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Die Debatte muss weitergehen
Thomas Müller-Bohn: Gedanken zu den Ideen für das Apothekenhonorar
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte (ausdrücklich als Privatperson) beim Niedersächsischen Apothekertag ein Einschreibemodell als langfristigen Ansatz für die künftige Apothekenhonorierung vorgeschlagen. Damit reagierte er auf eine Präsentation, in der der Verfasser dieses Beitrags ein Fondsmodell vorgestellt hatte. Dies wurde ausführlich im Beitrag „Ein neuer Weg zum sicheren Ertrag?“ (DAZ 2017, Nr. 20, S. 26 ff) beschrieben.
Als Reaktion auf die Diskussion in Celle ergeben sich mittlerweile folgende Fragen und Antworten:
1. Welche Funktionen kann ein Finanzierungsfonds haben?
Der im genannten DAZ-Beitrag beschriebene Fonds betrifft zunächst die Finanzierungsseite und lässt für die Honorarverteilung bewusst viele Möglichkeiten offen. Ein solcher Fonds würde aus packungsabhängigen Beträgen finanziert. Wie dieses Geld verteilt wird, ist eine andere Frage. Ein Vorteil der Idee liegt gerade in der Vielzahl dieser Möglichkeiten.
Die Hauptaufgabe ist, ein neues Honorar für die alten Aufgaben zu gestalten. Wenn auch neue Aufgaben über den Fonds honoriert werden sollen, erfordert dies neue Mittel. Dies ist ein zentraler Gedanke im genannten DAZ-Beitrag. Die Kritik, der Fonds entziehe den Apotheken Geld, beruht daher auf einem Missverständnis. Solange die Fondssumme nicht angepasst wird (was ein anderes Thema ist), würde sich die Honorarsumme im Vergleich zur direkten packungsbezogenen Honorierung nicht ändern (abgesehen vom Verwaltungsaufwand für den Fonds). Doch die Verteilung unter den Apotheken könnte sich ändern.
2. Wie könnte ein pauschaler Honoraranteil gestaltet werden?
Die Honorarverteilung würde sich besonders dann ändern, wenn ein Teil des Honorars als apothekenbezogene Pauschale ausgeschüttet wird. Die Diskussion beim Niedersächsischen Apothekertag hat erhebliche Bedenken der Anwesenden gegenüber einer standortabhängigen Versorgungspauschale deutlich gemacht. Wenn sich diese Einschätzung bestätigt, rückt eine einheitliche Pauschale für alle Apotheken in den Mittelpunkt. Dann wäre nach einer angemessenen Höhe der Pauschale zu fragen.
3. Wie passt ein Einschreibemodell dazu?
Das von Friedemann Schmidt vorgeschlagene Einschreibemodell betrifft primär die Honorarverteilung. Wenn auch die Honorareinnahmen an die Einschreibung geknüpft werden, dürfte ein solches Konzept viele Probleme aufwerfen: Die Idee zielt auf die intensive Versorgung chronisch Kranker. Doch wenn jede Einschreibung gleich honoriert wird, entscheidet die große Zahl der Gesunden oder gelegentlichen Apothekennutzer über das Honorarvolumen – sowohl in der einzelnen Apotheke als auch insgesamt. Das wäre weder für die Apotheken noch für die Kostenträger kalkulierbar. Dabei entstünde ein harter Wettbewerb um Gesunde. Damit Kranke dann überhaupt noch eine Apotheke finden, müsste der Tarif gestaffelt werden. Dann drohen ein bürokratisches Monster wie der morbiditätsabhängige Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenversicherungen und der dazugehörige Dauerkonflikt.
Das ist wohl ein wesentlicher Grund, weshalb eine solche Honorierung auch in anderen Ländern so schwer durchzusetzen ist. In den Niederlanden gibt es zwar eine vergleichsweise enge Bindung der Patienten an „ihre“ Apotheke, aber die Apothekenhonorierung ist nicht daran geknüpft (siehe Beitrag „Behandler des Patienten“ von Dr. Martina Teichert, DAZ 2017, Nr. 21, S. 23 ff).
Ein Teil der Probleme würde jedoch entfallen, wenn das Einschreibehonorar mit der Fondsfinanzierung gekoppelt wird. Das Gesamtvolumen wäre dann kalkulierbar. Maßnahmen gegen die Fehlanreize im Wettbewerb zwischen den Apotheken wären einfacher umzusetzen. Noch ein weiteres Problem einer direkten patientenbezogenen Honorierung wäre so zu umgehen. Der Umweg über den Fonds würde wahrscheinlich die Weiterentwicklung zu einer Fallpauschale verhindern, die das Risiko des Mehrverbrauchs von den Versicherern auf die Apotheken überwälzt.
Für die weitere Diskussion bleibt festzuhalten: Fondsfinanzierung und Einschreibemodell schließen einander nicht aus, sondern könnten sich sogar ergänzen.
4. Wie könnte eine Extremvariante aussehen?
Die Berichterstattung über den Niedersächsischen Apothekertag hat einen Landapotheker (der anonym bleiben möchte) dazu animiert, der DAZ einen sehr weitreichenden Vorschlag zu präsentieren. Demnach sollte das packungsbezogene Honorar auf den 3-Prozent-Aufschlag begrenzt werden. Das übrige bisherige Honorar sollte über einen Fonds in Abhängigkeit von der Zahl der jeweils eingeschriebenen Patienten an die Apotheken ausgeschüttet werden. Die Fondssumme sollte inflationsabhängig steigen. Der Kontrahierungszwang sollte nur noch für eingeschriebene Patienten und im Notdienst gelten. Gewinner dürften wohnortnahe (Land-)Apotheken sein. Verlierer wären Apotheken in Einkaufszentren und Ärztehäusern sowie Versandapotheken. Dieser Vorschlag treibt sowohl das Fondskonzept als auch die Idee einer Einschreibung auf die Spitze.
Fazit und Appell
Der Verfasser schließt sich dem zuletzt genannten Extremvorschlag nicht an, insbesondere weil er Hindernisse für eine pharmazeutische Arbeitsteilung schafft, die bei modernen Therapien immer wichtiger wird. Doch die Idee zeigt, wie weit das Potenzial eines Honorarfonds reicht. Gestaltungsmöglichkeiten gibt es also in großer Zahl. Daher sollten die Apotheker dringend über einen praktikablen und konsensfähigen eigenen Vorschlag für die künftige Apothekenhonorierung diskutieren, bevor ein Politiker mit einer eigenen Version die Meinungsführerschaft übernimmt. Politiker verschiedener Parteien haben immer wieder signalisiert, dass sie Vorschläge der Apotheker erwarten. |
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