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Die Seite 3
Schwierige Regierungsbildung
Unerwartet kam es nicht – das Ergebnis der Bundestagswahl. Die Umfragen hatten es bereits signalisiert. Nur zwei sehr, sehr unterschiedliche Koalitionsoptionen würden eine Mehrheit im neuen Bundestag haben. Einerseits, wie gehabt, die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD, deren Fortsetzung für allemal 10% der Bevölkerung erste Wahl wäre. Andererseits „Jamaika“, also Schwarz/Gelb/Grün, eine Dreier-Koalition, eine Novität für den Bundestag, eine nach Umfragen maximal unbeliebte zumal. Kaum dass die Türen zu den Wahllokalen geschlossen waren, verkündete die SPD, was sie vorher, für den Fall eines so desaströsen Wahlergebnisses, intern schon besprochen hatte: Für eine erneute „Groko“ stehe sie nicht mehr zur Verfügung. Das klingt apodiktischer, als es wohl ist. Ja, die Basis denkt so. Aber auch die Funktionseliten? Dort gibt es sicher einige, die gestalten wollen und die mit ihrem Ex-Vorsitzenden Franz Müntefering der Überzeugung sind: „Opposition ist Mist“. Nach der niedersächsischen Landtagswahl wissen wir mehr.
Nach derzeitigem Stand bleibt also nur Schwarz/Gelb/Grün. Wenn da die Fetzen fliegen, darf das nicht überraschen. Für die Union (eine Fraktion aus zwei sehr unterschiedlichen Parteien) war die FDP zwar immer schon der Wunschpartner, während die Merkel-CDU allein auch „Schwarz/Grün“ charmant fände. Aber für jede Zweierkoalition (außer der Groko) fehlen die Mehrheiten. Ganz davon abgesehen, dass die Seehofer-CSU für eine Koalition Union/Grüne nicht zu haben wäre.
Also doch „Jamaika“? Könnten die beiden Kleinen, also FDP und Grüne, miteinander? Ohne Wortbruch kaum. „Ich sehe nicht, wie wir mit der FDP zusammenkommen könnten“, so Cem Özdemir in einem Interview mit der Berliner Zeitung. Mit Klimawandel-Skeptikern, die den Zusammenhang zwischen Klimawandel und zunehmenden Extremwetterlagen leugnen, koaliere er nicht. Dass sich die Lindner-FDP sehr viel flexibler zeigen würde, darf man bezweifeln. Die Ausgangsbedingungen für das Jamaika-Bündnis in Schleswig-Holstein waren anders als die im Bund – nicht nur weil die CSU dort außen vor ist.
Was würde ein Jamaika-Bündnis für die Apotheker bedeuten? Im Wahlprogramm der Grünen ist dazu nichts Spezielles zu finden. Die bisherigen Signale in Richtung Rx-Versandverbot (dem akutesten Problem der Apothekerschaft) sind nicht ermutigend. Das würde sich vielleicht ändern, wenn den Grünen das Gesundheitsministerium zugeschlagen würde und – ganz wichtig! – wenn sie dies mit Barbara Steffens, bis zur Abwahl von Rot-Grün in NRW Gesundheitsministerin, besetzen würden. Das sind aber viele „Wenns“.
Wenig ermutigend ist die Position der FDP. Als der Arzneiversandhandel 2003/2004 von einer Großen Koalition aus Union, SPD und Grünen beschlossen wurde, war sie noch die einzige im Parlament vertretene Partei, die dagegen stimmte. Heute will sie erlauben, dass Berufsfremde und auch Kapitalgesellschaften Apotheken betreiben. Auch für Boni und den Rx-Versandhandel macht sie sich stark. So jedenfalls ist die Beschlusslage seit dem Wahlparteitag im April. Dass sie diese Attacken gegen den freien Heilberuf Apotheker auf ihrem Wahlparteitag am 17. September nicht mehr explizit wiederholt hat, muss nichts bedeuten. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sie sich dem Votum eines Gesundheitsministers Gröhe letztlich nicht verschließen würde.
Auf ihm ruht zu Recht die Hoffnung der Apothekerschaft. Optimal wäre sicher, wenn Hermann Gröhe Gesundheitsminister bliebe. Er hat verstanden! Er durchschaut die destruktive Marktdynamik, die sich Bahn bricht, wenn aus dem Ausland agierenden Pharmahandelskonzernen erlaubt bleibt, deutsche Patienten mit Boni zu ködern. Dass er die Erlaubnis des Arzneiversandhandels auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel begrenzen will, ist da nur konsequent. Man darf hoffen, dass er sich in Koalitionsverhandlungen damit durchsetzen könnte. Immerhin: Die FDP mit ihren 10,7% und die Grünen mit ihren 8,9% sollten zusammen deutlich schwächer zu gewichten sein als die Union mit ihren 33% (selbst wenn dort der eine oder andere unsichere Kantonist anzutreffen ist).
Bei einer Jamaika-Koalition sind erhebliche Spannungen und Friktionen vorprogrammiert. Die Union sollte überlegen, ob ihre Gestaltungsmöglichkeiten nicht größer wären, wenn sie allein, also als Minderheiten-Regierung agieren würde, wenn sie sich also für ihre Vorhaben wechselnde Mehrheiten suchen würde. In Deutschland hat das keine Tradition. Aber es könnte einen Versuch wert sein.
Klaus G. Brauer
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