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- DAZ 31/2017
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Arzneimittel und Therapie
Warnzeichen Wanderröte
Nach Zeckenstich kann eine rechtzeitige Antibiotika-Therapie schwere Borreliose-Verläufe verhindern
Bei der Borreliose handelt es sich um eine entzündliche Multiorganerkrankung, die mit dem häufig übersehenen Erythema migrans an der Einstichstelle der Zecke beginnt. Verantwortlich dafür sind die folgenden fünf Genospezies aus dem Borrelia burgdorferi sensu lato Komplex: B. afzelii, gefolgt von B. garinii,B. bavariensis,B. burgdorferi sensu stricto und B. spielmanii. Sie können sich nach dem Zeckenstich über das Blut ausbreiten und zu Grippe-ähnlichen Symptomen und weiteren Hauterythemen führen. Weitere Befunde können eine regionale oder generalisierte Lymphadenopathie, Karditis, aseptische Meningitis und kraniale Polyneuropathien und in seltenen Fällen auch eine Konjunktivitis sein. Unbehandelt drohen Organmanifestationen vor allem an Gelenken und dem Nervensystem. Gefürchtete Spätmanifestationen sind:
- Acrodermatitis chronica atrophicans, eine chronische Hautinfektion. Sie zeichnet sich durch eine bläuliche Verfärbung und pergamentähnliche Struktur aus.
- Lyme-Arthritis, bei der das Gelenk anschwillt und schmerzt, aber nicht gerötet ist.
- Entzündungen des Rückenmarks und/oder des Gehirns.
Da es bislang immer noch keinen Impfstoff gegen eine Borrelien-Infektion gibt, ist es besonders wichtig, sich so gut wie möglich vor Zecken durch Kleidung und Repellenzien wie DEET (z. B. Anti Brumm® Forte, Nobite® Hautspray DEET) oder Icaridin (z. B. Autan® Protection Plus) zu schützen. Dabei ist zu beachten, dass die Wirksamkeit der Repellenzien mit einer Dauer von bis zu vier Stunden begrenzt ist.
Kommt es dennoch zu einem Zeckenstich, muss die Zecke schnellstmöglich entfernt werden, und zwar bevor sie sich mit Blut vollgesaugt hat. Es gibt Hinweise aus Untersuchungen mit Tieren, nach denen es innerhalb der ersten zwölf Stunden nach Zeckenstich nur sehr selten zu einer Borrelien-Übertragung kommt. Von einer Untersuchung der entfernten Zecke auf Borrelien wird laut Leitlinie Kutane Borreliose der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft [1] abgeraten.
Antibiotikum |
Erwachsene Dosis/Tag |
Kinder Dosis/kg KG/Tag |
Dauer p.o. |
---|---|---|---|
Lokalisiert: solitäres Erythema migrans, Erythema chronicum migrans | |||
Doxycyclin** |
2 × 100 mg oder1 × 200 mg |
ab 9. Lj. 4 mg**(maximal 200 mg) |
10 – 14 Tage |
Amoxicillin |
3 × 500 – 1000 mg |
50 mg |
14 Tage |
Cefuroximaxetil |
2 × 500 mg |
30 mg |
14 Tage |
Azithromycin |
2 × 250 mg |
5 – 10 mg |
5 – 10 Tage |
Disseminiert*; multiple Erythemata migrantia, Erythema migrans mit Grippe-ähnlichen Symptomen, Borrelien-Lymphozytom (solitär und disseminiert) | |||
Doxycyclin** |
2 × 100 mg1 × 200 mg |
ab 9. Lj. 4 mg**(maximal 200 mg) |
14 – 21 Tage* |
Amoxicillin |
3 × 500 mg – 1000 mg |
50 mg |
14 – 21 Tage* |
Cefuroximaxetil |
2 × 500 mg |
30 mg |
14 – 21 Tage* |
Azithromycin |
2 × 250 mg |
5 – 10 mg |
5 – 10 Tage* |
*: Die Therapiedauer richtet sich nach der Dauer und Schwere der klinischen Symptomatik; bei multiplen Erythemen und bei Borrelien-Lymphozytom beträgt die Therapiedauer 21 Tage **: nach Abschluss der Zahnschmelzbildung |
Große Hoffnungen wurden in die Entwicklung eines lokal anzuwendenden Azithromycin-Gels gesetzt, das vor einer Borrelien-Infektion schützten sollte, wenn es direkt nach einem Zeckenstich aufgetragen wird. Mit einer entsprechenden 10%igen Azithromycin-Formulierung wurde eine Phase-III-Studie durchgeführt. In der randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie wurde eine dreitägige lokale Behandlung mit dem Azithromycin-Gel mit einer oralen Doxycyclin-Therapie verglichen. Primärer Endpunkt war ein Therapieversagen nach acht Wochen, definiert als Auftreten eines Erythema migrans an der Stelle des Zeckenstichs mit oder ohne Serokonversion. Nachdem es in beiden Gruppen gleich häufig zu einem Therapieversagen gekommen war, wurde diese Studie vorzeitig abgebrochen. Eine Schutzwirkung konnte damit nicht belegt werden. Nach wie vor wird daher von einer systemischen oder lokalen antibiotischen Prophylaxe sofort nach einem Stich abgeraten [1]. Allerdings sollte die Stichstelle sechs Wochen nachbeobachtet werden (s. Kasten „Hilfe, eine Zecke!“).
