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Beratung
Klein, aber gemein
Aphthen vorbeugen und behandeln
Aphthen sind meistens etwa linsengroße, häufig flüssigkeitsgefüllte Bläschen, die von einem roten Wundrand umgeben sind. Es handelt sich um kleine Geschwüre (Ulzerationen), die als Reaktion auf einen immunologischen oder infektiösen Reiz an verschiedenen Stellen der Mundschleimhaut entstehen können. Der rote Hof zeigt die beteiligte Entzündung an. Treten Aphthen episodisch immer wieder auf, spricht man von einer chronisch-rezidivierenden Aphthose. Sie hat eine Prävalenz von 2 – 10% der Bevölkerung. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Die kleineren Varianten, die sogenannten Minor-Aphthen, die in etwa 80% der Fälle auftreten, sind etwa linsengroß und heilen innerhalb von wenigen Tagen spontan und narbenlos ab. Größere, sogenannte Major-Aphthen haben einen Durchmesser von bis zu 3 cm und imponieren mit einem ulzerösen Prozess, der bis in tiefere Hautschichten hinunterreicht. Deren Heilungsverlauf dauert länger, teilweise bis zu Wochen, und hinterlässt meist auch eine Narbe.
Aphthen sind sehr schmerzhaft. Essen, Trinken, Sprechen, eigentlich jede Bewegung des Mundes verursacht Schmerzen, die für den Moment das Leben unseres Patienten sehr beeinträchtigen. Die Schmerzstärke ist dabei weniger von der Größe der Aphthe abhängig als von ihrer genauen Lokalisation.
Eine genaue Ursache kennt man nicht
Es ist bis heute ungeklärt, welche konkreten Ursachen Auslöser für Aphthen sind. Allerdings ist eine Anzahl von Faktoren bekannt, die das Entstehen von derartigen Schleimhautläsionen begünstigen können:
Man geht von einer familiären Häufung aus, die auch genetisch bedingt ist.
Mechanische Verletzungen der Mundschleimhaut durch grobkantige, stückige Nahrungsmittel (immer gut kauen!), zu heiße Speisen oder durch zu harte Zahnbürsten können den Grundstein für Schleimhautläsionen legen.
Verletzungen durch schlecht sitzende Prothesen oder Zahnspangen stellen eine mögliche Infektionsquelle dar, ebenso eine schlechte Mundhygiene allgemein.
Ein Mangel an Vitamin B12 , Eisen, Zink und/oder Folsäure wird als Risikofaktor angesehen, außerdem Stresssituationen und Belastungen des Immunsystems (grippale Infekte, schlechter Ernährungs- und Allgemeinzustand, chronische Erkrankungen).
Bei Patienten mit Nahrungsmittelallergien können Aphthen als Folge einer Immunreaktion auftreten. Dieses Phänomen wird häufig bei Patienten mit Zöliakie nach dem Verzehr glutenhaltiger Lebensmittel beobachtet.
Auch andere Nahrungsmittel, für die häufig Überempfindlichkeiten vorliegen, können Aphthen begünstigen: saure oder scharf gewürzte Speisen, Kaffee, Schokolade, Tomaten, Erdbeeren, Nüsse, Hartkäse – dies alles sind Lebensmittel, die häufig zu einer Histaminose führen.
Patienten, die unter chronisch entzündlichen Darmerkrankungen leiden, klagen häufiger über das Auftreten von Aphthen.
Bestimmten Chemikalien, z. B. dem Tensid Natriumlaurylsulfat in Zahnpasten, wird nachgesagt, die Entstehung von Aphthen zu triggern. Ein wissenschaftlicher Nachweis dafür fehlt bisher.
Ein weiterer möglicher Auslöser für Aphthen ist die Mundtrockenheit (Xerostomie). Sie tritt vor allem bei älteren Patienten auf und ist eine häufige Nebenwirkung verschiedener Medikamente: Anticholinergika, Antidepressiva, Antihypertonika u. a. Die physiologische Schutzwirkung des Speichels, die Mundschleimhaut zu befeuchten und mit einem Proteinfilm zu überziehen, ist bei Xerostomie nur noch eingeschränkt vorhanden. Somit wird die Mundschleimhaut anfälliger für Verletzungen und Infektionen.
