- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 27/2017
- Kleiner Vorteil durch ...
Arzneimittel und Therapie
Kleiner Vorteil durch NSAIDs
Schmerzmittel scheinen bei Rückenschmerzen nur geringfügig besser zu sein als Placebo
Schmerzen im unteren Rückenbereich sind ein weit verbreitetes Leiden in der Bevölkerung. Ursachen sind häufig mangelnde oder falsche Bewegung sowie einseitige Belastung und Stress. Bei den meisten Patienten lassen sich die Schmerzen durch Ruhe, Wärme oder gezielte Bewegung zumindest vorübergehend in den Griff bekommen. Als akut werden Rückenschmerzen bezeichnet, wenn sie erstmals oder nach mindestens sechs schmerzfreien Monaten über einen Zeitraum von höchstens sechs Wochen auftreten. Von chronischen bzw. chronisch rezidivierenden Rückenschmerzen spricht man, wenn sie länger als drei Monate anhalten. Die Prävalenz chronischer Rückenschmerzen lag laut eines Berichts des Robert Koch-Instituts im Jahr 2009 bei den über 70-Jährigen in einer Größenordnung von 40% [1].
NSAIDs sind die bevorzugte Therapie bei chronischen Beschwerden. Häufig eingesetzt werden Propionsäure-Derivate wie Ibuprofen und das Essigsäure-Derivat Diclofenac, die als Tabletten eingenommen oder als Salbe appliziert werden können. Ebenso wie Acetylsalicylsäure sind sie in niedriger Dosierung rezeptfrei erhältlich. Des Weiteren werden die verschreibungspflichtigen NSAID-Vertreter wie die Oxicame (z. B. Piroxicam) und die COX-2-Hemmer (z. B. Celecoxib) eingesetzt.
Die Frage der Wirksamkeit
Nachweise für die Wirksamkeit der NSAIDs bei chronischen Rückenschmerzen fehlen aber weiterhin.
Forscher des Erasmus Medical Center in den Niederlanden um Wendy Enthoven versuchten auf Basis eines Cochrane Reviews zu klären, ob die Einnahme von NSAIDs einen besseren Effekt auf Rückenschmerzen hat als Placebo oder andere Arzneistoffe. Dazu werteten sie 13 Studien aus den Jahren 1981 bis 2011 mit insgesamt 4807 Patienten aus. Das Alter der Teilnehmer betrug im Durchschnitt 49,7 Jahre. Als Messpunkte wurden die Linderung der Schmerzen, die Verbesserung der Beweglichkeit und das Auftreten schwerwiegender Nebenwirkungen definiert.
Sechs placebokontrollierte Studien
Sechs der 13 Studien verglichen NSAIDs mit Placebo (n = 1354). Diese zeigten einen signifikanten, wenn auch qualitativ niedrigen Vorteil der NSAIDs gegenüber Placebo auf der visuellen Analogskala, was die Reduzierung der Schmerzintensität betrifft.
Sechs Studien untersuchten schwerwiegende Nebenwirkungen der NSAIDs. Die Einnahme war in allen Fällen ähnlich sicher wie die Einnahme eines Placebos.
Wurden alle Studien mit hoher Wahrscheinlichkeit für systematische Fehler von den Autoren ausgeschlossen, ließ sich letztlich keine signifikante Verbesserung der Symptome durch nicht-steroidale Antirheumatika nachweisen. Drei Studien, die verschiedene NSAIDs untereinander oder mit anderen schmerzstillenden Medikamenten verglichen, wurden aufgrund der schlechten Qualität nicht in die Metaanalyse aufgenommen. Sie enthüllten keinen Unterschied in der Schmerzverbesserung. Eine weitere Studie sah einen Vorteil in der Behandlung mit Celecoxib gegenüber Tramadol.
Rückenübung für Beweglichkeit
Eine Arbeit verglich die Einnahme von NSAIDs mit leichten Rückenübungen, die die Teilnehmer zu Hause durchführten. Die Übungen verbesserten im Gegensatz zu NSAIDs die Beweglichkeit. Bei der Beurteilung der Schmerzen gab es keinen Unterschied.
