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Beratung

Auf den Ausfluss achten!

Bei Verdacht auf Scheideninfektion nach dem Fluor fragen

Nahezu jede Frau macht im Lauf ihres Lebens eine Scheideninfektion durch, nicht selten mehrmals. Am häufigsten sind bakterielle Vaginose und Vulvovaginalcandidose. Sie lassen sich am typischen Fluor und der klinischen Symptomatik erkennen. Differenzialdiagnostisch kann, inzwischen auch im Selbsttest, zusätzlich der pH-Wert der Vaginalflora herangezogen werden. Liegt er über 4,5, spricht dies für eine bakterielle Vaginose. Ist er unverändert, eher für eine Scheidenpilzinfektion. Aber auch Viren können die Scheide schädigen, allen voran Herpes-simplex-Viren und humane Papillomviren. | Von Beate Fessler

Bei Frauen können unter anderem Bakterien, Viren und Pilze Scheideninfektionen auslösen. Der genaue Blick auf den Ausfluss, auch als Fluor genitalis bezeichnet, gibt dann erste Hinweise, ob und welche Infektion möglicherweise vorliegt. Gerade die Frage nach dem Ausfluss ist deshalb ein wichtiger Baustein für die weitere Beratung.

Saures Scheidenmilieu dank Laktobazillen

Ausfluss per se hat keinen Krankheitswert. Geschlechtsreife Frauen mit estrogenisierter Scheide sondern im Verlauf des Zyklus individuell unterschiedliche Mengen an Fluor ab, die sich im Zyklusverlauf ändern können. Das Sekret ist weißlich-milchig (Weißfluss), dünnflüssig bis krümelig, riecht nicht und hat einen sauren pH-Wert zwischen 3,8 und 4,4. Vor der Menarche und nach der Menopause liegt der pH-Wert über 5. In der Zyklusmitte wird der Ausfluss stärker und verändert sich. Es kommt zu vermehrtem klarem, spinnbarem Ausfluss durch Verflüssigung des zervikalen Schleims – ein Zeichen für die Fruchtbarkeit der Frau.

Die natürliche mikrobielle Besiedelung der Scheide wird als Vaginalflora bezeichnet. Bei einer geschlechtsreifen gesunden Frau besteht sie vor allem aus Milchsäure-produzierenden grampositiven Stäbchenbakterien. Die häufigsten Keime sind Lactobacillus jensenii, acidophlius, gasseri und fermenti. Sie werden nach dem deutschen Frauenarzt Albert Döderlein (1860 – 1941) auch als Döderlein-Bakterien bezeichnet. Laktobazillen setzen das in den abgeschilferten Epithelzellen der Vagina angereicherte Glykogen in Laktat um und bedingen so ein saures Milieu. Das Resultat ist ein saurer pH-Wert unter 4,5, der nur für physiologische Keime tolerierbar ist. Ein intaktes Scheidenmilieu bietet deshalb einen gewissen Schutz vor Scheideninfektionen.

Haben Sie außergewöhnlichen Ausfluss?

Im genitalen Fluor können sich zudem fakultativ pathogene Keime befinden, darunter Gardnerella vaginalis, Mykoplasmen, Streptokokken und Chlamydien, aber auch Candida-Arten und, selten, Trichomonas vaginalis. Der Übergang von der Normalflora zur Infektion ist fließend und abhängig von der Konzentration und der Virulenz der pathogenen Keime. Verändert sich die Scheidenflüssigkeit in der Farbe, der Beschaffenheit und im Geruch, kommen Juckreiz, Brennen oder Schmerzen im Scheidenbereich dazu, kann dies auf eine Infektion hinweisen (Tab. 1). Fazit: In der Beratung muss die Frage nicht lauten „Haben Sie Ausfluss?“, sondern: „Haben Sie außergewöhnlichen Ausfluss?“

Tab. 1: Störfaktoren des vaginalen Regelmechanismus [nach Stauber M, Weyerstahl T. 2001]
Störfaktoren
Auswirkungen
Kindheit, Senium, Schwangerschaft
Estrogen-Mangel → Glykogen-Mangel → Verminderung der physiologischen Flora
Intimsprays, zu häufiges Duschen
pH-Wert-Erhöhung → ungeeignetes Milieu für Laktobazillen
Antibiotika
Vernichtung der physiologischen Flora

Frauen sollten bei folgenden Symptomen zum Arzt geschickt werden:

  • Erstinfektion
  • Alter unter 18 Jahren
  • Fieber
  • Schwangerschaft
  • Schmerzen im Unterbauch
  • Rückenschmerzen
  • Blutungen außerhalb der Menstruation
  • chronisch-rezidivierende Infektion (mehr als viermal pro Jahr)
  • unangenehm riechender Vaginalausfluss
  • keine Besserung nach drei Tagen trotz Therapie

Die häufigsten Scheideninfektionen sind die bakterielle Vaginose und die Vulvovaginalcandidose, sprich der Scheidenpilz. Hier muss in der Beratung differenziert werden.

