Schwerpunkt Filialapotheken

Qualitätszirkel Filiale – ein Erfolgsrezept

Was können die Kammern tun, um Filialleiter zu unterstützen?

Christine Weber ist seit 2014 Mitglied des Vorstandes der Apothekerkammer Westfalen-Lippe und stand als Impulsgeberin aus dem Ehrenamt Patin für das Projekt. Sie moderiert den Qualitätszirkel Filiale in Bochum und ist zusammen mit Anja Keck zentrale Ansprechpartnerin für die anderen Zirkel in Bielefeld und Münster. Sie hofft, weitere Kammern und Verbände für das Thema Filialleiter und Qualitätszirkel begeistern zu können. Michael Schmitz ist Geschäftsführer Kommunikation, IT und Neue Medien der Apothekerkammer Westfalen Lippe und hat das Projekt von Anfang an mit begleitet und unterstützt.
Foto: Weber
Interesse und Neugier bei den Filialleitern weckten Christine Weber, Anja Keck und Michael Schmitz (v. l.) auf einer Informations- und Auftaktveranstaltung.

DAZ: Was hat die Kammer dazu gebracht die Qualitätszirkel Filiale ins Leben zu rufen?

Christine Weber: Der Impuls kam in unserem Fall aus dem Ehrenamt. Glücklicherweise habe ich damit offene Türen eingerannt. Ich war davon überzeugt, dass es an der Zeit wäre, Filialleiter in ihrer besonderen Rolle zu unterstützen, auch weil sie aufgrund des noch sehr jungen Berufsbildes keine vorgegebenen Strukturen zur Verfügung hatten. Diese Überzeugung, befeuert von Begegnungen mit gleichgesinnten Kollegen, legte den Grundstein für die Aktivitäten. Der Startschuss fiel mit meiner Wahl in den Kammervorstand ...

Michael Schmitz: … als uns auch zunehmend klar wurde, dass sich unsere Kammer in den vergangenen Jahren massiv strukturell verändert hat: Vor gut 15 Jahren waren mehr als ein Drittel der Mitglieder Inhaberinnen und Inhaber von Apotheken. Heute sind es nur noch etwa 20 Prozent. Mit der zunehmenden Filialisierung ist quasi still und leise eine neue Mitgliedergruppe entstanden und sukzessive gewachsen: Inzwischen sind 450 Mitglieder als Filialleitung tätig, die wir mit dem Qualitätszirkel sozusagen auf den Punkt genau erreichen.

Foto: Weber
Was benötigen Filialleiter für ihre Arbeit? Dieses handgemalte Bild entstand im Rahmen des Kreativworkshops.

DAZ: Wie war der Weg von der Idee zur Umsetzung?

Michael Schmitz: Der Nutzen eines Erfahrungsaustausches stand von Anfang an im Raum, aber wir wollten den Kollegen nicht einfach so etwas vorsetzen sondern sie wirklich „abholen“ und auch selbst zu Wort kommen lassen, also ein dialogisches Format wählen. Erster Ansatz war, alle Filialleiter zu einer Informations- oder Auftaktveranstaltung einzuladen. Anja Keck hatte die Idee, mit einem Fortbildungsthema aufzuwarten, das nicht alltäglich, interessant und noch nicht „abgenutzt“ war und die Veranstaltung damit zu kombinieren. Zielsetzung: Interesse und Neugier wecken und so eine hohe Beteiligung erzielen.

Christine Weber: Herr Schmitz schlug vor, das bewährte, in Westfalen-Lippe entwickelte Format des „Brunch für junge Pharmazeuten“ als Plattform für den Auftakt zu nutzen. Hier werden einmal im Jahr junge Kollegen von der Kammer eingeladen und beim gemütlichen Brunch über berufspolitische Themen informiert. Für den Brunch 2015 haben wir das Vorgehen geändert und neben den jungen Kollegen alle Filialleiter eingeladen. In dem angebotenen Kreativ-Workshop bearbeiteten wir die Frage: Was kann die Kammer tun, um Filialleiter zu unterstützen?

Michael Schmitz: Die Nachfrage war sehr beachtlich, so dass die Veranstaltung dezentral in Bielefeld, Dortmund und Münster mit insgesamt über 100 Teilnehmern stattfand. Die jungen Mitglieder und Filialleiter aller Altersklassen waren sehr angetan davon, endlich einmal in den Fokus zu rücken, und es wurde sehr deutlich, wie groß das Interesse an Austausch und Vernetzung ist.

Foto: AKWL
Michael Schmitz, Geschäftsführer Kommunikation, IT und Neue Medien bei der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

DAZ: Wie ruft man einen Qualitätszirkel ins Leben?

Michael Schmitz: Wir als Kammer haben den Startschuss gegeben und zunächst zu einer Auftaktveranstaltung eingeladen. Hier haben wir auch an die Inhaber gedacht, die sich davon überzeugen sollten, dass nicht zuletzt auch die Apotheke von diesem Angebot profitiert und zugleich Betriebsinterna geschützt sind. Zum Gelingen der Qualitätszirkel trägt ganz wesentlich die Moderation bei, so dass wir vorab einen Workshop für die sechs Moderatoren der drei Zirkel, je zwei pro Zirkel, ausgerichtet haben.

Christine Weber: Der Moderatoren-Workshop war ein wichtiger Schritt für die Vernetzung der Zirkel untereinander. So lernten wir uns persönlich kennen und zogen viel Motivation heraus. Ein Ziel dieser Vernetzung ist es, die Ergebnisse einzelner Zirkel, wenn sie für alle Filialleiter nützlich sind, zuerst unter den Zirkeln auszutauschen um dann möglichst ausgereifte Konzepte oder Information an die Kammer zurückzugeben, damit alle Kollegen etwas davon haben.

