Die Seite 3

Gefundenes Fressen

Dr. Armin Edalat, Chefredakteur der DAZ

Nun machen die Spekulationen um das Honorargutachten auch in den Tageszeitungen die Runde. Vor einer Woche konnte man in der Bild-Zeitung lesen, dass die Apotheker anscheinend 1,1 Milliarden Euro zu viel kassieren würden. Zum Wochenende dann tauchten immer mehr Berichte auf, die weitere vermeint­liche Details des Papiers präsentierten. Bei näherer Betrachtung dieser „Leaks“ stellt man jedoch fest, dass die Inhalte und Zahlen nicht mehr dem aktuellen Stand des Gutachtens entsprechen können. Darüber hinaus entpuppen sich viele Deutungen als widersprüchlich oder fehlerhaft.

Solange sich das zuständige Bundeswirtschaftsministerium nicht äußert und einer Veröffentlichung nicht zustimmt, lassen sich keine Ergebnisse und erst recht keine Konsequenzen für die Zukunft ableiten.

Was uns das Honorargutachten aber schon jetzt beschert, ist ein äußerst negatives Medienecho. Auffallend ist, dass vor allem in den Zeitungen der DuMont Mediengruppe, wie dem Kölner Stadt-Anzeiger, der Berliner Zeitung und der Frankfurter Rundschau (FR), ein Journalist zu einem Rundumschlag gegen die Apothekerschaft ausholt. Timot Szent-Ivanyi hält offenbar nicht viel von inhabergeführten Apotheken. In seinen Beiträgen auf diesem Gebiet scheinen die Grenzen zwischen Information und Meinung oftmals zu verschwimmen: Den rechtswidrigen Arzneimittelautomaten in Hüffenhardt nannte er beispielsweise einen „Kunstgriff, um dem Gesetz zu genügen“ (FR, 15.06.2017). Das Interview mit DocMorris-Vorstand Olaf Heinrich wäre in einer Unternehmensbroschüre besser aufgehoben (FR, 24.02.2017). Und sein Zusammentreffen mit ABDA-Präsident Friedemann Schmidt liest sich wie ein Er­lebnisbericht aus den Sümpfen der organisierten Kriminalität (Naumburger Tageblatt, 14.08.2015).

Für Szent-Ivanyi sieht die Zukunft der Apothekenhonorierung wie folgt aus: Eine Umverteilung des Geldes von reichen Stadtapotheken zu armen Landapotheken soll es richten. Die Erklärung, woran man reich und arm erkennt, bleibt er den Lesern schuldig, genau so, was Stadt und Land ist und wer dafür sorgt, dass alles umverteilt wird. Und überhaupt scheint Szent-Ivanyi zu ignorieren, dass sich das aktuelle Honorar nicht aus der Lage, sondern der erbrachten Leistung ergibt. Die Inhaber von Zytostatika herstellenden oder klinikversorgenden Apotheken mögen durchaus beeindruckende Betriebsergebnisse vorweisen – verbunden sind diese aber mit höheren Investitions- und Instandhaltungskosten sowie dem größeren unternehmerischen Risiko. Beim geforderten System müssten Apotheken aber nicht mehr unter ökonomischen Aspekten betrieben werden. Es wäre ein deutlicher Schritt weg vom eigenverantwortlich agierenden und persönlich haftenden Freiberufler hin zu einer Verstaatlichung der Arzneimittelversorgung.

Und das alles, um den Versandhandel mit Arzneimitteln (aus dem Ausland) letztendlich doch zu erhalten?

Es darf stark bezweifelt werden, inwiefern die Verfasser solcher Artikel überhaupt die Absicht haben, der ­Leserschaft eine komplexe Materie wie das Apothekenhonorar zu vermitteln. Im Endeffekt erzeugen solche Artikel mit „Milliarden Euro zu viel“ im Titel und einem Foto vom roten Apotheken-A eine Stimmung, die für alle Gegner der persönlichen Arzneimittelversorgung vor Ort ein gefundenes Fressen ist.


Armin Edalat

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