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Arzneimittel und Therapie
Erhalten Nahrungsergänzungsmittel das Sehvermögen?
Lutein, Zeaxanthin und Omega-3-Fettsäuren können einer AMD nicht vorbeugen
Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) führt zur Degeneration der Fotorezeptoren der Makula, dem Bereich der menschlichen Netzhaut mit der größten Dichte an Sehzellen. Somit erleiden AMD-Patienten einen Sehverlust im zentralen Gesichtsfeld. Die altersabhängige Makuladegeneration ist nicht heilbar. Nur eine frühzeitige Diagnose ermöglicht es, rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Vorbeugung durch Erhöhung der Makulapigmentdichte?
Die Pigmentschicht der Netzhaut schützt die Makula vor Photooxidation. Lutein und Zeaxanthin sind die wichtigsten Bestandteile des makulären Pigments [1]. Vorausgehende randomisierte klinische Studien zeigten erhöhte Konzentrationen von Lutein und Zeaxanthin im Plasma und der Retina nach entsprechender Nahrungsergänzung bei Patienten mit früher altersabhängiger Makuladegeneration [2] und bei Frauen zwischen 60 und 80 Jahren [3]. Neben Risikofaktoren, wie hohem BMI, Rauchen, Diabetes oder Dyslipidämie, haben erblich vorbelastete Personen ein höheres Risiko, eine AMD zu entwickeln [4, 5]. Daher führten Korobelnik et al. die randomisierte LIMPIA-Studie (Lutein Influence on Macula of Persons Issued From AMD Parents) bei Nachkommen der ersten Generation von Personen mit neovaskulärer (feuchter) AMD durch [6]. An dieser Studie nahmen 120 Probanden teil. Die Studienteilnehmer wurden randomisiert, um entweder zweimal täglich Kapseln, die 5 mg Lutein, 1 mg Zeaxanthin, 90 mg Vitamin C, 15 mg Vitamin E, 7,5 mg Zink, < 0,5 mg Kupfer, 0,5 mg Resveratrol und 33 mg Fischöl enthielten, oder Placebo einzunehmen.
Das mittlere Alter der Studienteilnehmer betrug 56,7 (± 6,6) Jahre, und 71,7% der Studienteilnehmer waren weiblich. Es wurde ein statistisch signifikanter Anstieg im Lutein- und Zeaxanthin-Plasmalevel in der Verum-Gruppe nach drei und sechs Behandlungsmonaten beobachtet. Jedoch gab es keinen Unterschied hinsichtlich der Zunahme der optischen Makulapigmentdichte (MPOD; macular pigment optical density) zwischen beiden Gruppen vom Behandlungsbeginn bis zum -ende sechs Monate später (0,036 [95%-KI; -0,037 bis 0,110; p = 0,33]).
Produkt |
empfohlene Tagesdosis |
Hauptbestandteile (Angabe pro Kapsel bzw. Tablette) |
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Vitamin C |
Vitamin E |
Zink |
Kupfer |
Lutein |
Zeaxanthin |
Omega-3-Fettsäuren |
sonstiges |
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CentroVision® AMD
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3 Kapseln |
200 IE |
10 mg |
1 mg |
15 mg |
0,75 mg |
339 mg |
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CentroVision® AMD Premium
|
2 Tabletten |
500 mg |
200 IE |
25 mg |
1 mg |
15 mg |
2,3 mg |
– |
Rote-TraubenExtrakt
Dreischichttablette → Freisetzung über mehrere Stunden
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CentroVision®Lutein forte
|
1 Kapsel |
60 mg |
20 IE |
10 mg |
0,25 mg |
14 mg |
1,04 mg |
162 mg |
Vitamin B3
|
CentroVision® AMD Omega 3
|
3 Kapseln |
180 mg |
46 IE |
20 mg |
1 mg |
15 mg |
2,15 mg |
1,011 mg |
Vitalstoffkapsel und Omega-3-Kapsel getrennt |
Doppelherz®Augen Plus
|
2 Kapseln |
60 mg |
17,6 mg |
10 mg |
– |
15 mg |
1 mg |
820 mg |
Vitamin A, B2, B6, B12 und D, Selen
