Ausbildung

Positiv überrascht

Prof. Dr. Theodor Dingermann, Frankfurt

Voranschicken möchte ich, dass ich als entpflichteter Hochschullehrer den Diskussionsprozess um eine Ausbildungsanpassung interessiert beobachte, mich jedoch nicht in den Prozess einmische. Aus diesem Grund will ich das Thesenpapier auch nicht bewerten, jedoch gerne knapp kommentieren.

So muss ich gestehen, dass mich dieses Thesenpapier wirklich positiv überrascht hat. Es ist originell, durchaus kreativ und in den Forderungen so dosiert, dass eine realistische Chance bestehen sollte, etliche der vorgeschlagenen Anpassungen im Rahmen der aktuellen Approbationsordnung umzusetzen. Bemerkenswert ist, dass das Thesenpapier eine empirische Genese hat. Dies ist keineswegs selbstverständlich. Oft werden solche Papiere von einigen wenigen „Funktionären“ erarbeitet. Hier wurde nach Befragung der Basis deren Votum ehrlich und fair zusammengefasst und geordnet.

Natürlich und völlig legitim ist der Absender dieses Thesenpapiers erkennbar, der, wie das Papier auch hervorhebt, nur einer von drei relevanten Stakeholdern ist. Dennoch wirkt das Thesenpapier alles andere als stereotyp. Vielmehr ist es in großen Teilen originell und auf der Höhe der Zeit. Keineswegs wird „nur“ ein Mehr an „praxisrelevanter Ausbildung“ artikuliert, sondern es werden auch Zusatzkompetenzen eingefordert, die erfrischend überraschen. Dazu zähle ich beispielsweise die Forderung nach ­einem Angebot an (freiwilligen) Lehrveranstaltungen zu wissenschaftlichem Englisch.

Es liegt in der Natur der Sache, dass alle Punkte eines „Thesenpapiers“ diskussionswürdig sind und mit Sicherheit auch von den Stakeholdern in dem anstehenden Abstimmungsprozess fair diskutiert werden. Allerdings kann ich mir kaum vorstellen, dass eine realistische Chance auf eine Verlängerung des Studiums besteht, auch wenn dieser Wunsch der Studierenden hier gut begründet und wohl auch notwendig wäre, sollten die Forderungen dieses Papiers in der Mehrheit umgesetzt werden. Vorsichtig warnen möchte ich vor der Forderung, das zweite Staatsexamen stärker zu harmonisieren. Im Extremfall führt das in die Richtung der Systematik des 1. Staatsexamens. Ob das gewollt ist, wage ich zu be­zweifeln. Der gute Grundsatz „Wer prüft muss auch lehren“, auf den im 1. Staatsexamen vollkommen verzichtet wird, hat gerade auch für die Studierenden einen nicht zu unterschätzenden Wert. |

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