Management

Die Datenflut bewältigen

Effizient lesen spart Zeit / Entscheidend sind die Leseziele

Die zunehmende Informationsflut belastet uns alle. Um das ­Lesepensum in den Griff zu kriegen und einen größeren ­Leserückstand zu vermeiden, braucht es ein wenig Systematik. Eine „Leseabwehr“ entsteht oft durch mangelnde Übersicht, was man wann lesen will. Feste Lesezeiten in ungestörter Umgebung sind ideal und schaffen „Lesefreude“. Von Rolf Leicher

Leserückstand geht uns auf die Nerven. Deswegen wird das Lesetempo erhöht, wie beim Autofahren, wenn man nach einem Stau am liebsten Tempo zulegt, um verlorene Zeit gutzumachen. Eine höhere Lesegeschwindigkeit („speed reading“) führt zur oberflächlichen Aufnahme des Textes, sodass man ihn zweimal lesen muss. Schnellleser sparen Zeit, überlesen aber Textstellen und vergessen Inhalte schnell. Je wichtiger der Text ist, desto geringer sollte das Lesetempo sein. Das Wort-für-Wort-Lesen einer Zeile entspricht der Schrittgeschwindigkeit beim Autofahren. Nachdenken über den Text erhöht das Einprägen und macht Kreativität möglich.

Primär kommt es auf die Lese­ziele an, wozu liest man: Um sich allgemein zu informieren? Um eine Entscheidung zu treffen? Ist das Thema besonders wichtig? Ist es wichtig und/oder eilig?

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Bevor man überrollt wird ... Egal ob digital oder auf Papier – es drängt immer mehr Lesestoff ins Leben. Effizientes Lesen hilft, der Flut Herr zu werden. Als Apothekenleiter gilt es auch zu entscheiden, wann welche Information ans Team weiterzugeben ist.

Mit Markierungen ­Prioritäten setzen

Schon beim ersten Lesen sollten wichtige Textstellen durch Markierungen oder handschriftliche Randbemerkungen hervorgehoben werden. Diese helfen, den Text für späteres Nachlesen vorzubereiten, sind Erinnerungsstützen für das zweite Lesen. Durch farbiges Markieren und handschriftliche Randbemerkungen wird der Text gleich bearbeitet, was zu einer Erleichterung der Lesewiederholung führt. Mit Markierungen setzt man Prioritäten, indem wichtige Stellen hervorgehoben und unwichtige in den ­Hintergrund geschoben werden. Markierungen helfen, einen Text zusätzlich zu strukturieren, erleichtern das Wiederfinden wichtiger Textstellen, fördern das sorgfältige Mitdenken und bessere Aufnehmen sowie Behalten. Die Zielsetzung heißt: Einerseits den Lesestoff schnell zu erfassen, andererseits nach der Lektüre zu wissen, um was es ging. Daher sind Markierungen beim ersten Lesen so wichtig, auch wenn dies nur zögernd anerkannt wird.

Beim „Vorwärtslesen“ erweitert der Leser seinen Blickwinkel, indem er zusammengehörende Worte zu Sinngruppen bündelt. Dadurch spart er die Anzahl der Sprünge, die das Auge macht, und erhöht das Lesetempo etwas. Wenn man von einer zur anderen Sinngruppe liest, steigert dies den Aktivitätsmodus des Gehirns. Bei der Lektüre kann man kognitive Fähigkeiten ausschöpfen, indem man sich auf Substantive und Verben konzentriert, Details werden ignoriert. Damit erfasst man den Sinn schneller und kennt die Kernaussage. So ist ein etwas ­höheres Lesetempo möglich, vor allem, wenn ein Text nicht gründlich gelesen werden muss. Schnellleser suchen nach Schlüsselwörtern und persönlichen Interessensgebieten.

Zeitaufwendig sind Regressionen, das heißt Rücksprünge der Augen zu Textstellen, an denen die Augen schon angehalten hatten. Grund hierfür ist meistens eine Unkonzentriertheit. Dabei sind Rücksprünge oft überflüssig, da das Gehirn die Informationen schon aufgenommen hat, nur noch mit der Verarbeitung etwas hinterherhinkt. Durch das Zurückspringen werden dem Gehirn die entsprechenden Textpassagen zweimal angeboten. Es registriert diese Stellen als bekannt und schaltet kurzzeitig ab. Häufig verpasst es dann jedoch die Stelle, an der es mit neuem Inhalt weitergeht, sodass hier die nächste Regression nötig ist, um die In­formationen aufzunehmen.

Das Verändern eingespielter Lesegewohnheiten braucht intensives Training. Der versierte Leseprofi nutzt spezielle Lesestrategien – nähere Informationen dazu finden sich im Internet (s. Kasten „Schneller lesen mit der App“).