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Lutaktiv® AMD
|
1 Kapsel |
60 mg |
20 mg |
10 mg |
0,25 mg |
14 mg |
1,04 mg |
162 mg |
|
Lutax® AMD
|
3 Kapseln |
500 mg |
400 IE |
80 mg |
2 mg |
12 mg |
0,48 mg |
– |
|
Ocuvite® Makula
|
1 Kapsel |
- |
- |
– |
– |
14 mg |
1,75 mg |
– |
Vitamin B6 (50 mg), Vitamin B12 (1 mg), Folsäure (1 mg), Heidelbeerextrakt (40 mg)
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Orthomol® AMD extra
|
1 Kapsel |
125 mg |
67 mg Alpha-Tocopheroläquivalente |
6,3 mg |
0,5 mg |
2,5 mg |
0,5 mg |
– |
|
proSan® AMD extra
|
3 Kapseln |
500 mg |
268 mg |
10 mg |
1 mg |
12 mg |
0,6 mg |
210 mg |
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Retaron® AMD
|
1 Kapsel |
100 mg |
25 mg Alpha-Tocopheroläquivalente |
10 mg |
10 mg |
2 mg |
500 mg |
Aroniabeer-Konzentrat (50 mg), Selen (0,025 mg) |
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Vitalux® Plus
|
1 Kapsel |
60 mg |
20 mg |
10 mg |
0,25 mg |
10 mg |
1 mg |
255 mg |
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VitroCap®
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1 Kapsel |
40 mg |
– |
– |
– |
– |
– |
– |
Traubenkern- und Bitterorangen-Extrakt, Lysin 125 mg |
Evaluierung geeigneter Parameter erforderlich
Mögliche Ursache für eine fehlende Zunahme der Makulapigmentdichte in der Studie könnte ein Sättigungseffekt der Makula sein [7]. Zudem war der Ausgangswert der optischen Makulapigmentdichte in der LIMPIA-Studie viel höher im Vergleich zu anderen Studien, die Patienten mit bestehender AMD einschlossen. Die LIMPIA-Studienteilnehmer wiesen außer der familiären Vorbelastung keine Risikofaktoren für die Entstehung einer AMD auf.
Auch ist bisher nicht untersucht worden, welche Zunahme der optischen Makulapigmentdichte erreicht werden muss, um das AMD-Risiko zu senken [8]. Die optimale Dosis und Dauer der Lutein- und Zeaxanthin-Einnahme ist ebenfalls unklar. Generell stellt sich die Frage, ob die optische Makulapigmentdichte der geeignete Biomarker ist, um das AMD-Risiko festzustellen und um Lutein- und Zeaxanthin-Dosierungen zu untersuchen. Hierzu sind Langzeit-Nachbeobachtungsstudien erforderlich. Demnach ist weitere Forschung notwendig, um den Mechanismus der Absorption und des Metabolismus von Lutein und Zeaxanthin in der Makula zu verstehen sowie den klinischen Nutzen für Patienten herauszufinden. |
Was ist sinnvoll?
Wann sind Nahrungsergänzungsmittel bei AMD sinnvoll, und wie sollten sie zusammengesetzt sein? Das sagen die Fachgesellschaften:
- Bei Patienten mit trockenen Frühformen ist unter bestimmten Voraussetzungen gemäß den ARED-Studien die Einnahme von entsprechend dosierten Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll.
- Zu den antioxidativ wirkenden Substanzen in der Nahrung gehören Vitamin C, Vitamin E und Karotinoide. Auch andere Vitamine, Mineralien (z. B. Zink, Selen) und Omega-3- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren werden diskutiert.
- Auf Grundlage der großen, randomisierten, kontrollierten ARED-Studien zu Nahrungsergänzungsmitteln bei AMD können AMD-Patienten mit morphologischen Veränderungen der AREDS-Kategorien 3 und 4 von der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln bezüglich einer Verzögerung der Krankheitsprogression profitieren.
- Die Nahrungsergänzungsmittel sollten entsprechend der ARED-Studien wie folgt kombiniert sein: Vitamin C 500 mg, Vitamin E 400 IE, Zink 25 mg, Kupfer 2 mg, Lutein 10 mg, Zeaxanthin 2 mg.
