Arzneimittel und Therapie

Blaue Muttermilch

Verfärbung nach Cefuroxim-Gabe sorgt für Verunsicherung

rr | Wegen einer Infektion wird einer 32-jährigen Frau Cefuroxim 500 mg über sechs Tage verordnet. Das Problem: Sie stillt derzeit. Das Kassenprogramm warnt vor der Abgabe in der Stillzeit, der behandelnde Arzt hält aber an der Therapie nach Nutzen-Risiko-Abwägung fest. Einen Tag nach Behandlungsbeginn stellt die Patientin fest, dass sich die Muttermilch blau verfärbt hat. Sie ist verunsichert. Ist die Sorge begründet?

Bekannt ist, dass Cefuroxim in die Muttermilch übergeht und die Halbwertszeit bei Neugeborenen verlängert ist. Da es Hinweise auf vorübergehende unerwünschte Wirkungen beim Säugling gibt, rät die ABDA-Datenbank bei zwingender Indikation zum Abstillen oder zu einer Stillpause.

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Wenn die Muttermilch nach Arzneimitteleinnahme plötzlich blau ist, kann das unnötig verunsichern. Weiße Tabletten sind wenn möglich zu bevorzugen.

Mittel der Wahl in der Stillzeit

In der Fachinformation von Cefuroxim 500 Heumann findet sich folgender Hinweis: Cefuroxim wird in geringen Mengen in die Muttermilch ausgeschieden. In therapeutischen Dosen sind Nebenwirkungen beim gestillten Säugling nicht zu erwarten, obwohl ein Risiko für Durchfall und Pilzinfektionen der Schleimhäute nicht ausgeschlossen werden kann. Unter Umständen muss daher abgestillt werden. Die Möglichkeit einer Sensibilisierung ist zu berücksichtigen. Cefuroxim sollte während der Stillzeit nur nach einer Nutzen-Risiko-Abwägung durch den behandelnden Arzt angewendet werden.

Die Datenbank Embryotox gibt Entwarnung: Cefuroxim geht zwar in die Muttermilch über, die meisten gestillten Kinder haben aber keine Symptome. Im Einzelfall kann es zu dünnerem Stuhlgang, selten zu Durchfall kommen. Auch die US-amerikanische Website LactMed (siehe Kasten) schätzt den Gehalt von Cefuroxim in der Muttermilch in therapeutischer Dosierung als harmlos ein; Sicherheit geben mehrere Konzentrationsmessungen. Cefuroxim und andere Cephalosporine gehören zu den Antibiotika der Wahl in der Stillzeit.

Datenbank zu Arzneimittel in der Stillzeit

Die U.S. National Library of Medicine stellt die Datenbank LactMed® kostenfrei zur Verfügung. Hier finden sich Informationen zu Arzneimitteln in der Stillzeit, darunter Messdaten zu Spiegeln der Stoffe in Muttermilch und kindlichem Blutkreislauf sowie mögliche unerwünschte Wirkungen beim Säugling und therapeutische Alternativen. Wenn Sie ins Suchfeld auf DAZ.online den Webcode B3LC8 eingeben, gelangen Sie direkt auf die LactMed-Seite, die Ihnen bei Entscheidungen helfen kann.

Vor der Abgabe des Arzneimittels wurden somit alle Bedenken aus dem Weg geräumt. Der Patientin wird das vom Arzt verordnete „Cefuroxim 500 Heumann, N1 12 St“ ausgehändigt, und sie beginnt noch am Abend mit der Antibiose. Einen Tag später ruft sie in der Apotheke an und berichtet über eine zunächst gräuliche, später bläuliche Muttermilch nur wenige Stunden nach der ersten Einnahme des Arzneimittels. Sie habe sich dazu entschieden, die Milch abzupumpen und eine Stillpause einzulegen.

Blau = giftig?

Bisher gibt es keine Berichte über die Eigenschaft von Cefuroxim, die Muttermilch blau zu färben. Viel wahrscheinlicher ist es, dass die den Tabletten der Firma Heumann zugesetzten Farbstoffe Indigocarmin und Brillantblau für die Färbung verantwortlich sind. Beide sind als Lebensmittelfarbstoffe (E132 bzw. E133) zugelassen, sodass davon ausgegangen werden kann, dass sie toxikologisch unbedenklich sind. Allerdings gibt es über die Auswirkungen, die derartige Farbstoffe in der Muttermilch auf den Säugling haben, keine harten Daten. Einer Antwort auf die Frage, warum diesem Antibiotikum überhaupt Farbstoffe zugesetzt wurden, blieb die Firma Heumann schuldig.

Ursachen für bunte Muttermilch

Es gibt vereinzelt Fallberichte, in denen das Arzneimittel selbst zu einer Färbung der Muttermilch führte. Eine 29-jährige stillende Mutter berichtete über eine schwarze Milch, drei Wochen nachdem sie Minocyclin zur Behandlung von Acne vulgaris eingenommen hatte. In der Muttermilch wurden in Makrophagen eisenhaltige Pigmente nachgewiesen, bei denen es sich vermutlich um Eisenchelatkomplexe von Minocyclin oder einem Derivat handelte. Penicilline, Cephalosporine und Makrolide sind zu bevorzugen.

Im Universitätskrankenhaus Erlangen berichtete eine junge Mutter über eine ungewöhnliche Grünfärbung der Muttermilch acht Stunden nach einer Narkose mit verschiedenen Arzneimitteln. Da Metabolite von Phenolen dafür bekannt sind, den Urin grün zu färben, geriet schnell das in der Muttermilch nachgewiesene Injektionsnarkotikum Propofol unter Verdacht. Bisher wurden keine Symptome bei gestillten Kindern nach mütterlicher Narkose mit Propofol berichtet. Die pharmakokinetischen Daten von Propofol und die klinische Erfahrung begründen Embryotox zufolge keine zusätzliche Stillpause.

Ohne Zweifel völlig unbedenklich sind dagegen Färbungen nach dem Genuss von Nahrungsmitteln: So kann die Muttermilch durch Spinat grünlich, durch Rote Beete leicht rosa und durch Karotten gelblich werden. |

Quelle

Fachinfo Cefuroxim 250 Heumann (03/2016)

Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie; www.embryotox.de

Datenbank LactMed; https://toxnet.nlm.nih.gov/newtoxnet/lactmed.htm

Hunt MJ et al. Br J Dermatol 1996;134:943-944

Birkholz T et al. Anesthesiology 2009;111:1168-1169

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