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Kongresse
Der Patient muss den Medikationsplan verstehen - und nutzen
Bericht vom Tag der Offizinpharmazie
Leider sei das Thema Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) wie der Klimawandel: alle reden drüber, aber nichts ändert sich, so Prof. Dr. Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken. Er versuchte zu erklären, warum es nicht gelingt, Medikationsfehler zu vermeiden, obwohl dies möglich wäre. Oft fehle die Zeit für den Patienten, doch das Hauptproblem sieht Grandt darin, dass die AMTS nicht oberste Priorität hat, weder für die Leistungserbringer, noch für Behandlungseinrichtungen und auch nicht für die Politik.
Einer sollte den Überblick haben
Priv.-Doz. Dr. Guido Schmiemann vom Institut für Public Health und Pflegeforschung der Uni Bremen thematisierte die Art und Weise der Kommunikation von Arzt und Apotheker über Arzneimittelprobleme. Im Rahmen einer Untersuchung erhielten in Bremen 153 Apothekenleiter ein Faxformular „Dringende Arztanfrage“ als standardisiertes Kommunikationsmedium zwischen den Heilberuflern. Damit informierten Apotheker die verordnenden Ärzte über Probleme von Doppelmedikation bis hin zu wahrscheinlichen oder möglichen schwerwiegenden Wechselwirkungen und gefährlichen Interaktionen. Oft antwortete der Arzt nicht, aber in jedem fünften Fall folgte er der Empfehlung der Apotheke. Besser war die Resonanz, wenn die Apotheke auf eine wahrscheinliche Kontraindikation hinwies. Auch mit einem vollständigen Medikationsplan werden nicht automatisch Interaktionen erkannt, so Schmiemann. Es brauche immer eine Person, die sich kümmert und den Überblick behält. Die elektronische Gesundheitskarte sieht Schmiemann nicht als Allheilmittel, denn sie übernimmt nicht die Kommunikation unter den Heilberufen. Schmiemann betonte, dass Ärzte und Apotheker auf lokaler Ebene eng zusammenarbeiten müssen. Hier seien interprofessionelle Qualitätszirkel sehr wünschenswert – bis hin zur gemeinsamen Ausbildung der Studenten beider Professionen.
Den Medikationsplan nutzen
2007 wurde die Idee eines Medikationsplans geboren, wie Priv.-Doz. Dr. Hanna Seidling, Abt. Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie des Universitätsklinikums Heidelberg, in ihrem Abriss über die zeitliche Entwicklung zeigte. Ab 2018 soll der bundeseinheitliche Medikationsplan auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden können. Bis jetzt wurde vor allem auf die Zusammenarbeit der Heilberufler fokussiert – die interdisziplinäre und intersektorale Kommunikation stand im Mittelpunkt. Doch zunehmend werde deutlich, dass für einen Erfolg des Medikationsplans die gute Einbindung des Patienten essenziell sei. Dem Patienten muss der Nutzen überzeugend vermittelt werden, er sollte im Umgang mit dem Plan geschult sein. Es müsse eine Möglichkeit geschaffen werden, wie der Patient selbst seinen Medikationsplan aktualisieren und selbst Änderungen im Plan eintragen kann. Bis jetzt können das nur die Heilberufler. Der Patient trage im Moment nur einen „Zettel mit Barcode von A nach B“, was unbefriedigend sei und die Compliance des Patienten nicht fördere. In diesem Zusammenhang betonte Seidling, für wie wichtig sie eine Datenbank hält, die Wirkstoffe in einer für Patienten verständlichen Sprache enthält. Nur ein aktueller und vollständiger Medikationsplan, den der Patient nutzt, sei ein guter Medikationsplan. Leider trifft das im Moment nur auf einen geringen Teil zu. Dabei könne ein unvollständiger oder fehlerhafter Plan sogar nachteilig sein, denn er könne eine falsche Sicherheit vorgaukeln, so Seidling. |
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