- Betacarotin sollte bei Rauchern und ehemaligen Rauchern nicht empfohlen werden, da ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs diskutiert wird.
- Bei Vorliegen einer beidseitigen späten AMD kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln nicht empfohlen werden, da es dazu bislang keine aussagekräftigen Untersuchungen gibt.
- Die ARED2-Studie liefert keine Evidenz dafür, dass mit der zusätzlichen Einnahme von ungesättigten Omega-3-Fettsäuren eine Reduktion der Krankheitsprogression erreicht werden kann.
- Es existiert aktuell kein Nachweis, dass die „prophylaktische“ Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln in der allgemeinen Bevölkerung das Risiko der Entstehung von AMD reduzieren könnte. Als allgemeine Empfehlung kann daher auch eine ausgewogene Ernährung entsprechend der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ausgesprochen werden.
Quelle
Stellungnahme der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der Retinologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands zu Nahrungsergänzungsmitteln bei AMD, Stand: Oktober 2014 (Gültigkeit am 26. Oktober 2017 bestätigt)
Literatur
[1] Widomska J et al. Why has nature chosen lutein and zeaxanthin to protect the retina? J Clin Exp Ophthalmol 2014;5(1):326
[2] García-Layana A et al. Effects of lutein and docosahexaenoic acid supplementation on macular pigment optical density in a randomized controlled trial. Nutrients 2013;5(2):543-551
[3] Johnson EJ et al. The influence of supplemental lutein and docosahexaenoic acid on serum, lipoproteins, and macular pigmentation. Am J Clin Nutr 2008;87(5):1521-1529
[4] Seddon JM et al. Familial aggregation of age-related maculopathy. Am J Ophthalmol 1997;123(2):199-206
[5] Klaver CC et al. Genetic risk of age-related maculopathy: population-based familial aggregation study. Arch Ophthalmol 1998;116(12):1642-1651
[6] Korobelnik JF et al. Effect of dietary supplementation with lutein, zeaxanthin, and ω-3 on macular pigment. A randomized clinical trial. JAMA Ophthalmol [published online 28. September 2017] doi: 10.1001/jamaophthalmol.2017.3398
[7] Trieschmann M et al. Changes in macular pigment optical density and serum concentrations of its constituent carotenoids following supplemental lutein and zeaxanthin: the LUNA study. Exp Eye Res 2007;84(4):718-728
[8] Lindblad AS. The role of macular pigment density measures in future clinical studies of age-related macular degeneration. JAMA Ophthalmol [published online September 28, 2017] doi: 10.1001/jamaophthalmol.2017.0929
Prophylaktische Möglichkeiten beschränkt
Ein Kommentar von Prof. Dr. Frank G. Holz
Die altersabhängige Makuladegeneration ist trotz der Behandlungserfolge bei der sogenannten feuchten Form noch immer die häufigste Ursache für Altersblindheit. Aktive Behandlungsmöglichkeiten für die trockenen Formen der Erkrankung stehen noch nicht zur Verfügung bzw. befinden sich noch in Entwicklung. Umso wichtiger wären prophylaktische Maßnahmen, die den Erkrankungsbeginn hinauszögern bzw. das Fortschreiten verhindern. Für ganz bestimmte Stadien der AMD konnte entsprechend der Resultate der ARED-Studie ein gewisser Effekt mit einem Mix aus hochdosiertem Vitamin C, Vitamin E, Beta-Karotin und Zink gezeigt werden. Mit der Gabe von Lutein und Zeaxanthin hat man sich einen schützenden Effekt für die Makula versprochen, die auch die Stelle des schärfsten Sehens umfasst. Dafür steht ein Nachweis allerdings noch aus. Die nun veröffentlichte LIMPIA-Studie zeigt, dass die Einnahme von Lutein und Zeaxanthin nicht mit einer Anreicherung in der Makula assoziiert ist. Gegenwärtig erscheint vor allem eine gesunde und ausgewogene Ernährung sinnvoll, die sich idealerweise an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientiert.
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