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Phytotherapie

Salbei auch zur Langzeitanwendung

Neue HMPC-Monografie erweitert Indikationen und streicht Interaktionen

Der Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (Herbal Medicinal Products Committee, kurz HMPC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA hat kürzlich die finale Fassung der revidierten Monografie „Salvia officinalis L., folium“ veröffentlicht. Darin hat er die Anwendung von Zubereitungen aus Blättern des echten Salbeis auf Basis der aktuellen wissenschaft­lichen Literatur neu bewertet [8]. | Von Nico Symma

Bereits in mittelalterlichen Quellen wird die Anwendung von Salbei-­Zubereitungen zur Steigerung des ­Appetits, als Mittel gegen Flatulenz oder bei Erkältungsbeschwerden sowie zur äußerlichen Behandlung leichter Wunden beschrieben [1]. Nachdem die Kommission E im Jahr 1985 und die ESCOP im Jahr 1996 bzw. 2003 ihre Monografien zu Salbeiblättern veröffentlicht hatten, erarbeitete das (2004 gegründete) HMPC erstmals im Jahr 2008 eine Salbei-Monografie [2]. Wie bei der Erstellung einer Monografie üblich hatte das HMPC zu Anfang die Fachöffentlichkeit um Einreichung entsprechender wissenschaftlicher Literatur gebeten, die eine „anerkannte medizinische Verwendung“ belegen konnte bzw. die die Anwendung als traditionelles Arzneimittel über einen Zeitraum von mindestens 30 Jahren, davon mindestens 15 Jahre innerhalb der Europäischen Union, auswies. Im Anschluss an die interne Diskussion und Bewertung der eingegangenen Quellen wurde die Monografie Salbeiblätter im November 2009 vom HMPC veröffentlicht.

Traditionelle Anwendung

Die Experten waren zu dem Schluss gekommen, dass eine traditionelle Anwendung von Salbeiblättern in vier Indikationen als belegt gilt:

  • innerlich zur Linderung von milden dyspeptischen Beschwerden wie Sodbrennen oder Völlegefühl und
  • zur Reduktion von übermäßigem Schwitzen sowie
  • äußerlich zur Behandlung von Entzündungen im Mund- und Rachenraum und
  • zur Linderung von leichten Entzündungen der Haut [2].

Zur Anpassung der Monografie an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand wurde im Jahr 2015 eine Revision begonnen. Der im Ergebnis entstandene Entwurf einer revidierten Monografie wurde nach Kommentierung durch die Fachkreise und er­neuter Diskussion im September 2016 vom HMPC beschlossen und im Juli 2017 veröffentlicht [8]. Viele grundlegende Aspekte, darunter die vier Indikationen, wurden beibehalten. Beim Vergleich der revidierten mit der früheren Monografie fallen jedoch einige wichtige Änderungen auf.

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Salbeiblätter: Küchenkraut, altbewährtes Volksheilmittel und Ausgangsmaterial für traditionelle Salbei-Zubereitungen.

Neubewertung von Thujon

Wurde in der alten Version der Monografie aufgrund der potenziellen Interaktion des Salbei-Inhaltsstoffes Thujon mit GABAA -Agonisten (Benzodiazepine, Alkohol, Barbiturate etc.) noch der Hinweis aufgeführt, diese Stoffe nicht mit Salbei-Zubereitungen zu kombinieren, so wurde diese Empfehlung in der revidierten Monografie gestrichen, da bis heute eine solche Arzneimittelinteraktion klinisch nicht dokumentiert ist [3]. Weiterhin gab es in der früheren Fassung den Hinweis, dass Salbei-Zubereitungen zu einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit führen können. Er basierte auf einer Studie von Dettling et al. [4], die allerdings die Auswirkungen von Thujon-haltigen alkoholischen Getränken (Absinth) auf die Aufmerksamkeit und Stimmung untersucht und keinen Bezug zur Fahrtüchtigkeit hergestellt hatte. Deshalb wurde der Hinweis gestrichen und durch die Feststellung ersetzt, dass keine Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit unter Salbei-Zubereitungen bekannt sind und Daten zu dieser Thematik fehlen.

In der revidierten Salbei-Monografie wurde die maximale tägliche Aufnahme von Thujon von 5,0 mg pro Person auf 6,0 mg pro Person erhöht, und die frühere Begrenzung der Anwendung auf zwei Wochen wurde gestrichen. Letztere beruhte auf möglichen Sicherheitsbedenken, da damals Daten zu Langzeit-Effekten Thujon-haltiger Zubereitungen fehlten. Bei jeder Charge eines Salbei-haltigen Arzneimittels muss nun der Thujon-Gehalt angegeben sein, und bei seiner bestimmungsgemäßen Anwendung darf die täglich auf­genommene Thujon-Menge den Grenzwert von 6,0 mg nicht überschreiten.

