Dr. Peter Froese, Mitglied der ABDA-Arbeitsgruppe „Digitalisierung“ und Vorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, zeichnete zunächst ein düsteres Bild. „Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert“, betonte er. Für Technologieunternehmen sei das Gesundheitswesen ein Markt wie jeder andere. Die Triebkraft für digitale Entwicklungen sei es, das Kapital zu maximieren. Die heilberufliche Kompetenz ist für Start-ups nicht unantastbar und Künstliche Intelligenz sei schon bald in der Lage, eine Medikationsanalyse zu übernehmen oder Fachliteratur auszuwerten.

Froese forderte die Ärzte und Apotheker auf, sich mit der digitalen Transformation aktiv auseinanderzusetzten. „Wir kriegen ein anderes Gewicht, wenn wir Apotheker und Ärzte gemeinsam auftreten, als eine Berufsgruppe alleine“, appellierte Froese. Eine große Chance sei es, dabei den Ausbau der Telematik gemeinsam zu forcieren. So seien die elektronische Gesundheitskarte und der elektronische Medikationsplan sinnvolle Werkzeuge für die sichere Apotheken-Arzt-Kommunikation. Die Grundsteine sind gelegt, meint Froese.

Kompetenzen gemeinsam nutzen

„Uns ist es wieder einmal gelungen, eine Brücke zu schlagen“, fasste der Moderator Schrambke zusammen und meinte damit: Die Ärzte haben verstanden, dass es der Apotheker in der Beratung nicht immer leicht hat, und die Apotheker haben verstanden, warum ein Arzt im Arbeitsalltag oft so schwer zu erreichen ist. Die Brandenburger haben sich zum Ziel gesetzt, die Kommunikation weiter zu verbessern, um den Patienten noch effektiver helfen zu können. |

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