Prisma

Neuronen regulieren Vaskularisation im Rückenmark

Versuche mit Zebrafisch-Embryonen sorgen für Überraschung

cae | Die Neubildung von Blut­gefäßen ist nach einem Infarkt erwünscht, im Tumorgewebe jedoch unerwünscht. Obwohl bereits heute eine gezielte Angiogenesehemmung möglich ist, bestehen noch Wissenslücken bei den zugrunde liegenden Prozessen. Dabei spielen auch Nervenzellen eine wichtige Rolle.

Der Zebrafisch (Danio rerio) hat in den letzten Jahren als Versuchstier stark an Bedeutung gewonnen. Da seine Eier und Larven durchsichtig sind, lassen sich seine natürliche Entwicklung (Ontogenese) und gezielte Eingriffe in diesen Prozess gut beobachten. Biologen um Ferdinand le Noble am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersuchen an Zebrafisch-Embryonen die Entwicklung des Wirbelkanals und seiner Umgebung.

Foto: le Noble/KIT
Wirbelkanal eines Zebrafisch-Embryos (oben: rot markierte Zone) und Blutbahnen (unten als weiße Bänder sichtbar: Aorta dorsalis und Kardinalvene). Nervenzellen im Wirbelkanal steuern durch die Synthese von Wachstumsfaktoren und ihren Rezeptoren, in welchem Maße neue Gefäße von den Blutbahnen abzweigen und um den Wirbelkanal herumwachsen oder (bei ungebremster Angiogenese) in ihn einsprossen. – Die Bildbreite entspricht ca. 0,5 mm.

Der Wirbelkanal wird schon früh mit Nervenzellen besiedelt, während Blutgefäße sich anfangs nur in der Umgebung befinden. Die herrschende Lehrmeinung besagt, dass Signale der Gefäß-Endothelzellen dafür sorgen, dass die Blutgefäße sich verzweigen und Kapillaren in das Rückenmark einsprossen. Die Karlsruher Experimente ergaben jedoch, dass diese Wachstumssignale von den Nervenzellen ausgehen.

Die Neuronen synthetisieren den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor Typ A (VEGF-A), aber auch dessen löslichen Rezeptor sFlt-1, der wie ein Antikörper wirkt, indem er verhindert, dass VEGF-A an seinen Rezeptor auf der Endothelzelle bindet und dort einen Effekt auslöst. Anfangs synthetisieren die Neuronen relativ viel sFlt-1; dadurch hemmen sie die Angiogenese, sodass der Wirbelkanal arm an Sauerstoff ist. Dieses sauerstoffarme Milieu ist ideal für die Reifung der neuronalen Stammzellen. Erst wenn deren Entwicklung ein gewisses Stadium erreicht hat, nimmt die Synthese von sFlt-1 ab, und es folgt eine stärkere Vaskularisation.

Zwar synthetisieren auch die Gefäß-Endothelzellen den nach ihnen benannten Wachstumsfaktor VEGF und seinen Gegenspieler sFlt-1. Experimente mit Zebrafisch-Embryonen, bei denen die entsprechenden Gene ausgeschaltet waren, zeigten jedoch, dass sie keine Rolle für die Vaskularisation des Wirbelkanals spielen. |

Quelle

Wild R, et al. Neuronal sFlt1 and Vegfaa determine venous sprouting and spinal cord vascularization. Nature Comm 2017;8:Art no 13991

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