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- DAZ 37/2017
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Die Seite 3
Vor der Wahl
Bei den vergangenen Bundestagswahlen war die Frage nach dem Fremd- und Mehrbesitz und nach der Haltung gegenüber der inhabergeführten Apotheke die „Schicksalsfrage“ für die Apotheker. Das ist sie dieses Mal vielleicht mehr denn je. Denn mit der FDP hat erstmals eine Partei die Aufhebung des Fremdbesitzverbots explizit in ihr Wahlprogramm geschrieben. Bisherige Verfechter solcher Ideen – ob nun bei der SPD oder den Grünen – konnten sich nie auf einen solch eindeutigen Konsens innerhalb der Partei berufen. Dass sich die FDP-Vizechefin Strack-Zimmermann immer wieder mit dem turbulenten Verlauf des Parteitags herauszureden versuchte, machte die Sache nicht besser. Bleibt zu hoffen, dass die FDP – sollte sie nach der Wahl in Regierungsverantwortung kommen – die vorgelegten Entwürfe sorgfältiger prüft, bevor sie sie beschließt … Inzwischen scheint die ehemalige „natürliche“ politische Heimat der Freiberufler und Selbstständigen allerdings gar keinen Wert mehr auf die Stimmen der Apotheker zu legen: Sollen sie doch die Linkspartei wählen, dann werden sie schon sehen, was sie davon haben, sagte Parteichef Lindner vor einigen Tagen sinngemäß der „Berliner Zeitung“.
Und tatsächlich: Schaut man sich die gesundheitspolitischen Forderungen der Linken an und vor allem die zur Arzneimittelversorgung, dann entdeckt man große Übereinstimmungen mit den Forderungen der Apothekerschaft. Schon auf dem Deutschen Apothekertag 2013, der ebenfalls kurz von einer Bundestagswahl stattfand, zeigte sich Jens Spahn – der damals noch Gesundheitspolitiker war – irritiert über den anhaltenden Applaus der Apotheker für linke Positionen. Die Linke lehnt Apothekenketten vehement ab, die Rabattverträge sollen abgeschafft und durch eine Positivliste ersetzt werden. Und bei der „neuen Schicksalsfrage“ der Apotheker, dem Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel, steht die Linke felsenfest an der Seite der Apotheker: Schon vor dem EuGH-Urteil forderte sie eine Begrenzung des Arzneimittelversands auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß – also ein Rx-Versandverbot. Einzig, dass linke Gesundheitspolitiker immer wieder Sympathien für eine Bedarfsplanung haben durchscheinen lassen und die geforderte Abschaffung der PKV könnte in den gesundheitspolitischen Fragen ein Wermutstropfen sein.
SPD und Grüne dagegen scheinen ein grundsätzliches Problem mit den Apothekern zu haben. Es wirkt, als hätten sie die früheren Forderungen nach „größeren Vertriebsstrukturen“ und „Liberalisierungen“ direkt durch die Verteidigung des Arzneimittelversands ersetzt. Dabei klingt die Beteuerung, die Apotheke vor Ort stärken zu wollen, durchaus glaubhaft – doch keines der vielen guten Argumente für ein Rx-Versandverbot kommt bei SPD oder Grünen an. Geradezu starrsinnig wird an Boni-Deckeln oder -Verboten festgehalten, egal was Juristen, Gesundheitsökonomen und Standesvertreter sagen.
Die AfD wird – das kann nach heutigem Stand als sicher gelten – als erste offen rechtspopulistische Partei in den deutschen Bundestag einziehen. Zu gesundheitspolitischen Themen hat sie sich bisher wenig geäußert, zu Fragen der Arzneimittelversorgung gar nicht. Dass ihre Parteivorsitzende beim Bayreuther Gesundheitsökonomen Oberender promoviert hat, sollte die Apotheker aber eher beunruhigen (s. „Positionen und Personen“, S. 20 dieser DAZ).
Viele Kommentatoren beklagen den „langweiligen“ Wahlkampf. Das mag Folge der Großen Koalition sein, die allzu scharfe Angriffe der SPD auf die Union, mit der man vier Jahre durchaus erfolgreich regiert hat, verhindert. Für die Apotheker aber ist diese Wahl von schier unerträglicher Spannung. Hängt doch von ihrem Ausgang und den anschließenden Koalitionsverhandlungen die wirtschaftliche Zukunft vieler Apotheken ab – und die Stabilität des gesamten Systems.
Benjamin Wessinger
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