Die Änderungen des Grenzwertes und der Anwendungsdauer basieren zum einen auf der langjährigen, sicheren und in der Dauer oft unbegrenzten ­Anwendung von traditionellen Salbei-Zubereitungen, zum anderen gibt es bisher keine Hinweise zu unerwünschten neurotoxischen Wirkungen Thujon-haltiger Arzneimittel [3]. Der Grenzwert-Erhöhung ging ein Public Statement des HMPC zur Bewertung der Toxizität Thujon-haltiger Zubereitungen aus dem Jahr 2012 voraus. Darin befürwortete es die Erhöhung der maximalen täglichen Aufnahme von 5,0 auf 6,0 mg Thujon pro Person und verwies auf eine Studie von Lachenmeier und Uebelacker aus dem Jahr 2010, die besagt, dass die Aufnahme von 3 bis 7 mg Thujon pro Tag als unbedenklich angesehen werden kann [5]. Zudem wies das HMPC darauf hin, dass die bisherigen Untersuchungen keine Grenze definieren konnten, ab der toxische Effekte auf­treten [6].

Neu: Langzeitanwendung bei Hyperhidrose

Im Zusammenhang mit der neu bewerteten Toxizität Thujon-haltiger ­Zubereitungen wurde die Indikation „übermäßiges Schwitzen“ um die Möglichkeit der Langzeit-Anwendung ergänzt. Zudem ist bei dieser Indikation nun auch ein Trockenextrakt anwendbar. Da die Hyperhidrose ein chronisches Leiden ist, welches die Betroffenen deutlich belastet, erscheint eine langfristige Therapie mit Salbei-Zubereitungen sinnvoll. Wie das HMPC im Public Statement zu Thujon-haltigen Zubereitungen festgestellt hat, birgt die langfristige Anwendung von Salbei-Zubereitungen keine Sicherheitsbedenken, sofern die Dosierungs­empfehlung befolgt und die tägliche Obergrenze der Thujon-Aufnahme nicht überschritten wird.

Je nach Indikation: 1 bis 6 Wochen Selbstmedikation

Die Anwendungsdauer von Salbei-Zubereitungen ist bei allen vier Indikationen zwar weiterhin begrenzt, aber nicht wegen toxikologischer Risiken (Thujon-Gehalt), sondern wegen Bedenken gegenüber einer unkontrollierten Selbstmedikation [7]. So sollte der Anwender einen Arzt aufsuchen, falls sich die Symptomatik bei den jeweiligen Indikationen in einem bestimmten Zeitraum nach Therapiebeginn nicht verbessert hat:

  • Entzündungen im Mund- und Rachenraum: eine Woche,
  • dyspeptische Beschwerden: zwei Wochen,
  • leichte Entzündungen der Haut; ebenfalls zwei Wochen,
  • Hyperhidrose: sechs Wochen [8].

Mit der Revision der Monografie stehen Salbei-Zubereitungen dem Arznei-Portfolio auch in Zukunft als sichere phytotherapeutische Option zur Ver­fügung. |

Literatur

[1] Benedum J, Loew D, Schilcher H. Arzneipflanzen in der traditionellen Medizin. 4. Auflage, Kooperation Phytopharmaka, Bonn 2006:180

[2] European Union herbal monograph on Salvia officinalis L., folium. EMA/HMPC/331653/2008

[3] Assessment report on Salvia officinalis L., folium and Salvia officinalis L., aetheroleum. EMA/HMPC/150801/2015

[4] Dettling A, et al. Absinthe: Attention Performance and Mood under the Influence of Thujone. J Stud Alcohol 2004;65:573-581

[5] Lachenmeier DW, Uebelacker M. Risk assessment of thujone in foods and medicines containing sage and wormwood – evidence for a need of regulatory changes? Regulat Toxicol Pharmacol 2010;58:437-443

[6] Public statement on the use of herbal medicinal products containing thujone. EMA/HMPC/732886/2010 Rev.1

[7] Overview of comments received on European Union herbal monograph on Salvia officinalis L., folium. EMA/HMPC/277152/2015

[8] European Union herbal monograph on Salvia officinalis L., folium. EMA/HMPC/277152/2015

Autor

Nico Symma Pharmazeut im Praktikum

Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V.Ubierstraße 71-73, 53173 Bonn

autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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