Arzneimittel und Therapie

Zur Darmkrebs-Vorsorge motivieren

Wie Patienten überzeugt werden können, die Angebote wahrzunehmen

Die regelmäßige Teilnahme an Untersuchungen zur Darmkrebsvorsorge wird für alle Versicherten ab 50 von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Dennoch lässt die Quote derer, die dieses Angebot wahrnehmen, zu wünschen übrig.

Darmkrebs ist die dritthäufigste Krebserkrankung in Deutschland und fordert etwa 26.000 Todesopfer im Jahr. Da diese Karzinome aus gutartigen Darmpolypen entstehen, ist eine frühe Diagnose und Entfernung der Polypen entscheidend für einen positiven Therapieverlauf. Daher bieten gesetzliche Krankenkassen in Deutschland Versicherten ab 55 Jahren Vorsorge-Darmspiegelungen (Koloskopien) an. Trotz intensiver Aufklärungsarbeit werden diese jedoch nur von 20 bis 30% der berechtigten Personen wahrgenommen. Versicherte im Alter von 50 bis 54 Jahren haben bereits Anspruch auf einen Test auf Blut im Stuhl, der jedoch von nur 15% genutzt wird.

Daher stellt sich die Frage: Wie lässt sich die Teilnahmequote an diesen Vorsorgemaßnahmen steigern? Dieser Frage haben sich zwei kürzlich publizierte Studien auf unterschiedliche Weise gewidmet. Eine US-amerikanische Studie untersuchte, an welcher Screeningmethode mehr Personen mit normalem Darmkrebsrisiko regelmäßig teilnehmen. Die knapp 6000 Probanden wurden in drei Gruppen randomisiert. Eine Gruppe erhielt Einladungen zur Koloskopie sowie Unterstützung bei der Vereinbarung von Untersuchungsterminen und weitgehende Kostenübernahme. Die zweite Gruppe erhielt einen kostenlosen Test auf okkultes Blut (fäkaler immunochemischer Test, FIT) per Post. Die dritte Gruppe diente als Kontrolle. Als erfolgreiche Teilnahme an einer Darmkrebsvorsorge-Maßnahme wurde die Durchführung einer Koloskopie oder von jährlichen FITs und entsprechenden Folgeuntersuchungen im Falle auffälliger Befunde definiert. Nach 3 Jahren hatten 38% der Koloskopie-Gruppe an einer Vorsorgeuntersuchung teilgenommen, verglichen mit 28% der FIT-Gruppe und 11% der Kontrollgruppe. Weitere 37% der FIT-Gruppe hatten mindestens einen Test durchgeführt, diesen aber nicht jährlich wiederholt, oder einen auffälligen Befund nicht durch eine anschließende Koloskopie prüfen lassen. Anscheinend ist eine effektive Vorsorge trotz der niedrigeren Hemmschwelle mit dem nicht-invasiven Test schwieriger umzusetzen als mit Koloskopien, da dieser jährlich statt alle 10 Jahre wiederholt werden muss.

Foto: Alex – stock.adobe.com
Darmpolypen rechtzeitig entfernt, beugt der Entstehung von bösartigen Tumoren vor.

In der zweiten Studie wurden nicht die Patienten als Ansprechpartner untersucht, sondern das Verhalten der Hausärzte. Fast 1500 französische Hausarztpraxen mit insgesamt über 30.000 Patienten wurden in drei Gruppen randomisiert. Zwei der Gruppen erhielten entweder einen Brief mit Zahlen zur Teilnahme an Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchungen in ihrem Bezirk oder eine namentliche Auflistung der Patienten ihrer Praxis, bei denen eine entsprechende Untersuchung noch ausstand. Die dritte Gruppe diente als Kontrolle. Die Patienten erhielten als Teil einer staatlichen Initiative eine Aufforderung, sich bei ihrem Hausarzt einen kostenlosen FIT zu besorgen. Der Test selbst wurde jedoch aus Kostengründen nicht verschickt. Nach drei und sechs Monaten wurden säumige Patienten nochmals an die ausstehende Untersuchung erinnert. Durchschnittlich nahmen 25% der Patienten von Hausärzten, die eine spezifische Liste erhalten hatten, an der Vorsorgeuntersuchung teil. Hatte der Arzt nur den allgemeineren Brief erhalten, fiel dieser Anteil auf 22%. In der Kontrollgruppe lag die Teilnahmerate bei knapp 21%. Diese Studie zeigt, dass auch Hinweise an die Ärzte zu einer zumindest etwas höheren Teilnahmequote führen können.

In der Praxis ist eine Kombination aus verschiedenen Maßnahmen, die sowohl auf Ärzte wie auch Patienten abzielen und die organisatorischen Hürden zur Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen wie Terminvereinbarungen für Koloskopien oder Erhalt eines FIT abbauen, wohl am erfolgversprechendsten. Ausreichend niedrigschwellige Beratungsangebote müssen vorhanden sein, um Patienten über Möglichkeiten zur Vorsorge zu informieren und sie bei der Entscheidung zu unterstützen. Zu untersuchen bleibt noch, wie kostengünstige digitale Kommunikationsmittel wie Textnachrichten oder interaktive Webseiten zur Steigerung der Akzeptanz und Adhärenz eingesetzt werden können. |

Quellen

Hoffmeister M, Screening for bowel cancer: increasing participation via personal invitation — a randomized intervention study, Deutsches Ärzteblatt, 10. Februar 2017

Singal AG, Effect of Colonoscopy Outreach vs Fecal Immunochemical Test Outreach on Colorectal Cancer Screening Completion, JAMA, 5. September 2017

Rat C, Effect of Physician Notification Regarding Nonadherence to Colorectal Cancer Screening on Patient Participation in Fecal Immunochemical Test Cancer Screening, JAMA, 5. September 2017

Pignone M, Using Outreach to Improve Colorectal Cancer Screening, JAMA, 5. September 2017

Apothekerin Sarah Katzemich

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