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Zu viel Marketing, zu viel Chichi
Kassenaufsicht kritisiert Profitstreben der Krankenkassen
Vor wenigen Tagen hat das Bundesversicherungsamt einen „Sonderbericht zum Wettbewerb in der GKV“ veröffentlicht. Der Hintergrund dafür: Um den Wettbewerb untereinander zu intensivieren, dürfen Krankenkassen ihren Versicherten seit einigen Jahren „Satzungsleistungen“ anbieten – also Leistungen, die nicht Teil des GKV-Leistungskataloges sind und aufgrund „unternehmerischer“ Entscheidungen innerhalb der Krankenkassen freiwillig erstattet werden. Beispiele für diese Satzungsleistungen sind z. B. die Erstattung von Homöopathika oder von osteopathischen Behandlungen. Im Jahr 2016 gaben die Kassen insgesamt mehr als 340 Millionen Euro für Satzungsleistungen aus – also etwa 4,76 Euro pro Versichertem.
Erstattung nur aus Wettbewerbsgründen
In seinem Bericht bezweifelt das BVA, dass es außer den wettbewerblichen Gründen noch andere Gründe für die Erstattung solcher Leistungen gibt. Unter anderem schreibt es: „Viele Krankenkassenvertreter berichteten, dass sie zusätzliche Leistungen wie Osteopathie oder Homöopathie aufgrund des Drucks im Wettbewerb anbieten, obwohl sie selbst diesen Leistungsangeboten eher kritisch gegenüberstehen.“ Besonders bedenklich ist aus Sicht des BVA, dass sich das Angebot solcher Leistungen negativ auf andere – wichtige – Behandlungen auswirke, denn „so bieten die Krankenkassen etwa keine Zusatzleistungen im Bereich der Rehabilitation an“. Die Behörde hinterfragt daher das gesamte System der Satzungsleistungen.
Satzungsleistungen nur mit „Evidenz-Nachweis“
Dem neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) macht die Behörde einen konkreten Vorschlag: Die Zulassung von Satzungsleistungen solle mit einem Evidenz-Nachweis verknüpft werden. Wörtlich heißt es in dem Bericht: „Das Bundesversicherungsamt schlägt vor, im Gesetz präzise Vorgaben für die Leistungen zu machen, die als Zusatzleistung in den Satzungen der Krankenkassen angeboten werden dürfen und diese Möglichkeit auf evidenzbasierte Leistungen zu beschränken.“
Doch damit nicht genug. Das BVA geht auch mit „Wahltarifen“ und „Bonusprogrammen“ der Kassen hart ins Gericht. Diese Maßnahmen dienten ebenfalls nur dazu, junge, gesunde Versicherte an die Kassen zu binden und hätten keine qualitativen Vorteile für die Versicherten. Und auch die zwischen Kassen und Ärzten abgeschlossenen Selektivverträge sieht das BVA kritisch. Oftmals stehe infrage, ob diese wirtschaftlich seien.
Insgesamt ist das Bundesversicherungsamt nicht überzeugt von der Vertragspolitik der Kassen: Viel Marketing, wenig Versorgungsverbesserung. Die Botschaft der Behörde an die Kassen: „In einzelnen Fällen vergessen sie, dass sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts die Beachtung bestehender gesetzlicher Beschränkungen nicht zugunsten maximaler Kostenersparnis und damit Wettbewerbsvorteilen vernachlässigen dürfen.“ |
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