Auf die häufig als Nebenwirkung einer Chemo- oder Strahlentherapie auftretende Mukositis soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden.
Kleine Bläschen im Mund bei Kindern
Kinder im Alter von zehn Monaten bis drei Jahren erkranken häufig an der sogenannten Mundfäule (Stomatitis aphthosa). Diese ist eine Viruserkrankung, ausgelöst durch Herpes simplex Typ 1. Sie äußert sich ebenfalls in einer starken Entzündung der Mundschleimhaut und vielen sehr kleinen weißen Bläschen, auch bekannt als Lippenherpes. Begleitet wird die Erkrankung durch hohes Fieber. Die angeschwollene Mundschleimhaut verursacht so starke Schmerzen, dass die kleinen Patienten oft Essen und Trinken verweigern. Zur Schmerzlinderung eignen sich die in Tabelle 2 genannten Präparate. Mundfäule ist im Unterschied zu Aphthen sehr ansteckend. Familienmitglieder sollten sich durch konsequente Hygiene (kein gemeinsames Besteck und Geschirr, keine gemeinsamen Hand- oder Taschentücher benutzen usw.) vor einer Infektion schützen.
Akutbehandlung: weiches Essen, Mund desinfizieren, Schmerzen bekämpfen
Um jede weitere Reizung der entzündeten Mundschleimhaut zu vermeiden, stehen folgende diätetischen Maßnahmen an erster Stelle:
- Keine heißen Speisen und Getränke verzehren und auch keine Speisen von harter Konsistenz.
- Keine sauren, salzigen oder stark gewürzten Lebensmittel („Thaiküche“, Zitrusfrüchte) essen.
- Verzicht auf alkoholische und kohlensäurehaltige Getränke.
Ideal sind weiche, lauwarme oder auch kalte (kühlende!), mild gewürzte Speisen wie Pudding, Eis, Kartoffel- oder Gemüsepüree und kalte Getränke.
Hygiene ist wichtig
Nach dem Essen sollte der Mund sehr gut ausgespült werden, um Essensreste zu entfernen und ein sauberes Wundmilieu zu schaffen. Dafür stehen verschiedene Mundspüllösungen zur Verfügung (Tab. 1).
Wirkstoff |
Wirkung |
Präparate (Beispiele) |
---|---|---|
Benzydamin |
antiseptisch, schmerzlindernd, lokalanästhetisch |
Tantum® Verde als Lösung oder Spray |
Chlorhexidin |
antiseptisch, antibakteriell |
Chlorhexamed® Lösung oder Spray |
Salbeitee |
desinfizierend, heilungsfördernd, adstringierend |
(aus Salbeiblättern selbst zubereiten) |
Pflanzenextrakte*, z. B. von: Salbei, Myrrhe, Pfefferminz, Ratanhia, Gewürznelke, Teebaumöl |
adstringierend, heilungsfördernd, Kräftigung des Zahnfleischs |
Salviathymol®, Myrrhetinktur,
Ratanhia comp. Weleda® Lösung,
Wala® Mundbalsam flüssig
|
* Anwendung: jeweils einige Tropfen auf einen Becher Wasser geben, mit dieser Lösung den Mund spülen. Ätherische Öle nicht unverdünnt anwenden! |
Schmerzen bekämpfen, Wunde behandeln
Zur Linderung der Schmerzen stehen vor allem Präparate zur Verfügung, die einen lokalanästhetischen Wirkstoff enthalten. Sie werden zumeist lokal appliziert, d. h. direkt auf das Bläschen aufgetragen (Tab. 2). Dazu benutzt man entweder ein Wattestäbchen oder ausnahmsweise die saubere Fingerkuppe. Das pflanzliche Mittel Pyralvex® enthält zur Applikation einen Pinsel.
