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Arzneimittel und Therapie
Statine in Interaktion
AHA warnt vor Wechselwirkungen unter Statin-Therapie – und gibt Tipps, wie man sie umgeht
Arzneimittel-Wechselwirkungen sind für circa 3% aller Krankenhauseinweisungen ursächlich. Allerdings wird laut AHA-Report die tatsächliche Inzidenz von Hospitalisierungen im Zusammenhang mit klinisch signifikanten Interaktionen weit unterschätzt. Häufig werden Beschwerden als unerwünschte Arzneimittelwirkung deklariert. Darüber hinaus können komplexe zugrunde liegende Krankheitszustände die Aufdeckung einer Arzneimittel-Wechselwirkung erschweren.
Die ubiquitär verordneten Statine spielen in der Primär- und Sekundärprophylaxe von Schlaganfällen und Herzinfarkten eine wichtige Rolle. Sowohl Morbidität als auch Mortalität können durch Statine signifikant positiv beeinflusst werden. Wechselwirkungen zwischen Statinen und kardiovaskulärer Begleitmedikation sind im Alltag häufig anzutreffen, da eine Kombinationstherapie bei bestimmten Patientengruppen sehr wahrscheinlich ist. Die meisten pharmakokinetischen Wechselwirkungen der Statine werden über das Cytochrom-P-450(CYP450)-Enzymsystem und das Permeabilitäts-Glykoprotein (P-gp) vermittelt. Daneben können pharmakodynamische Interaktionen auftreten. Eine veränderte LDL-Reduktion oder ein erhöhtes Risiko für eine muskelbedingte Toxizität können die Folge sein.
Auf welche Arzneimittel zur Therapie von kardiovaskulären Erkrankungen muss in Kombination mit Statinen ein kritisches Auge geworfen werden?
Fibrate
Da sowohl Statine als auch Fibrate mit einem Risiko für muskuläre Toxizität behaftet sind, ist bei der gemeinsamen Verabreichung Vorsicht geboten. Generell eignet sich bei gegebener Indikation Fenofibrat als Kombinationspartner der Statine. Die Kombination von Gemfibrozil mit Lovastatin, Pravastatin und Simvastatin ist potenziell schädigend und sollte vermieden werden. Mit Atorvastatin, Pitavastatin oder Rosuvastatin interagiert Gemfibrozil ebenfalls, diese können jedoch in niedriger Dosierung unter Umständen als Kombinationspartner in Betracht gezogen werden. Als besonders geeignet für die Kombination mit beiden Fibraten erscheint Fluvastatin.
Calciumkanalblocker
Die gleichzeitige Verabreichung von Amlodipin und Lovastatin oder Simvastatin ist unter Beachtung spezifischer Dosisbeschränkungen (max. 20 mg/Tag) möglich. Bei der Kombination von Amlodipin mit anderen Statinen (Atorvastatin, Pitavastatin, Rosuvastatin, Fluvastatin und Pravastatin) gibt es keine Hinweise auf signifikante Interaktionen. Da die gemeinsame Gabe von Atorvastatin und Diltiazem lediglich zu einer geringfügigen Erhöhung der Statin-Exposition führt, ist eine Kombination bei gegebener Indikation angemessen. Mit einem moderaten Anstieg der Statin-Exposition ist bei Kombination von Diltiazem mit Lovastatin oder Simvastatin zu rechnen. In diesem Fall beträgt die empfohlene Dosis max. 20 mg für Lovastatin bzw. 10 mg für Simvastatin. Die Interaktion zwischen Verapamil und Lovastatin oder Simvastatin ist ebenfalls von mäßiger Intensität. Eine Kombinationstherapie kann in Betracht gezogen werden, wenn der zu erwartende Nutzen potenzielle Risiken überwiegt. Zu bevorzugen sind Pravastatin, Rosuvastatin oder Pitavastatin bei gleichzeitig vorliegender Indikation für Diltiazem oder Verapamil.
Antiarrhythmika
Ist eine Komedikation mit Amiodaron notwendig, haben sich Rosuvastatin, Atorvastatin, Pitavastatin, Fluvastatin oder Pravastatin auf der Basis wissenschaftlicher Daten als geeignete Kombinationspartner erwiesen. Die gleichzeitige Gabe von Amiodaron mit Lovastatin oder Simvastatin kann unter Beachtung der Maximaldosis von 40 mg bzw. 20 mg/Tag in Betracht gezogen werden, bei höheren Dosierungen ist ein engmaschiges Monitoring erforderlich. Bei Patienten, die bereits mit 80 mg Lovastatin oder Simvastatin ≥ 40 mg in Kombination mit Amiodaron stabil eingestellt sind, ist die Fortsetzung der Kombinationstherapie ohne Dosisanpassung denkbar. Beim Einsatz von Dronedaron liegt laut AHA die akzeptable Dosisgrenze von Lovastatin und Simvastatin bei jeweils 10 mg. Die gemeinsame Gabe von Digoxin mit einem Statin ist bei gegebener Indikation möglich. Bei der Kombination von Digoxin mit Atorvastatin ist jedoch möglicherweise mit einem erhöhten Risiko für Digoxin-Toxizität zu rechnen, daher wird eine Überwachung empfohlen.
