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Arzneimittel und Therapie
Zu viele Opioide bei akutem Schmerz?
Über Abhängigkeitsgefahr und mögliche Alternativen
In den USA kämpft man aktuell gegen eine ernstzunehmende Epidemie von Opioid-Abhängigkeit. Wie eingangs erwähnt, war seit dem Jahr 2000 ein 200%iger Anstieg an tödlichen Opioid-Überdosierungen zu verzeichnen. Im Jahr 2015 kam es zu rund 52.400 Todesfällen nach Überdosierungen, von denen 63,1% auf Opioide zurückzuführen waren. Die langfristige Einnahme von Opioiden beginnt oft mit der Behandlung von akuten Schmerzen. Obwohl eine kurzzeitige Einnahme in den meisten Fällen ausreichend wäre, kommt es häufig zu Folgeverordnungen mit erhöhten Dosierungen. Auch in Notaufnahmen erhöhte sich die Verschreibung von Opioid-Analgetika in den USA zwischen 2001 und 2010 von 20,8% auf 31%. Generell basiert die Behandlung von akuten Schmerzen in der Notaufnahme vor allem auf Erfahrung und Gewohnheit. Die klinische Evidenz hinsichtlich der Auswahl des Schmerzmittels (Opioid- versus Nicht-Opioid-Analgetika) ist eher dürftig. Das National Institute of Health hat kürzlich einige Maßnahmen genannt, die die Opioid-Epidemie in den USA bekämpfen sollen. Diese Maßnahmen richten sich in erster Linie an Personen, die bereits abhängig sind. Mindestens genauso wichtig ist aber die Prävention, das heißt die Vermeidung neuer Opioid-Abhängiger. Insgesamt sollte jedenfalls die Anzahl der Opioid-Verordnungen reduziert werden und durch entsprechende therapeutische Alternativen ersetzt werden.
In einer aktuellen klinischen Studie wurde nun untersucht, ob die Kombination aus Ibuprofen und Paracetamol eine wirksame Alternative zu Opioid-Analgetika bei akutem Schmerz sein könnte. Die randomisierte klinische Studie wurde mit 416 Patienten in zwei Notaufnahmen in New York durchgeführt. Die Probanden litten unter mittleren bis starken akuten Schmerzen in den Extremitäten und waren durchschnittlich 37 Jahre alt.
Die Patienten wurden in vier Gruppen aufgeteilt und erhielten als Therapie entweder 400 mg Ibuprofen + 1000 mg Paracetamol, 5 mg Oxycodon + 325 mg Paracetamol, 5 mg Hydrocodon + 300 mg Paracetamol oder 30 mg Codein + 300 mg Paracetamol. Als Zielparameter wurde die Abnahme der Schmerzintensität nach zwei Stunden definiert, die anhand einer elfstufigen Skala eingestuft wurde.
Der Baseline-Score betrug 8,7 Punkte. Nach zwei Stunden nahm dieser Score in der Ibuprofen/Paracetamol-Gruppe um 4,3 ab, in der Oxycodon/Paracetamol-Gruppe um 4,4, in der Hydrocodon/Paracetamol-Gruppe um 3,5 und in der Codein/Paracetamol-Gruppe um 3,9. Somit war zwischen der Ibuprofen/Paracetamol-Gruppe und den drei Opioid/Paracetamol-Gruppen kein statistisch signifikanter und klinisch relevanter Unterschied hinsichtlich einer akuten Schmerzreduktion feststellbar. Weitere Studien zur Dosisfindung, Nebenwirkungen und langfristiger Schmerztherapie müssen folgen, um eine klare Empfehlung aussprechen zu können. Fürs Erste lässt sich aber bereits ableiten, dass die Kombination aus Ibuprofen und Paracetamol vermutlich durch additive analgetische Effekte eine durchaus wirksame Alternative zu Opioiden darstellt. Gerade für Patienten, bei denen ein erhöhtes Risiko für eine Abhängigkeit zu erwarten ist (z. B. starke Raucher, Alkoholkranke, Angststörungen und andere psychische Erkrankungen), ist diese Kombination sinnvoll. |
Quelle
Chang AK et al. Effect of a Single Dose of Oral Opioid and Nonopioid Analgesics on Acute Extremity Pain in the Emergency Department. JAMA 2017; 318 (17), 1661-1667; doi: 10.1001/jama.2017.16190
Kyriacou DN. Opioid vs Nonopioid Acute Pain Management in the Emergency Department. JAMA 2017; 318 (17), 1655-1656
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