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Kongresse
Die Zukunft im Blick
Interdisziplinärer Austausch auf der DPhG-Jahrestagung
Die DPhG-Jahrestagung fand in diesem Jahr vom 26. bis 29. September an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken statt. Unter dem Motto der Tagung „Novel Therapies for Future Challenges“ wurden unter anderem neue Strategien zur Wirkstoff-Entwicklung und -Anwendung in Plenary Lectures, Scientific Lectures und Postern vorgestellt und diskutiert.
Spermien im Visier
Und so startete gleich nach der Tagungseröffnung Frau Prof. Dr. Gunda Georg, University of Minnesota/Minneapolis (USA) mit einem beeindruckenden Vortrag über die spannende Suche nach Wirkstoffen, die die Mobilität von Spermien einschränken können. Als Target beschrieb sie die Alpha-4-Isoform der Natrium-Kalium-ATPase, eines transmembranären Transportersystems, das für den Austausch von Natrium und Kalium zuständig ist. Eine fehlende Alpha-4-Na-/K-ATPase-Aktivität beeinflusst zwar weder die Spermatogenese noch die Spermienzahl, schränkt aber die Spermienbeweglichkeit so stark ein, dass nach Ex-vivo-Ergebnissen keine Eizell-Befruchtung stattfinden kann. Das Herzglykosid Strophantin (Ouabain) kann diese Isoform hemmen, aber hemmt auch alle weiteren Isoformen der Na/K-ATP-ase. Bei der Suche nach selektiven Inhibitoren der Alpha-4-Isoform konnte mit SS-1-54 ein C17-N-benzyl-1,2,3-Triazol-Analogon von Ouabain identifiziert werden, das sowohl in vitro als auch in vivo die Spermienmotilität hemmen kann. Für Apotheker in der Offizin dürfte die Ausführung von Prof. Georg von besonderem Interesse sein, dass auch das Antihistaminikum Cetirizin ein wirksamer Inhibitor der Alpha-4-Isoform der Na/K-ATPase ist. Ein weiterer, epigenetischer Ansatz bei der Suche nach der „Pille für den Mann“ basiert auf der Entwicklung von Bromodomänen-Protein-Inhibitoren, die die Spermatogenese unterdrücken sollen. Bromodomänen sind spezielle Protein-Erkennungsstellen von Histonen, die unter anderem bei der Krebsentstehung, aber auch der Spermatogenese eine Rolle spielen. Bleibt abzuwarten, ob auf Basis dieser Forschungen das bislang erfolglose Projekt „Pille für den Mann“ eine neue Wendung nehmen wird.
Im interdisziplinären Fächerkanon dominierten auch bei dieser Jahrestagung wieder die pharmazeutische und medizinische Chemie. Aber die Klinischen Pharmazeuten kämpfen für ihr Fach und machten bei der Jahrestagung deutlich, wie wichtig dieses Fach und Forschungen in diesem Bereich für den Patienten und die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit sind. Um aber das Fach Klinische Pharmazie in Deutschland voranzubringen, muss es erst einmal an allen Hochschulen mit mindestens einer eigenständigen Dauerprofessur etabliert werden. Die DPhG-Fachgruppe Klinische Pharmazie will dieses Vorhaben unter ihrem neuen Vorsitzenden Prof. Dr. Thorsten Lehr mit Nachdruck vorantreiben (s. Interview „Die Klinische Pharmazie sichtbar machen!“).
Einen Einblick in eines der wichtigsten Forschungsgebiete der Klinischen Pharmazie, in dessen Zentrum die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit steht, gab ein Nachmittag mit wissenschaftlichen Kurzvorträgen unter Leitung von Prof. Dr. Ulrich Jaehde, Bonn und PD. Dr. Martin Hug, Freiburg. Prof. Dr. Martin Schulz, Geschäftsführer Arzneimittel der ABDA, stellte die Ergebnisse des PRIMA-Projektes vor. PRIMA steht für „Primärsystem-Integration des Medikationsplans mit Akzeptanzuntersuchung“ und ist ein vom Bundesgesundheitsministerium gefördertes Modellprojekt zur Erprobung des Medikationsplans in Hausarztpraxen und Apotheken im Rahmen von ARMIN. Hier wurde zum einen untersucht, wie der Medikationsplan von Patienten verstanden und angenommen wird, zum anderen wurde die Arzt- und Apothekensoftware für den Medikationsplan aufeinander abgestimmt, so dass ein Datenschutz-konformer Austausch zwischen Arzt und Apotheker möglich war. Die Mehrzahl der Patienten bewertete den Medikationsplan positiv. Sie befürworteten die Aushändigung eines Medikationsplans an alle Patienten, die regelmäßig mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnehmen müssen. Den Hauptbenefit sahen sie in der engen Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker bei der Erstellung und Pflege des Plans und dass alle Heilberufler über die Medikation informiert waren und die Medikation durch Arzt und Apotheker analysiert wurde. Die Implementierung des elektronischen Medikationsplans und auch das interdisziplinäre Medikationsmanagement wurden sowohl von den Apothekern als auch den Ärzten mehrheitlich akzeptiert. Allerdings muss gerade im Hinblick auf die Anpassung und Optimierung der Software noch die ein oder andere Hürde genommen werden. Insgesamt scheint es gelungen, mit PRIMA eine gute Basis für die breite Einführung des elektronischen Medikationsplans und des interdisziplinären Medikationsmanagements zu etablieren.
Prof. Dr. Kristina Friedland, Mainz, stellte mit dem „MetropolMediPlan2016 – MMP16“ ein weiteres Projekt zum bundeseinheitlichen Medikationsplan vor. Anlässlich der bundesweiten Einführung des Plans im Oktober 2016 hat ein Team aus klinischen Pharmazeuten und Pharmakologen 300 ausgestellte Medikationspläne ausgewertet. Insgesamt wurde dem Plan bescheinigt, dass er die Erkennung von Risiken erleichtern und die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessern kann. Prof. Dr. Thorsten Lehr stellte zwei Studien vor, in denen der Beipackzettel unter die Lupe genommen und optimiert worden war. Auch hier wurde gezeigt, dass so die Adhärenz und die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessert werden können. |
Einen Beitrag zu den Ehrungen finden Sie in der Rubrik Personen
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