Wirkstoff |
Präparat |
---|---|
Lidocain, teilweise kombiniert mit Salbei- und Kamillenextrakt |
Dynexan® Gel
Infectogingi® Gel
Parodontal® Mundsalbe
Kamistad® Gel
|
Polidocanol |
Recessan® Salbe |
Hämodialysat aus Blut vom Kalb, Polidocanol |
Solcoseryl® akut Paste |
Rhabarberwurzelextrakt und Salicylsäure |
Pyralvex®
|
Eine weitere Option, die Schmerzen zu lindern, ist das Abdecken des schmerzenden Bläschens. Dafür steht als Mund-Wundpflaster eine Lösung von Harzen (Myrrhe, Benzoe, Kolophonium) zur Verfügung (Legased® natur). Sie wird auf die zuvor getrocknete Stelle (sauberes Taschentuch oder Wattestäbchen) aufgebracht (mit einem zweiten Wattestäbchen). Durch kurzes Ausspülen mit Wasser wird die Bildung des elastischen Schutzfilms beschleunigt, der die Wunde verschließt und so vor mechanischen und chemischen Reizen schützt. Danach sollte der Patient einige Stunden lang nichts essen.
Ähnlich funktioniert die filmbildende Lösung Urgo® Aphthen. Auch BloXaphthe® auf Hyaluronsäurebasis legt einen schützenden Film über das Bläschen (verfügbar als Spray, Gel oder Lösung). Hyaluronsäure fördert außerdem die Zellerneuerung und kann so den Heilungsprozess beschleunigen.
Warnung vor Chlorhexidin
Für den Wirkstoff Chlorhexidin wurde ganz aktuell von der FDA eine Warnung ausgesprochen, dass er schwere allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock auslösen kann [2]. Jeder Patient sollte auf dieses Risiko hingewiesen werden. Im Beratungsgespräch sollte immer erfragt werden, ob der Wirkstoff in der Vergangenheit schon einmal verwendet und vertragen wurde (auch wenn das keine Garantie für Unbedenklichkeit ist).
Für besonders starke Beschwerden stehen mit Aftab® cortisonhaltige Hafttabletten zur Verfügung (anwendbar ab einem Alter von 16 Jahren). Sie enthalten den Wirkstoff Triamcinolonacetonid in einer quellfähigen Matrix. Durch das Anheften auf die Schleimhautläsion mittels eines befeuchteten Fingers und unter dem Einfluss des Speichels quillt die Matrix auf und bildet auf der Mundschleimhaut einen elastischen Film, der die Läsion abdeckt und den Wirkstoff zielgerichtet am Ort der Entzündung freisetzt. Die übliche Dosierung beträgt ein bis zwei Hafttabletten pro Tag. Auf sehr große Aphthen dürfen maximal drei Hafttabletten aufgebracht werden.
Oralmedic® Applikatoren enthalten u. a. Sulfonate und Schwefelsäure. Beim Betupfen der betroffenen Stelle wird das ulzeröse Gewebe regelrecht verätzt, sodass sich das nekrotisierte Gewebe ablöst. Es entsteht eine Wundkruste, die wiederum wie ein Pflaster wirkt; in der separierten Wunde läuft der Heilungsprozess beschleunigt ab. Eine einmalige Anwendung ist ausreichend. Nachteil dieser Behandlung ist jedoch die wirklich starke Schmerzentwicklung nach dem Betupfen der Aphthe.
Verzicht auf SLS
Der Verzicht, Zahnpasten mit Natriumlaurylsulfat (kurz SLS für Sodium Lauryl Sulfate) zu verwenden, lohnt sich für alle Patienten, die Chlorhexidin-Präparate zur Keimzahlverminderung im Mund verwenden, entweder als Mundspüllösung oder auch als Gel. SLS inhibiert Chlorhexidin, weswegen ein zweistündiger Abstand zwischen den Anwendungen eingehalten werden müsste [1]. Das ist wenig praktikabel. Zahncremes ohne SLS gibt es in der Apotheke, z. B. Elmex®, Zendium®, Curaprox®.
Vorbeugung: eine gute Mundhygiene
Patienten, die häufig unter Aphthen leiden, können mit einer guten Mundhygiene die Häufigkeit des Auftretens vermindern. Eine regelmäßige Anwendung von desinfizierenden und mundschleimhautstärkenden pflanzlichen Mundwässern sowie die Verwendung einer weichen Zahnbürste sind erste Maßnahmen auf dem Weg zu einem „blasenfreien“ Mund. |
Literatur
[1] Scholz V. Parodontitis: Wechselwirkung von Chlorhexidin und Schaumbildner in Zahnpasten beachten; www.zmk-aktuell.de, 3. Dezember 2009
[2] Anaphylaxie: FDA warnt vor Allergien auf Chlorhexidin; www.aerzteblatt.de, 6. Februar 2017
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