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Warnung vor Fluorchinolonen

Die „Tagesthemen“ mahnen die unkritische Verordnung der Antibiotika-Klasse an

cm/ms | Die unerwünschten Nebenwirkungen von Fluorchinolonen stehen schon länger im Fokus. Daher raten auch die Überwachungsbehörden zu einer restriktiven Verordnung der Substanzklasse. Nun warnen auch die „Tagesthemen“ vor Fluorchinolonen. Immer noch sei es so, dass Ärzte die Antibiotika zu unkritisch verordnen.

In einem Beitrag der „Tagesthemen“ vom 1. November warnen Ärzte, eine betroffene Patientin und das „Arzneitelegramm“ vor Fluorchinolonen – speziell vor Ciprofloxacin. Eine 35-jährige Patientin erhielt das Antibiotikum zunächst gegen eine Harnwegsinfektion, dann gegen eine Sinusitis. Seither leide sie seit anderthalb Jahren an „Erschöpfung, Schwindel, Schmerz“, sei arbeitsunfähig und habe mehrere Klinikaufenthalte hinter sich.

Foto: ARD / Screenshot: DAZ
Antibiotika unter Verdacht  Ein derzeit laufendes Risikobewertungsverfahren soll die unerwünschten Nebenwirkungen der Fluorchinolone evaluieren.

Im Prinzip müsse jeder Arzt über das Nebenwirkungspotenzial der Fluorchinolone Bescheid wissen – man warne seit 30 Jahren vor der antibiotischen Wirkstoffklasse, erklärt Wolfgang Becker-Brüser vom „Arzneitelegramm“.

Der Beitrag geht auf die „lange Liste der Nebenwirkungen im Beipackzettel“, teilweise mit Warnhinweisen, bei Fluorchinolonen ein – deswegen sollten die Reserveantibiotika nur verordnet werden, wenn andere Wirkstoffe wirkungslos gewesen seien. Dies scheine vielen Ärzten nicht klar zu sein, so der Bericht. Tatsächlich sind Fluorchinolone die am vierthäufigsten verordnete Substanzklasse.

Alternativen zu Cipro & Co.

Fluorchinolone werden bei Sinusitis, akuten Exazerbationen bei COPD und Harnwegsinfekten eingesetzt. Welche alternativen Antibiotika und Therapien es gibt, lesen Sie in unserer Serie auf DAZ.online.

Risikobewertung läuft

Die im Beitrag erwähnten Neben­wirkungen der Fluorchinolone sind durchaus nicht unkritisch.

Daher hat der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) bei der EMA auf Drängen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Februar dieses Jahres ein Verfahren zur erneuten Risikobewertung von Fluorchinolonen eingeleitet. Insbesondere will das PRAC die „Persistenz“ aufgetretener unerwünschter Nebenwirkungen evaluieren. Ergebnisse zum laufenden Risikobewertungsverfahren des PRAC liegen derzeit nicht vor. Die EMA schränkt die Indikation ebenfalls ein, auf ernste, lebensbedrohliche bakterielle Infektionen. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA zielt auf ein restriktiveres Verordnungsverhalten der Ärzte bei Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin und Ofloxacin in den Indikationen Sinusitis, akute Exazerbationen einer chronischen Bronchitis und unkomplizierten Harnwegsinfektionen. Insbesondere bei diesen bakteriellen Erkrankungen sieht die FDA eine Fluorchinolon-Therapie wohl in keinem vertretbaren Verhältnis zu den Nebenwirkungen, wenn es wirksame Alternativen gibt. |

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