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- DAZ 38/2017
- 0,5 ‰ im Blut
Prisma
0,5 ‰ im Blut
Wie Goldfische eine monatelange Hypoxie überleben
Die Karausche (Carassius carassius), die auch als Moorkarpfen bezeichnet wird, lebt in flachen Seen und Teichen, die von Natur aus sauerstoffarm sind – besonders im Winter, wenn sie zugefroren sind. Sie ist an diesen Biotop bestens angepasst, ebenso wie der mit ihr verwandte, aber nur in Kultur vorkommende Goldfisch (Carassius auratus) an stille Gartenteiche. Beide Fische können selbst lange Winter unter der Eisdecke überleben, solange ihr Glykogen-Vorrat in der Leber reicht. Bei dem dann herrschenden Sauerstoffmangel bauen sie Brenztraubensäure (Pyruvat) anaerob ab, jedoch nicht zu Milchsäure, sondern zu Ethanol, den sie kontinuierlich durch die Kiemen ausscheiden. Der Blutalkoholspiegel der Fische kann auf 0,5 Promille steigen, ohne dass ihnen dies schadet – im Gegenteil: Der Alkohol mit seinem niedrigen Schmelzpunkt erhält die wechselwarmen Fische am Leben, wenn sie im Eis einfrieren.
Ursache für diese metabolischen Fähigkeiten ist eine Duplikation der Gene, die den Pyruvat-Dehydrogenase-Komplex (PDHc), einen der größten Enzymkomplexe von Wirbeltieren, codieren. Die beiden Fische besitzen außer dem standardmäßigen PDHc, der Pyruvat zu Acetyl-CoA abbaut, noch eine Pyruvat-Decarboxylase, die bei Hypoxie angeschaltet wird und Pyruvat zu Acetaldehyd abbaut – so wie das auch die Bierhefe tut. Der giftige Acetaldehyd wird anschließend im Muskelgewebe der Fische zum weniger giftigen Alkohol reduziert. |
Quelle
Fagernes CE et al. Extreme anoxia tolerance in crucian carp and goldfish through neofunctionalization of duplicated genes creating a new ethanol-producing pyruvate decarboxylase pathway. Sci Rep 2017;7:art no 7884
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