Bakterielle Vaginose: Mischinfektion mit grauem cremigem Fluor

Die bakterielle Vaginose geht mit einer Dysbiose mit Reduktion der Laktobazillen einher. Pathogene Keime gewinnen die Oberhand in der Scheidenflora, allen voran Gardnerella vaginalis, das die Vermehrung anderer Anaerobier fördert. Die bakterielle Vaginose wird deshalb auch als Gardnerella-Vaginose bezeichnet. Es kommt zu einer Mischinfektion mit hoher Keimzahl. Typisch sind ein grauer cremiger Fluor, auch mit Schaumbildung, sowie ein fischiger und/oder unangenehmer Geruch. Missempfindungen am Scheiden­eingang sind möglich. Infektionszeichen wie Juckreiz oder Rötung treten nicht auf. Etwa die Hälfte der Frauen gibt keine Symptome an. Der pH-Wert steigt auf Werte zwischen 4,5 und 5,5. Therapeutisch wird Metronidazol – oral oder intravaginal – eingesetzt, aber auch Clindamycin-Gel intravaginal oder Dequaliniumchlorid, ebenfalls intravaginal. Eine Sanierung der Scheidenflora mit Milchsäurepräparaten kann versucht werden, um das aus dem Gleichgewicht geratene Scheidenmilieu wiederherzustellen. Die Rezidivrate ist hoch. Eine Partnertherapie ist nicht erforderlich, da sie keinen Nutzen bringt.

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Selten: aerobe Vaginitis

Selten ist die aerobe Vaginitis, bei der in der Scheidenflora aerobe Bakterien, insbesondere B-Streptokokken, dominieren. Typisch ist ein verstärkter eitrig-gelb-grüner Fluor, manchmal von einem leichten Brennen begleitet. Anders als bei der bakteriellen Vaginose besteht jedoch kein auffälliger Geruch. Der pH-Wert liegt zwischen 5,5 und 6,5. Behandelt wird lokal mit Clindamycin, Estriol oder auch Hydrocortison, bei insgesamt unbefriedigenden Langzeitergebnissen.

Vulvovaginalcandidose: Folge von Abwehrschwäche

Eine Scheidenpilzinfektion (Vulvovaginalcandidose) machen 50 bis 75% der Frauen mindestens einmal im Leben durch, bis zu 10% mehr als viermal im Jahr. Der Grund: Im Zuge einer allgemeinen Abwehrschwäche wird aus der häufigen, harm­losen Kolonisation der Scheide mit Candida eine Infektion. Die Infektion beginnt meist prämenstruell mit Rötung und Ödem. Typische Symptome sind fast immer Juckreiz im Scheideneingang. Der – vermehrte – Fluor ist hier gelblich-weiß, manchmal auch flockig oder von bröckeliger Konsistenz, wie bei geronnener Milch. Der pH-Wert ist normal (unter 4,5) – falls nicht gleichzeitig eine bakterielle Vaginose vorliegt. Döderlein-Bakterien sind oft vorhanden. Erreger ist meist Candida albicans. Behandelt wird, je nach Lokalisation, vaginal, vulvär oder oral mit einem Antimykotikum (Polyene, Imidazol und Triazole, Ciclopiroxolamin). Bei der einfachen Infektion können beispielsweise Imidazol-Derivate wie Clotrimazol, Econazol oder Miconazol als Vaginal-Ovula oder -Creme verabreicht angewendet werden. Auch die Kombination mit einer oralen Therapie ist möglich. Wichtig ist eine gute Compliance. Die Therapie sollte nicht sofort nach Besserung der Symptome abgebrochen werden. Eine Partnertherapie ist nicht erforderlich. Von den Non-albicans-Arten ist Candida krusei gegen orale Triazole resistent. Behandelt wird entweder vaginal mit Clotrimazol über eine bis zwei Wochen oder mit Ciclopiroxolamin als Ein-Tages-Therapie zweimal im Abstand von fünf Tagen. Candida glabrata ist meist nur als symptomfreie oder symptomarme vaginale Kolonisation vermehrt ab dem vierzigsten Lebensjahr vorhanden, aber schwer zu behandeln.

