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Gesundheitspolitik
Kommentar: Der Mut des Zauberlehrlings
Kaum hat der Deutsche Ärztetag den Wunsch von Bundesgesundheitsminister Spahn erfüllt und den Weg für die ausschließliche Fernbehandlung geebnet, zeigt ein ausländischer Konzern Interesse, sich auf dem deutschen Markt zu betätigen: Der Schweizer Telemedizinanbieter Medi24 hat angekündigt, sich in Deutschland zu engagieren, und darauf verwiesen, dass es bereits „seit einiger Zeit vermehrt Anfragen von deutschen Krankenversicherern“ gebe, die seine Erfahrung nutzen möchten (siehe Artikel "Medi24 in den Startlöchern").
Zwar hat der Ärztetag in einer Entschließung ausdrücklich gefordert, dass kapitalorientierte Gesellschaften im vertragsärztlichen Sektor nicht in Konkurrenz zu Vertragsärzten treten dürfen. Ob dies in Berlin wahrgenommen wird, steht indes auf einem anderen Blatt.
Dabei ist vieles denkbar, schließlich haben die Krankenkassen schon immer reichlich Fantasie bewiesen, wenn es um Kosteneinsparungen bei den Leistungserbringern geht. So könnten beispielsweise Versicherte niedrigere Beiträge bezahlen, wenn sie sich verpflichten, im Krankheitsfall zunächst einmal das Callcenter und erst auf Anraten des dortigen „Behandlers“ den niedergelassenen Arzt zu konsultieren.
Es wird sich zeigen, ob der Mut der Ärzte, der ausschließlichen Fernbehandlung zuzustimmen, damit belohnt wird, dass ihre Wünsche bei der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen erfüllt werden. Oder ob es ihnen am Ende wie dem Zauberlehrling geht, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wird. Und sie ohnmächtig zusehen müssen, wie ihnen aus der Zusammenarbeit von Versicherungen und Callcentern eine übermächtige Konkurrenz erwächst.
Dr. Christine Ahlheim
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