Schneller lesen mit der App

Die Stiftung Warentest hat ­verschiedene Lesetrainings getestet, die Ergebnisse finden sich unter test.de, Stichwort Lesetrainings.

Als gute und günstige Möglichkeit empfiehlt die Stiftung Warentest die App Heku IT für 3,49 Euro.

Mit dem „selektiven Lesen“ wird nach Prioritäten entschieden: Was ist eilig, was ist wichtig? Informationen müssen schnell griffbereit sein, d. h. so abgelegt werden, dass man sie bei Bedarf gleich findet und Sucharbeiten dadurch vermeidet oder verkürzt. Oft sind Inhalte erst später interessant. Mit einem guten Ablagesystem hat der Leser die Lektüre dann parat, wenn sie aktuell wird.

Ablenkungen sind der größte ­Störer bei der Textaufnahme, so beim „Multitasking“, wenn man beispielsweise liest und gleichzeitig ein Gespräch zwischen dem Mitarbeiter und einem Kunden verfolgt. Volle Konzentration wird durch „Monotasking“ erreicht. Wohlbefinden fördert die Informationsaufnahme. Wer Abwechslung beim Lesen möchte, liest ­gelegentlich im Stehen. Vielleser haben gute Erfahrung mit Stehpulten, die bei kurzer Lektüre (10 bis 15 Minuten) benutzt werden. Beim Stehen ändern sich der Kreislauf und die Atmung des Lesers. Zudem gilt: Wer länger liest, braucht eine optimale Beleuchtung.

Lichtpausen fördern die Konzentration

Wenn die Augen müde sind und man sich nicht mehr auf das Lesen konzentrieren kann, macht man eine kurze Lichtpause. Man hält die zu zwei Schalen geformten Handflächen vor die Augen und dichtet auch alle Ritzen nach außen mit den Händen ab. Dann öffnet man die Augen weit und schaut eine Weile ins Schwarze. Man atmet ruhig und tief weiter und achtet darauf, dass man den ganzen Körper in einer angenehmen Position hält.

Bei der Informationsaufnahme gibt es den Detailleser, der kleine Informationseinheiten besser aufnimmt, ins Detail geht und kürzere Sequenzen verarbeitet. Andere zählen zu den Überblicklesern, die zuerst auf einen Überblick Wert legen und das Gesamtbild der Informationen erfassen möchten. Sie verarbeiten große Informationseinheiten und gehen ungern gleich ins Detail.

Lesen: Zahlen, Daten, Fakten

  • Im Leistungshoch erhöht sich die Lesefreude um bis zu 50 Prozent.
  • Kurze verständliche Texte ermöglichen ein um 30 Prozent höheres Lesetempo.
  • Ab ca. 30 Minuten Lesen am Stück sinkt die Aufmerksamkeit um ca. 15 Prozent.
  • Lesezeiten sollten möglichst nicht unterbrochen werden.

Informationen bewerten und weiterleiten

Beim Apothekenleiter laufen viele eingehende Informationen zusammen: Fachzeitschriften, Mails, Prospekte, Produktinfos, Werbepost. Mitarbeiter müssen über wichtige Sachverhalte gut informiert und mit ihrem Kenntnisstand auf dem Laufenden sein. Nicht vom Chef informiert zu werden, drückt Gleichgültigkeit und Geringschätzung aus, auf die das Team nicht positiv reagiert. Informationen geben dem Team Sicherheit, erhöhen die Motivation und zeigen auch Wertschätzung des Apothekenleiters.

Zu unterscheiden sind Muss- und Kann-Informationen. „Muss-Informationen“ sind sehr wichtig und aktuell, sie erfordern ein zeitnahes Handeln. Nichtbeachtung würde den Betriebserfolg gefährden. Meist müssen auch die Mitarbeiter von diesen Informationen Kenntnis erhalten. „Kann-Informationen“ haben zwar auch eine Bedeutung, es besteht aber wegen geringerer Aktualität kein sofortiger Handlungsbedarf. Sie beeinflussen den Arbeitsprozess nicht unmittelbar. Mitarbeiter werden wegen der Gefahr des Overkills an Informationen nicht in vollem Umfang informiert. Dabei ist das Informationsbedürfnis der Mitarbeiter durchaus widersprüchlich: Einerseits besteht Interesse an (Fach-)Informationen, andererseits kann aufgrund der großen Datenflut ein Abwehrverhalten einsetzen.

Die Mitarbeiter interessieren sich nicht nur für neue Medikamente, sie wollen über Trends unterrichtet werden, damit sie heute wissen, was morgen aktuell sein kann. In unserer schnelllebigen Zeit muss der Wissensstand immer aktualisiert werden. Daher gehört es zur Führungsaufgabe des Apothekenleiters, Wissen ­aktiv weiterzugeben und nicht für sich zu behalten. |

Dipl.-Betriebswirt Rolf Leicher,
­Fachautor und Referent, Heidelberg,
autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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