Prädisponierende Faktoren für eine Mykose

  • endogen: Diabetes mellitus, Schwangerschaft – Risiko der Infektion auch des Neugeborenen –, maligne Tumoren, Immunsuppression, atrophische Gentitalveränderungen
  • exogen: Antibiotikatherapie, Hormontherapie (Ovulationshemmer, Estrogen-Substitution), Immunsuppression, Radiatio

Trichomoniasis und Chlamydien-Infektionen

Die Trichominiasis ist die weltweit häufigste sexuell übertragbare vulvovaginale Infektion. Typisch ist ein starker grüngelber, oft schaumiger Fluor mit scharfem Geruch. Bei chronischem Verlauf treten kaum Beschwerden auf. Der pH-Wert ist wegen der Dysbiose erhöht. Therapeutisch werden Metronidazol oder Nifuratel oral eingesetzt und eine simultane Partnertherapie durchgeführt. Die Ausheilungsraten sind hoch. Nur wenige Symptome verursacht die genitale Chlamydien-Infektion durch Chlamydia trachomatis. Auftreten können zervikaler Fluor, eine Kontaktblutung der Portio, eine Urethritis sowie eventuell auch eine Salpingitis oder Konjunktivitis. Der pH-Wert ist normal. In der Therapie werden Doxycyclin und Makrolide eingesetzt – auch hier als simultane Partnertherapie.

Lokale Applikation

  • Vaginal-Tabletten, -Ovula oder -Cremes werden am besten abends vor dem Zubettgehen mithilfe einer Applikationshilfe tief in die Scheide eingefügt. Am besten geschieht das in Rückenlage bei leicht angezogenen Beinen. So kann ein Auslaufen verhindert werden. In der Schwangerschaft dürfen keine Applikatoren verwendet werden.
  • Die Behandlung sollte nicht während der Menstruation durchgeführt werden bzw. vor deren Beginn abgeschlossen sein.
  • Ist die Scheide zu trocken, sodass sich Vaginal-Tabletten nicht vollständig auflösen, können Ovula oder Cremes eine Alternative sein.
  • Nicht vergessen werden sollte der Hinweis, dass die in Vaginal-Tabletten, -Ovula oder -Cremes enthaltenen Hilfsstoffe (insbesondere Stearate) bei der gleichzeitigen Anwendung von Latexprodukten (z. B. Kondomen, Diaphragmen) deren Dichtigkeit verringern können.

Auch in der Scheide: genitaler Herpes

Nicht nur Bakterien und Pilze, auch Viren können der Scheide gefährlich werden. Die Primärinfektion eines Herpes genitalis, meist hervorgerufen durch Herpes simplex Typ 2, betrifft meist nicht nur die Vulva, sondern kann auch Vagina und Zervix, sowie den Analbereich in Mitleidenschaft ziehen. Innerhalb weniger Stunden bis Tage nach Infektion schwillt die Vulva an und es bilden sich Bläschen über größere Flächen des Genitalbereichs. Ein Rezidiv, das meist deutlich schwächer verläuft, ist oft auf die kleinen und großen Schamlippen begrenzt, kann sich aber auch auf die Scheide ausweiten. Behandelt wird oral mit einem Virustatikum. Starke Schmerzen, wie sie bei einer Herpes-Infektion auftreten können, lassen sich mit Schmerzmitteln oder Lokalanästhetika behandeln.

HPV als Ursache von Genitalwarzen und Krebs

Durch den Nobelpreis 2008 an den Heidelberger Mediziner Harald zur Hausen und die Entwicklung der HPV-Impfung noch bekannter sind Infektionen mit humanen Papillom­viren (HPV) vom Hoch- und Niedrigrisiko-Typ. Sie verursachen zunächst keine Beschwerden. Nach einer Inkubationszeit von bis zu acht Monaten können Genitalwarzen auftreten, Folge einer Infektion mit den HPV-Typen 6 und 11. Sie manifestieren sich vor allem an den äußeren Geschlechtsorganen, aber auch in der Scheide, am Zervix-Bereich und im Anal-Bereich. Charakteristisch sind röt­liche, graubräunlich oder auch weiße Läsionen, die Steck­nadelkopf- aber auch mehrere Zentimeter groß sein können. Sie sind meist symptomlos, können bei Befall der Scheide aber vermehrten Ausfluss verursachen. Zur Verfügung stehen topische Therapien (Imiquimod oder Catechin-Extrakte) sowie Laser- und Kryotherapie. Noch gravierendere Folgen kann die Infektion mit den Hochrisikotypen sein, allen voran HPV 16 oder 18. Sie können an der Vulva, aber auch in der Scheide, am Gebärmutterhals und im Analbereich zelluläre Veränderungen verursachen, also bösartige Vorstufen eines Karzinoms. Durch regelmäßige Besuche beim Frauenarzt lassen sich Vorstufen früh erkennen und können weiter beobachtet werden. In vielen Fällen bilden sich zelluläre Veränderungen am Gebärmutterhals innerhalb von wenigen Monaten bis zu zwei Jahren von selbst zurück.

