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Deutscher Apothekertag 2017
„Wir können das“
Apotheker wollen mehr Verantwortung
Nur so könne sichergestellt werden, dass die Versicherten und auch die betreuenden Heilberufler eine umfassende Übersicht der Medikation sowohl bezüglich der vom Arzt verordneten als auch im Rahmen der Selbstmedikation in der Apotheke erworbenen Arzneimittel erhalten. Die öffentlichen Apotheken sind fachlich und personell dazu in der Lage, diesen aktiven Beitrag zur Stärkung der Arzneimitteltherapiesicherheit, die der Versichertengemeinschaft zugutekommt, den Versicherten anzubieten, heißt es in der Begründung. Apotheken sollten bei der Erstellung des Medikationsplanes mit eingebunden werden. Ohne Rede oder Gegenrede wurde der Antrag angenommen. Auch der Wunsch, die öffentlichen Apotheken stärker in Präventionsangebote einzubeziehen, fand Zustimmung.
Der Antrag der AK Berlin, der sich mit der AMTS speziell bei geriatrischen Patienten befasste, wurde erst nach ausführlicher Diskussion und einem Änderungsantrag angenommen. Die ursprünglich im Antrag gestellte Forderung, dass Tabletten gar nicht mehr geteilt werden dürfen bzw. dass die Hersteller Tabletten von austauschbaren Arzneimitteln für den gleichen Wirkstoff in der gleichen Stärke immer mit der gleichen Farbe und Form anbieten sollten, ging einigen Diskutanten doch zu weit. Abgesehen davon, dass gerade geriatrische Patienten aufgrund ihrer Stoffwechsellage darauf angewiesen seien, dass andere als standardisierte Dosierungen eingesetzt werden, stünde mit den Pharmazeutischen Bedenken schon ein Instrument zur Verfügung, mit dem Apotheker einschreiten könnten, wenn Änderung von Form und Farbe ein Problem darstellen. Dagegen wurde ein Antrag zur Therapiesicherheit bei kleinen Patienten (knapp) abgelehnt. Die AK Mecklenburg-Vorpommern forderte, den pharmazeutischen Hersteller von Trockensäften für Kinder zu verpflichten, den Packungen eindeutige und unmissverständliche Zubereitungshilfen mit nur einer Volumenangabe beizulegen und eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit zur eingefüllten Flüssigkeitsmenge einzuführen. So sollten Fehler bei der Zubereitung dieser Arzneiformen minimiert werden. Auch sollte es verpflichtend sein, den Packungen Dosierspritzen anstelle von Dosierlöffeln oder -bechern beizufügen, um die erforderliche Genauigkeit beim Abmessen der Flüssigkeitsmenge zu gewährleisten. Groß waren die Bedenken, dass durch solche Maßnahmen Arzneimittel „unproblematisch“ und die Apotheker dann selber überflüssig werden. Das Argument, dass möglicherweise Fehler bei der Dosierung für Säuglinge vermieden werden könnten, konnte nicht das Ablehnen des Antrags verhindern.
Impfen? Erstmal lieber nicht.
Nach heftiger Diskussion wurde der Antrag der AK Berlin, den Apotheker stärker beim Impfpass-Check und bei der Impfberatung einzubinden, in einen Ausschuss verwiesen. Man wolle, so die Antragsteller, dazu beizutragen, dass genügend viele Menschen geimpft werden, um für eine „Herdenimmunität“ zu sorgen. Da die Durchimpfungsrate in Deutschland gering ist, müssten die vorhandenen heilberuflichen Kräfte gebündelt werden. Dazu sollten Konzepte entwickelt werden, die die niederschwellig und flächendeckend verfügbaren Kompetenzen der Apotheker stärker als bisher nutzen. „Wir können das, und wir bringen uns gern ein“, so der Tenor de Antragsteller. Doch damit nicht genug: Auch bei Auffrischungsimpfungen sollten Apotheker eingebunden werden. Allerdings wurde in der Diskussion deutlich, dass noch nicht alle fachlichen Fragen geklärt sind. Vor allem bei Lebendimpfstoffen müsse man achtsam sein, so Prof. Dr. Theo Dingermann, denn auch in der Schweiz, wo Apotheker impfen dürfen, ist das Verimpfen von Lebendimpfstoffen durch den Apotheker untersagt. Es wurden zudem Bedenken geäußert, dass der Eindruck bei den Ärzten entstehen könnte, dass Apotheker ihnen Impflinge wegnehmen wollen. Die Konsequenz könnte sein, dass Ärzte das Dispensierrecht fordern, so die Befürchtung. Der Antrag wurde in den Ausschuss verwiesen, verbunden mit dem Auftrag, die offenen Fragen zu klären und zu sondieren, wann denn der richtige Moment für solch einen Vorstoß sei. Die Berliner Apothekerin Dr. Kerstin Kemmritz betonte, dass man „gern den Impfpass suche, aber wir sind auch bereit, weiter zu gehen, wenn es gewünscht ist.“
Studenten auf die Praxis besser vorbereiten
Das Perspektivpapier 2030 gibt als Orientierung vor, dass in der Apotheke evidenzbasiert beraten werden soll – das betrifft vor allem die Selbstmedikation. Das sei „der Bereich, in dem wir durch den Patienten gefragt werden – und gefordert sind“, so Magdalene Linz für die Antragsteller. Sie fordern, dass bereits während der Universitätsausbildung verstärkt Kenntnisse zum evidenzbasierten Einsatz von OTC-Arzneimitteln vermittelt werden sollten. Das dürfe nicht auf die Zeit nach dem zweiten Staatsexamen verlagert werden, so Linz. Es könne nicht sein, dass im Studium kaum methodische Kenntnisse zur Evidenzbewertung vermittelt werden. Immerhin umfasst die Arzneimittelauswahl in der Selbstmedikation die Hälfte der Packungen, die in der Apotheke abgegeben werden. Die evidenzbasierte Beratung ist zudem ein zentraler Punkt, wenn es um den Verbleib von OTC-Arzneimitteln in der Apothekenpflicht geht. Die AK Niedersachsen brachte auch für den Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland den Antrag ein, schon im Studium den Grundstein für eine engere Zusammenarbeit von Apothekern und Ärzten zu legen. Bereits im praktischen Jahr sollten Ärzte in der Ausbildung und Pharmazeuten im Praktikum zusammenarbeiten und z. B. gemeinsam Fallbeispiele erarbeiten. Die Anträge wurden angenommen.
Die Forderung der Studenten, die Kammern mögen obligatorische Erste-Hilfe-Kurse während des praxisbegleitenden Unterrichts anbieten, die die AK Westfalen-Lippe als Antrag einbrachte, stieß auf Widerstand. Es sei zwar wichtig, dass Apotheker Erste-Hilfe-Kenntnisse besitzen, aber die Kammern sehen sich überfordert, in den begleitenden Unterrichtsveranstaltungen solche Kurse anzubieten. Zu einer Abstimmung kam es nicht, der Antrag wurde übergangen. |
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