Die Auswertung zeigt einen kleinen Vorteil der NSAIDs gegenüber Placebo. Die Qualität ist aber gering und die statistische Auswertung zu heterogen. Fast alle Untersuchungen berichten über unerwünschte Wirkungen. Auch hier ist die statistische Aussagekraft zu gering, und die Follow-up-Zeiten zur Überwachung der Teilnehmer wurden zu kurz gewählt, um schwerwiegende Zwischenfälle aufzuzeichnen. Aus diesem Grund lassen sich aus den ausgewerteten Studien keine endgültigen Schlüsse ziehen.
Zu bedenken ist, dass für die Studienauswahl strenge Einschlusskriterien hinsichtlich der Dauer der bestehenden Beschwerden festgelegt worden waren. Dadurch fiel die Zahl der eingeschlossenen Studien möglicherweise zu gering aus. Die Auswertung zeigt, dass weitere, qualitativ hochwertige Studien nötig sind, um herauszufinden, ob Patienten mit chronischen Rückenschmerzen von NSAIDs profitieren und welches der vielen nichtsteroidalen Antirheumatika am besten geeignet ist.
Empfehlungen
Wegen möglicher Nebenwirkungen empfehlen die Europäischen Richtlinien des Managements von chronischen Rückenschmerzen die Einnahme von NSAIDs für bis zu drei Monate, und die Leitlinien des American College of Physicians und der American Pain Society für chronische Rückenschmerzen die kürzestmögliche Einnahmedauer.
Mit Sonnengruß und Co. Schmerzmittel einsparen
Konsequent durchgeführt können sowohl Yoga als auch Physiotherapie gleichermaßen dazu beitragen, die Einnahme von NSAIDs zu reduzieren [3]. Eine prospektive, randomisierte Studie mit 320 Teilnehmern zeigte, dass Physiotherapie und Yoga-Übungen gleichermaßen Schmerzen im Lendenwirbelbereich bessern. Drei Viertel der Studienteilnehmer gaben an, Schmerzmittel einzunehmen. Die meisten von ihnen griffen auf NSAIDs zurück, ein Teil sogar auf Opioide.
Aufgeteilt auf drei Gruppen erhielten die Teilnehmer über zwölf Wochen entweder Yoga-Stunden, Physiotherapie oder ein Lehrbuch und einen Newsletter mit Tipps für Rückenübungen zum Selbstdurchführen. Die Schmerzintensität und die Beeinträchtigung durch die Rückenschmerzen wurden mithilfe einer Skala dokumentiert.
Durchhaltevermögen machte sich in diesem Fall bezahlt. Gut die Hälfte derjenigen, die die Studienphase von zwölf Wochen bis zum Ende mitmachten, erreichten eine klinisch relevante Verbesserung. Aus den Yoga- und Physiotherapiegruppen nahmen 20% der Teilnehmer keine Schmerzmittel mehr ein. Yoga war der Physiotherapie dabei nicht unterlegen.
Ein wichtiger Beitrag zur Vermeidung von Rückenschmerzen liegt in der Prävention und frühzeitigen Behandlung. Spätestens bei auftretenden Beschwerden sollten Patienten darauf hingewiesen werden, dass mit gezielten Bewegungsübungen und leichtem Sport wie zum Beispiel Yoga (siehe Kasten) die Rückenbeschwerden gelindert werden können. |
Quelle
[1] Raspe H. Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 53 – Rückenschmerzen. Robert Koch-Institut Berlin 2012
[2] Enthoven W et al. NSAIDs for Chronic Low Back Pain. JAMA 2017;317(22):2327-2328
[3] Saper RB et al. Yoga, Physical Therapy, or Education for Chronic Low Back Pain: A Randomized Noninferiority Trial. Ann Intern Med 2017, published online 20. Juni; doi: 10.7326/M16-2579 10.7326/M16-2579
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.