Ob eine HPV-Infektion vorliegt, kann der Frauenarzt anhand eines Abstrichs testen lassen. Dafür werden Zellen vom Gebärmutterhals entnommen und die Probe zum Nachweis der Viren in ein Labor geschickt. Dort wird auf eine Anzahl von HPV-Typen – vor allem Hochrisikoviren – getestet. Noch ist der HPV-Test anstelle des Pap-Abstrichs, bei dem oberflächige Zellen mit einem Spatel vom Muttermund und mittels einer kleinen Bürste aus dem Gebärmutterhalskanal entnommen und im Mikroskop auf Veränderungen geprüft werden, in Deutschland keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Auch private Versicherungen übernehmen die Kosten des Tests nicht zwangsläufig. Es gibt jedoch Ausnahmen: Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten für den Test derzeit auf Anfrage,

  • wenn der Arzt bei der Untersuchung auffällige Zellen findet, die nicht eindeutig zu beurteilen sind. Dann hilft der HPV-Test dabei, die Befunde genauer abzuklären und die weitere Behandlung festzulegen.
  • bei Patientinnen, die wegen Gebärmutterhalskrebs oder einer Krebsvorstufe operiert wurden. Mithilfe des HPV-Tests kann bei ihnen der Erfolg der Therapie leichter überwacht werden.

Selbst testen: bakterielle Scheiden­infektion oder Pilzinfektion?

Zur Differenzierung der beiden häufigsten Scheideninfektionen stehen inzwischen Selbsttests zur Verfügung, die die Frauen zu Hause durchführen können. Dahinter steckt ganz simpel die Messung des pH-Werts in der Scheidenflora. Bei der bakteriellen Vaginose steigt der pH-Wert auf über 4,5, bei der typischen Candida-albicans-Infektion bleibt der pH-Wert im Normalbereich der Vaginalflora (unter pH-Wert 4,5). Dies erlaubt eine Unterscheidung mit hoher Aussagekraft. Die Interpretation des Testergebnisses sollte aber immer vor dem Hintergrund der klinischen Symptome betrachtet werden. Mischinfektionen müssen ins Kalkül gezogen werden. In den Tagen kurz vor, während oder kurz nach der Regelblutung sind die Messergebnisse nicht aussagefähig. Das gilt auch in den Stunden direkt nach Geschlechtsverkehr. Die Gebrauchsanweisung muss genau eingehalten werden.

Auf jeden Fall sollte man laut Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums nachfragen, wenn man einen HPV-Test wünscht: Eine rechtsverbindliche Aussage zur Kostenübernahme können nur die einzelnen Krankenkassen selbst treffen.

Inzwischen werden auch HPV-Selbsttests für Frauen angeboten. Sie erhalten eine Testpackung samt genauer Anleitung für die Probengewinnung – per Tupfer oder mit einer Art von Pinsel (Brush). Entnommen wird eine Gewebeprobe aus der Vagina, die an ein Labor geschickt und dort analysiert wird. Die Kundin kann das Ergebnis dann per Internet abfragen oder auch zugeschickt bekommen. |

Quelle

Mendling W. Diagnostik und Therapie beim Symptom Fluor. Frauenarzt 2018;59(2):120-129

Stauber M, Weyerstahl T. Gynäkologie und Geburtshilfe, Georg-Thieme Verlag 2001

Informationen des Berufsverbandes der Frauenärzte e. V. (BVF) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), www.frauenaerzte-im-netz.de

Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung. Krebsvorstufen erkennen und Zervixkarzinome möglichst früh behandeln. Informationen des Krebsinformationsdienstes, Deutsches Krebsforschungszentrum, www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/gebaermutterhalskrebs/frueherkennung.php

Informationen der Bayer Vital GmbH, www.canesten.de

Autorin

Dr. Beate Fessler ist Apothekerin und arbeitet als freie Medizinjournalistin unter anderem für die Deutsche Apotheker Zeitung.

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