Ein praktisches Beispiel hierfür ist die Checkliste für die Stellenbeschreibung, die inzwischen für alle Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung steht. Sie soll dabei unterstützen, das besondere Arbeitsverhältnis zwischen Inhaber und Filialleiter von Anfang an gut zu gestalten.

Foto: AKWL
Christine Weber, Mitglied des Vorstandes der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

DAZ: Wie funktioniert der Qualitäts­zirkel?

Michael Schmitz: Weitgehend autark, aber mit stetiger Rückkopplung der vermittelten Inhalte und des Inputs aus den Zirkeln an die Kammer, die die Moderatoren einsetzt. Diese wiederum übernehmen die Organisation (Raum, Referenten, Terminabsprache etc.) der Zirkel nach der Auftaktveranstaltung. Die Treffen werden entsprechend ihres Umfangs mit Fortbildungspunkten belohnt. Unter dem Jahr gibt es Ansprechpartner bei der Kammer, und am Jahresende treffen wir uns für ein Abschlussgespräch.

Christine Weber: Die Zirkel, die eine Größe von maximal 15 Teilnehmern haben sollten, bestimmen selbst, wie oft sie sich treffen und welche Themen bearbeitet werden. Im Mittelpunkt stehen der Netzwerkcharakter, der moderierte, wertschätzende Austausch und die bedarfsorientierte Fortbildung. Die Lösungen für die individuellen Fragestellungen liegen ganz oft in der Gruppe und die Bestätigung, neue Ideen und Impulse sind ganz wesentliche Hilfen. Für die Räumlichkeiten und Referenten wird der Zirkel Bochum zusätzlich von der Sanacorp unterstützt. Denn Filialleiter sind natürlich auch für den Großhandel keine uninteressante Zielgruppe.

DAZ: Wo stehen Sie aktuell mit den Zirkeln?

Michael Schmitz: Der erste Qualitätszirkel lief von Herbst 2016 bis Ende 2017. Wir haben die Zirkel mit einem breiten Grinsen evaluiert und freuen uns, wie sehr die Teilnehmer den Austausch wertschätzen. Das soll kein Anlass sein, sich selbstzufrieden zurückzulehnen, ist aber ein Riesenkompliment für die sechs Moderatoren, die sich über alle Maßen engagieren. Die Auftaktveranstaltungen im Februar 2018 für den zweiten Durchlauf haben gezeigt, dass fast alle weitermachen wollen. Auch ohne viel Werbung ist der neue Zulauf so groß, dass die vorhandenen Plätze nicht ausreichen und wir aufstocken müssen. Hinzu kommt, dass die potenzielle Zielgruppe bei zunehmender Filialisierung natürlich auch wächst.

Christine Weber: Bevor es in die zweite Runde ging, haben wir wieder mit allen Moderatoren einen Workshop durchgeführt, und wir freuen uns auf die weitere Entwicklung des Formates. Beispielsweise planen wir Zirkel-übergreifende Treffen, externe Referenten zu den Themen Recht und Kommunikation einzubinden und die Erfahrungsschätze zu heben, die die Teilnehmer mitbringen.

DAZ: Welche Perspektiven gibt es für die Zirkel?

Michael Schmitz: Wir bewerben die Zirkel aktuell insbesondere bei jungen Kollegen in den „Brunchs für junge Pharmazeuten“, die von der Formatumstellung sehr profitiert haben. Dort wird inzwischen jedes Jahr eine Kombination aus Kammerinformation und Weiterbildung aus dem kreativen oder Coaching-Bereich angeboten. Das hat den Austausch sehr bereichert.

Christine Weber: Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass auch in der öffentlichen (Haupt-)Apotheke angestellte Approbierte mit Leitungsfunktion ähnlichen Herausforderungen wie Filialleiter gegenüberstehen und von den Qualitätszirkeln ebenfalls profitieren. Wir haben die Zirkel dahingehend geöffnet. Mal sehen was hier die Zukunft noch bringt.

DAZ: Ist Filialleitung ein Kammer- oder ein Verbandsthema?

Christine Weber: Es ist bei uns als Angebot für die Spezialisierung als Filialleiter und damit angestelltes Kammermitglied konzipiert, von dem aber der Inhaber auch profitieren kann. Hier nimmt man sich überhaupt nichts weg. Mitglieder des Verbandes, die eine Filialstruktur haben, profitieren genauso davon wie die Angestellten, die Filialleiter sind oder werden wollen. Nicht zu vergessen die Standespolitik, für die jede gut geführte Apotheke erfreulich gegenüber der Politik zu vertreten ist.

Michael Schmitz: Wichtig ist uns natürlich, dass wir keine klassischen Aufgaben- und Themenfelder unserer Schwesterorganisation bearbeiten. Das kann nicht die Aufgabe einer Kammer sein, die sich damit zudem verheben würde. Wir freuen uns aber, wenn weitere Mitgliedsorganisationen der ABDA ähnliche Angebote entwickeln und stellen unser Konzept gerne zur Verfügung, so wie wir auch schon von Ideen und Konzepten anderer Mitgliedsorganisationen profitieren durften, wie zum Beispiel vom großartigen Projekt „Apotheke macht Schule“ aus Baden-Württemberg.

DAZ: Frau Weber und Herr Schmitz, vielen Dank für das interessante Gespräch! |

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