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Ein fulminanter Start

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Benjamin Wessinger, Herausgeber der DAZ

Selten in der Geschichte der Bundesrepublik dürfte ein Gesundheitsminister gleich zu Beginn seiner Amtszeit so im medialen Scheinwerferlicht gestanden haben wie Jens Spahn. Allerdings nicht wegen seiner Vorschläge, wie er das deutsche Gesundheitssystem fit machen will für die Herausforderungen der Zukunft. Mit den Themen Gesundheit und Pflege hatten die Aussagen, über die nun seit Wochen diskutiert wird, generell nur am Rande zu tun. Etwa als er in der Debatte um das Informationsverbot über Abtreibungen vermutete, manche Frauenrechtlerin sorge sich mehr um das Wohl von Tieren als um ungeborenes menschliches Leben.

Stattdessen sorgte sich der Bundesgesundheitsminister um die staatliche Handlungsfähigkeit gegenüber Drogendealern oder um den Schutz der europäischen Außengrenzen. Bereits vor seinem Amtsantritt hatten Spahns Aussagen zum Arbeitslosengeld II für große Aufregung gesorgt.

Die Reaktionen ließen denn auch nicht lange auf sich warten. FDP-Chef Christian Lindner erinnerte Spahn daran, dass die Union seit 2005 durchgängig den Bundesinnenminister gestellt und damit für die Durchsetzung von Recht und Ordnung zuständig war. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Jens Korte forderte Spahn auf, nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf zu treiben. Und der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul erinnerte seinen Parteifreund Spahn daran, dass man die Innere Sicherheit nicht mit flotten Sprüchen und Interviews verbessere.

Zur absoluten Hochform aber stachelt der neue Gesundheitsminister seit Wochen die Satire-Shows im Fernsehen an. Schon als sich die Hinweise verdichteten, Angela Merkel könnte einen ihrer schärfsten innerparteilichen Kritiker ins Kabinett holen, sagte Oliver Welke in seiner „heute-Show“ im ZDF: „Mein Tipp: Merkel macht den Jens [Spahn] zum Gesundheitsminister. Warum? Weil sie ihn wirklich hasst.“ Jan Böhmermann, der sich schon seit dem Bundestagswahlkampf immer wieder am „nächsten Kanzler“ Spahn abarbeitet, spottete im „Neo Magazin Royale“ (ebenfalls ZDF), alleine durch die Nachricht, Spahn werde Gesundheitsminister, habe sich die Grippewelle zurückgezogen. Und Oliver Kalkofe macht sich in der NDR-Satiresendung „extra 3“ darüber lustig, dass Spahn zwar einerseits die Grenzen dichtmachen will, ihm aber zur Verbesserung der Situation in der Altenpflege auch nichts Besseres einfalle, als ausländische Pflegekräfte „direkt über die Balkanroute“ nach Deutschland zu holen (siehe Artikel "Gebt ihm endlich eine Aufgabe"). Wobei angemerkt sei, dass es für Kalkofes Vorwurf, der Gesundheitsminister habe „vorher für die Pharmalobby gearbeitet“ und sei von Versandapotheken bezahlt worden, bisher keinerlei Belege gibt.

Dabei gäbe es wahrlich genug zu tun für den Bundesgesundheitsminister. Oder wie es die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, auf Twitter formulierte: „Man sollte dem Jens #Spahn endlich eine Aufgabe geben, bei der es richtig viel zu tun gibt für die Bürgerinnen und Bürger des Landes: Minister für Gesundheit und Pflege zum Beispiel. Macht gerade keiner.“ Im Koalitionsvertrag stehen durchaus einige Punkte, mit denen Spahn beginnen könnte. Das Rx-Versandverbot, zum Beispiel.

Dr. Benjamin Wessinger


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