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Aus den Ländern
Viele Fragen zum Entlassmanagement
14. Zwischenahner Dialog
„Entlassen ist mehr als nur ein Rezept“, erklärte Frank Germeshausen, stellvertretender Vorsitzender des Landesapothekerverbandes (LAV) Niedersachsen, und ergänzte: „Ziel ist die lückenlose Anschlussversorgung von stationär zu ambulant.“ Doch beim Zwischenahner Dialog wurde mehr über die Probleme durch die neuen Vorschriften zum Entlassmanagement gesprochen als über die Probleme der Patienten.
Viele neue Formalitäten
Die Patienten haben einen Anspruch gegen das Krankenhaus, und doch geschehe oft nichts, beklagte Rechtsanwalt Dr. Joachim Kasper, Kassel. Ein zentrales Problem für die Krankenhäuser sei, dass diese bei Entlassverordnungen die gesamten umfangreichen Vorschriften der vertragsärztlichen Versorgung beachten müssen, die zudem auf mehrere Regelwerke verteilt sind. Außerdem sei eine wirksame Einwilligung des Patienten nötig, die dieser jederzeit widerrufen könne. Mit der EU-Datenschutzgrundverordnung müssen ab Mai weitere formale Anforderungen an die Einwilligung beachtet werden. Nicht zuletzt wegen der Formalitäten werden viele Krankenhäuser das Entlassmanagement an externe Dienstleister delegieren.
Dr. Siiri Ann Doka, Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, mahnte, die Regeln dürften nicht so kompliziert werden, dass die Neuerungen nicht bei den Patienten ankommen. Aus Sicht der Patienten lobte sie die Zusammenfassung der Daten im Entlassbrief und kritisierte zugleich, dass die Verständlichkeit für die Patienten dabei keine Maßgabe sei und bisher eine Qualitätssicherung für die neuen Maßnahmen fehle.
Brigitte Käser, AOK Niedersachsen, erklärte, das Entlassmanagement solle den Übergang der Patienten erleichtern, aber nicht den Hausarzt ersetzen. Es werde sehr unterschiedlich mit den neuen Möglichkeiten umgegangen. Vom 1. Oktober bis 10. Dezember 2017 haben sieben Krankenhäuser in Niedersachsen zwei Drittel der Entlassrezepte ausgestellt. Dabei gelte: „Es gibt nichts, was es nicht gibt.“ Käser berichtete über diverse Fehler beim Verordnen bis zur Verwendung von Aufklebern mit Patientendaten, die bei der Rezeptabrechnung nicht verarbeitet werden können. Die AOK Niedersachsen biete deshalb Schulungen für Krankenhäuser und ein eigenes Modellprojekt für ein „digitales Aufnahme- und Entlassmanagement“ an, das schon die Aufnahme ins Krankenhaus besser steuert.
Viel Mühe bei der Verordnung
Dr. Borchart Pundt, Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen, mahnte die Patienten, ihren Anspruch auf das Entlassmanagement durchzusetzen. Es sei gut, dass die Inhalte des Entlassbriefs im Gesetz genau definiert sind. Denn wenn nur ein Aspekt fehlt, sei dies ein Gesetzesverstoß. Pundt forderte die verordnenden Krankenhausärzte auf, die Arzneimittelrichtlinien, die Therapiehinweise, den Hilfsmittelkatalog und den Heilmittelkatalog zu beachten. Dafür müssten die Ärzte geschult werden.
Wie die offiziellen Vertreter der Krankenhäuser das Entlassmanagement einschätzen, blieb beim Zwischenahner Dialog offen. Berend Groeneveld, Vorsitzender des LAV Niedersachsen, bedauerte als Gastgeber der Veranstaltung, dass kein Vertreter der Krankenhäuser einer Einladung zum Zwischenahner Dialog gefolgt sei.
Als Leiterin der Krankenhausapotheke am Klinikum Oldenburg berichtete Dr. Beate Jungmann-Klaar über die vielen Vorbereitungen der Krankenhäuser für das Entlassmanagement. Es seien schriftliche Standards erarbeitet und zertifizierte Verordnungssoftware sowie viele neue Drucker angeschafft worden. Beim Entlassmanagement könnten Apotheker auf Stationen sehr hilfreich sein. Doch Jungmann-Klaar beklagte, dass der Apotheker wohl der einzige akademische Beruf sei, der immer wieder beweisen muss, dass seine Tätigkeit sinnvoll ist. Was Apotheker für das Entlassmanagement tun können, zeige insbesondere ein Pilotprojekt der Apotheker am Klinikum Braunschweig. Das wichtigste Ziel dabei sei, den Hausarzt und die öffentliche Apotheke rechtzeitig über eine Entlassung zu informieren. Dazu werde der Medikationsplan vorab elektronisch übermittelt.
Offene Fragen der Apotheken
Eine solche vorherige Information der öffentlichen Apotheken ist der wesentliche Wunsch, den Dr. Rolf Bruns, Vorstandsmitglied des LAV Niedersachsen, zum Entlassmanagement äußerte. Denn typischerweise werden am Samstag ungängige N1-Größen benötigt, die rechtzeitig bestellt werden müssen. Praktische Probleme sieht Bruns derzeit insbesondere bei der Verordnungsmenge für Analgetika, nicht verfügbaren N1-Packungen, nicht über den Großhandel erhältlichen Arzneimitteln und formalen Fragen zu BtM- und T-Rezepten. Um klare und praxistaugliche Regeln zu finden, hofft Bruns auf ein Pilotprojekt mit der AOK Niedersachsen.
Drohende Wirtschaftlichkeitsprüfungen
Mehrere Referenten sprachen die Wirtschaftlichkeitsprüfungen für Entlassrezepte als große Unwägbarkeit an. Kasper und Pundt betonten, dass diese zwangsläufig auch zu den vertragsärztlichen Regeln gehören. Doka fürchtet, dass nach den ersten Prüfungen keine Verordnungen mehr ausgestellt werden, und forderte daher alle Beteiligten auf, im Gespräch zu bleiben. Jungmann-Klaar konstatierte, dass Krankenhausärzte an die Umsetzungshinweise der Krankenhausfinanzierung gewohnt seien, weshalb ihnen die Regeln der wirtschaftlichen Verordnung im ambulanten System kaum vermittelt werden könnten. Käser räumte ein, dass auch die Krankenkassen oft noch keine Antwort haben, denn dies sei ein lernendes System. Dies werde in der Einführungsphase durchaus berücksichtigt, aber es komme auf den jeweiligen Fehler an.
Technische Zukunftstrends und Visionen
Ob Themen wie das Entlassmanagement langfristig überhaupt noch relevant sein werden, erscheint jedoch keineswegs sicher. Denn der Trendforscher Sebastian Raßmann, Trendone, Hamburg, stellte eine Vision über das Leben in zehn Jahren vor: Kontaktlinsen übernehmen Funktionen von Smartphones, im Internet der Dinge ist nahezu alles miteinander vernetzt, Menschen und Gegenstände werden mit autonomen Fahrzeugen transportiert, Roboter sind als Ärzte tätig.
Das Auditorium diskutierte kritisch über die teilweise schockierenden Konzepte, bei denen Datenschutz und Selbstbestimmung ausgehebelt werden. Raßmann erwartet, dass der Staat für die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen sorgen werde, aber Kasper entgegnete, dass nicht etwa Deutschland, sondern die EU mit ihren neuen Datenschutzvorschriften gerade solche Entwicklungen bremsen wolle. |
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