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Etappensieg bei EU-Dienstleistungspaket
EU-Gesundheitsausschuss: Deregulierungen im Berufsrecht sollen nicht für Heilberufe gelten
Mit dem sogenannten Dienstleistungspaket möchte die EU-Kommission die Berufszugangsbeschränkungen insbesondere bei den freien Berufen vereinheitlichen. Im Kern des im Januar vorgestellten Entwurfs der Kommission steht, dass jede neue nationale Berufsregulierung zukünftig nach EU-weit einheitlichen Maßstäben auf ihre Verhältnismäßigkeit geprüft werden soll – und zwar bereits im Voraus (sog. Notifizierung). Bisher ist die Prüfung solcher Regulierungen, von denen die freien Berufe besonders betroffen sind, in den Mitgliedstaaten uneinheitlich geregelt.
Zwar räumt die EU-Kommission ein, dass diese Reglementierung für eine Reihe von Berufen häufig gerechtfertigt sei, beispielsweise im Gesundheitsbereich. Doch es gebe auch zahlreiche Fälle, in denen durch „übermäßig umständliche und nicht mehr zeitgemäße Vorschriften“ qualifizierten Bewerbern der Zugang zu Berufen unverhältnismäßig erschwert werde. Das will die Kommission ändern, auch wenn sie selbst einräumt, dass die EU für die Reglementierung oder Liberalisierung freier Berufe gar nicht zuständig ist – dies sei nach wie vor ein Vorrecht der Mitgliedstaaten. Allerdings, so betont die Kommission, müsse der Mitgliedstaat nachweisen, dass neue nationale Vorschriften für Freiberufler notwendig und angemessen sind.
Auf dem diesjährigen Apothekertag hatte der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Prof. Dr. Klaus Rennert, die Pläne der EU-Kommission scharf kritisiert. Sie wolle die Verhältnismäßigkeitsprüfungen der Mitgliedstaaten bis ins kleinste Detail „buchstabieren“. Insgesamt zeige das Vorhaben eine Geringschätzung der nationalen Regelungshoheit durch die Kommission. Die EU dürfe nationale Regelungen erst angreifen, wenn sie schlechterdings unhaltbar sind – dann wären sie nach deutschem Recht aber wohl sowieso verfassungswidrig (s. auch „Unaufhaltsam auf Deregulierungskurs?“, DAZ 2017, Nr. 38, S. 58).
Kommission erwartet Wachstumsschub
Die Kommission verteidigt sich damit, es Freiberuflern und Unternehmen leichter machen zu wollen, Dienstleistungen in der gesamten EU zu erbringen. Sie will „Impulse für den Dienstleistungssektor“ geben – und diese sollen Verbrauchern, Arbeitssuchenden und Unternehmen zugutekommen sowie das Wirtschaftswachstum in Europa ankurbeln. Die vorgeschlagenen Maßnahmen könnten den Mitgliedstaaten dabei helfen, „übermäßig belastende oder nicht mehr zeitgemäße Anforderungen für Freiberufler, die im Inland oder grenzüberschreitend tätig sind, zu ermitteln“, schreibt die Kommission in einer Pressemitteilung. Würden die Mitgliedstaaten das Potenzial in diesem Bereich voll nutzen, würde die EU-Wirtschaft „nachweislich einen enormen Wachstumsschub erhalten“.
Widerstand der Heilberufe
Die deutschen Interessenvertretungen der Apotheker, Ärzte und Zahnärzte sehen das anders und hatten gemeinsam heftig gegen diese neue EU-Richtlinie protestiert. Sie fordern eine sogenannte Bereichsausnahme; im Gesundheitswesen tätige Freiberufler sollen gar nicht von der neuen Pflicht zur EU-weiten Abstimmung der Regelungen betroffen sein. Die ABDA hatte beispielsweise alle Abgeordneten im EU-Gesundheitsausschuss angeschrieben und ihr Anliegen geschildert.
Offenbar mit Erfolg: Der Ausschuss hat am 12. Oktober das Thema diskutiert und einen Änderungsantrag beschlossen. Darin wird gefordert, die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Gesundheitspolitik uneingeschränkt zu achten. Diese Zuständigkeit umfasst ausdrücklich auch die Organisation und Erbringung von Gesundheitsdiensten durch Angehörige der zu diesem Zweck reglementierten Berufe. Deshalb sei es angezeigt, diese reglementierten Berufe aus dem Geltungsbereich der Richtlinie auszuschließen, heißt es in dem Antrag.
Inwiefern der Antrag des Gesundheitsausschusses den Heilberuflern wirklich hilft, ist aber unklar. Denn im EU-Parlament ist der Binnenmarktausschuss federführend für das Dienstleistungspaket. Die Abgeordneten in diesem Gremium werden voraussichtlich im Dezember beschließen, ob der Antrag aus dem Gesundheitsausschuss als Empfehlung ans Plenum weitergegeben wird oder nicht.
Die ABDA lässt in der Sache jedenfalls nicht locker. In einem Video-Statement teilte Präsident Friedemann Schmidt mit, dass die ABDA erneut den Kontakt zu den Abgeordneten des EU-Parlamentes suchen werde. Gleichzeitig sei geplant, auch noch einmal das Bundesgesundheits- sowie das Bundeswirtschaftsministerium zu kontaktieren, auch um sich zu vergewissern, wie die Bundesregierung zu diesem Thema stehe. Denn: „Wir wissen, dass uns das Bundesgesundheitsministerium unterstützt hat. Beim Bundeswirtschaftsministerium sind wir uns da nicht so ganz sicher.“ |
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