Antianginosa
Sowohl die Dosis von Simvastatin als auch von Lovastatin sollte bei gleichzeitiger Verordnung mit Ranolazin auf 20 mg/Tag begrenzt werden. Eine Kombination von Ranolazin mit Rosuvastatin, Atorvastatin, Pitavastatin, Fluvastatin und Pravastatin kann bei gegebener Indikation in Betracht gezogen werden.
Antikoagulanzien
Die gleichzeitige Verabreichung von Warfarin mit einem Statin führt zu keinem signifikanten Anstieg der Statin-Exposition und ist grundsätzlich möglich. Bei Einführung eines Statins oder Änderung der Statin-Dosis sollte lediglich der INR-Wert engmaschiger überwacht werden. Die zu erwartenden Auswirkungen auf den INR-Wert sind für Pitavastatin und Atorvastatin am niedrigsten. Die Kombination von Ticagrelor und Atorvastatin ist aufgrund einer nur geringfügigen Zunahme der Statin-Exposition geeignet. Wird Ticagrelor mit Lovastatin oder Simvastatin verordnet, sollte eine Statin-Dosis von jeweils 40 mg/Tag nicht überschritten werden.
Vasopressin-Rezeptorantagonist
Unproblematisch erscheint die Kombination des in Europa derzeit einzigen oral verfügbaren Vasopressin-Rezeptorantagonisten Tolvaptan mit Statinen. Anders beim in den USA zugelassenen Vertreter Conivaptan: Eine Kombination von Conivaptan mit Lovastatin oder Simvastatin sollte vermieden oder das betreffende Statin für mindestens eine Woche ausgesetzt werden. Atorvastatin, Pravastatin, Fluvastatin, Rosuvastatin oder Pitavastatin können in Kombination mit Conivaptan bei vorliegender Indikation dagegen in Betracht gezogen werden.
Immunsuppressiva
Bei Patienten, die Immunsuppressiva wie Cyclosporin, Tacrolimus, Everolimus oder Sirolimus erhalten, ist bei nahezu allen Statinen Vorsicht geboten. Lovastatin, Pitavastatin und Simvastatin sollten als Kombinationspartner vermieden werden. Die Kombination von Cyclosporin, Tacrolimus, Everolimus oder Sirolimus mit Rosuvastatin, Atorvastatin, Fluvastatin oder Pravastatin ist möglich. Dosisbeschränkungen von Atorvastatin (max. 10 mg/Tag), Fluvastatin (max. 40 mg/Tag), Pravastatin (max. 20 mg/Tag) und Rosuvastatin (max. 5 mg/Tag) sind dabei zu beachten. Ein sorgfältiges Monitoring der Kreatinkinase und der Symptome einer muskelbedingten Toxizität ist besonders mit einer Atorvastatin-Dosis > 10 mg/Tag erforderlich.
Colchicin
Die gemeinsame Gabe von Colchicin mit Rosuvastatin, Fluvastatin, Lovastatin, Pitavastatin oder Pravastatin ist bei entsprechender Indikation möglich. Unter bestimmten Umständen kann Colchicin mit Atorvastatin oder Simvastatin kombiniert werden, ein engmaschiges Monitoring ist in jedem Fall notwendig. Die Initialdosis von 0,6 bis 1,2 mg bzw. Erhaltungsdosis von 0,3 bis 0,6 mg Colchicin/Tag sollte in Verbindung mit einem CYP3A4- oder P-gp-Inhibitor nicht überschritten werden. Gegebenenfalls ist die Dosis von Atorvastatin, Simvastatin bzw. Lovastatin zu reduzieren. Notwendig ist darüber hinaus eine Dosisanpassung bei Nierenfunktionsstörungen.
Sonstige Herztherapeutika
Aktuellen Daten zufolge gibt es keine Sicherheitsbedenken bezüglich einer Co-Therapie von Ivabradin und Statinen. In-vitro-Studien geben Hinweise auf eine potenzielle Interaktion zwischen der Fixkombination Sacubitril/Valsartan (ARNI) und bestimmten Statinen. Die klinische Relevanz ist bislang jedoch unklar. |
Quelle
Wiggins BS et al. Recommendations for Management of Clincially Significant Drug-Drug Interactions with Statins and Select Agents Used in Patients With Cardiovascular Disease – A Scientific Statement from the American Heart Association. Circulation 2016;134
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