Hilfe, eine Zecke!
1.Die Zecke schnellstmöglich entfernen mit speziellen Zeckenpinzetten oder Zeckenkarten, und zwar indem man die Zecke langsam durch Ziehen und Schieben aus der Haut herauslöst. Kein Drehen, keine Vorbehandlung mit Öl oder Klebstoff! Quetschen vermeiden! Ein verbliebener Rest des Stechapparates (oft fehlinterpretiert als Kopf) soll mit einer sterilen Nadel, Kürette oder vom Arzt entfernt werden.
2. Den ganzen Körper und bei Kindern vor allem den Kopf nach weiteren Zecken absuchen.
3. Die Haut in der Umgebung der Einstichstelle über sechs Wochen beobachten. Unmittelbar nach einem Stich tritt eine Rötung auf, die sich innerhalb weniger Tage zurückbildet. Tritt danach erneut eine Rötung auf oder vergrößert sich die anfängliche Rötung auf 5 cm und mehr, sofort einen Arzt aufsuchen! Das kann das erste Zeichen der Wanderröte (Erythema migrans) und damit der Frühmanifestation der Lyme-Borreliose sein.
4. Die typische Wanderröte in der Umgebung der Einstichstelle umgehend antibiotisch behandeln, auch ohne Blutuntersuchung und Antikörpernachweis. Empfohlen wird Doxycyclin (bei Kindern erst ab dem 9. Lebensjahr) oder Amoxicillin (s. Tab).
5. Borrelien können sich auf dem Blutweg verbreiten und zu Grippe-ähnlichen Beschwerden ohne Atemwegsbeteiligung führen, auch wenn keine typische Hautrötung beobachtet worden ist. Das kann der Beginn einer Spätmanifestation in Gelenken und dem Nervensystem sein, deshalb sollte umgehend ein Arzt zur Abklärung aufgesucht werden.
6.Im Frühstadium ist eine Lyme-Borreliose durch eine Leitlinien-gerechte Antibiotika-Therapie vollständig heilbar, Spätmanifestationen werden so verhindert.
7. Eine Untersuchung der entfernten Zecke auf Borrelien ist nicht sinnvoll, denn selbst bei einem Nachweis ist nicht sicher, ob tatsächlich eine Übertragung stattgefunden hat. Umgekehrt schließt ein fehlender Nachweis eine Übertragung nicht aus.
8.Keinevorbeugende Antibiotikatherapie nach einem Zeckenstich, denn nur ein kleiner Teil der mit Borrelien infizierten Menschen erkrankt an einer Borreliose.
Quelle: nach [1]
Entwickelt sich ein typisches Erythem an der Einstichstelle, dann ist eine antibiotische Therapie angezeigt, bevorzugt mit oralem Doxycyclin oder Amoxicillin. Aus der Gruppe der Makrolide hat sich darüber hinaus Azithromycin als wirksam erwiesen.
Bei Frühmanifestationen sollen die Patienten zehn bis 21 Tage antibiotisch behandelt werden (Tab)., bei kutanen Spätmanifestationen (Acrodermatitis chronica) ohne neurologische Beteiligung wird ein Zeitraum von 30 Tagen als ausreichend angesehen. Bei neurologischer Beteiligung kann eine intravenöse Therapie mit Penicillin G oder den Cephalosporinen Ceftriaxon oder Cefotaxim notwendig werden. Vor einer länger andauernden Antibiose wird gewarnt. Besonders eindrücklich hat dies vor Kurzem die US-Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) getan. Sie hat Fälle dokumentiert, bei denen die Patienten unter intravenöser Langzeitantibiose nicht oder nur schwer beherrschbare Komplikationen wie einen septischen Schock, eine Osteomyelitis, eine Clostridium-difficile-Infektion oder eine Staphylococcus-aureus-Infektion entwickelt hatten. |
Quelle
[1] Kutane Lyme Borreliose. S2k-Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, Stand März 2016, AWMF-Nr. 013/044
[2] Schwameis M, Kündig TM, Huber G et al. Topical azithromycin treatment for the prevention of Lyme disease: Results from randomised, placebo-controlled clinical trials. Lancet Infect Dis. 2016, doi: http://dx.doi.org/10.1016/S1473-3099(16)30529-1
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