- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 24/2017
- Mit Fenchel durch die ...
Arzneimittel und Therapie
Mit Fenchel durch die Wechseljahre?
Amerikanische Menopausegesellschaft berichtet über positive Studienergebnisse
Aus Sicht der NAMS ist die Hormon-Therapie bei klimakterischen Beschwerden zwar weiterhin am effektivsten, doch immer wieder wird nach pflanzlichen Alternativen zur Hormon-Therapie in den Wechseljahren gefragt. Vor diesem Hintergrund wird auch Fenchel untersucht.
Eine iranische und zwei indische Übersichtsarbeiten geben einen Überblick über die breite traditionelle Nutzung des Fenchels: Es wird unter anderem berichtet, dass Fenchel seit Jahrhunderten wegen seiner östrogenen Eigenschaften genutzt wird. Als fester Bestandteil in Stilltees ist Fenchel auch bei uns volksmedizinisch als Laktagogum bekannt. Er soll zudem bei der Menstruation unterstützend wirken, die Geburt erleichtern und die Libido steigern. Da dem Fenchel in den Übersichtsarbeiten neben all diesen östrogenen Eigenschaften auch noch viele weitere – wie antibakterielle, schmerz- und entzündungshemmende Eigenschaften – und sogar eine Anti-Tumor-Wirkung zugesprochen werden, können Zweifel aufkommen.
Zwei neue iranische Studien untermauern jedoch den östrogenen Effekt. Lesen Sie dazu das Interview: „Was Phytoestrogene leisten können?“ auf S. 32.
Was sagen die neuen Studien?
Gegenstand der NAMS-Pressemeldung ist eine randomisierte, dreifach verblindete und placebokontrollierte klinische Studie. Sie ist eine der ersten, die sich mit dem Nutzen von Fenchel bei der Behandlung postmenopausaler Frauen beschäftigt. 79 Iranerinnen zwischen 45 und 60 Jahren, die sich in den ersten fünf Jahren ihrer Postmenopause befanden, wurden analysiert. Zur Auswertung wurde der Menopause-Rating-Scale–Fragebogen (MRS) verwendet. Er wird weltweit als Skala genutzt, um die Ausprägung des Klimakteriums zu messen. Nur Frauen, die mindestens neun Punkte erzielten (mittlere Ausprägung der Symptome), durften an der Studie teilnehmen. Über acht Wochen erhielten die Teilnehmerinnen zweimal am Tag eine 100-mg-Weichkapsel. Darin enthalten waren 30% ätherisches Öl (71 – 90 mg Anethol) das via Dampfdestillation aus den Früchten des Fenchels gewonnen wurde. Das Placebo enthielt nur Sonnenblumenöl. Zu Beginn, nach vier, acht und zehn Wochen verglich man die Ergebnisse mit der Placebo-Gruppe. In der Behandlungsgruppe zeigte sich nach Intervention ein signifikanter Abfall der Punktzahl des MRS. Die Forscher folgern, dass Fenchel eine effektive und sichere Methode zur Linderung postmenopausaler Symptome sein kann. Größer und länger angelegte Studien sind aber notwendig.
Vor über einem Jahr erschien eine Studie, in der Fenchel in einer Vaginalcreme angewendet wurde. Untersucht wurden die Auswirkungen auf die vaginale Atrophie. Acht Wochen lang erhielten 60 postmenopausale iranische Frauen einmal täglich entweder ein Placebo oder eine fünfprozentige Fenchel-Vaginalcreme. Auch hier besserte Fenchel die Symptomatik.
Prämenopause |
Perimenopause |
Postmenopause |
|
---|---|---|---|
Definition |
Zeit zwischen dem 40. Lebensjahr und der Perimenopause. Stellen die Eierstöcke ihre Funktion vor dem 40. Lebensjahr ein, bezeichnet man das als Climacterium praecox. |
Im Durchschnitt beginnt die Perimenopause mit 47 Jahren und dauert etwa vier Jahre; sie endet zwölf Monate nach der Menopause. Es bestehen aber genetische und regionale Unterschiede. |
Gestagen- und Östrogenproduktion sind auf ein Minimum abgefallen. |
Hintergrund |
|
|
|
Symptome |
|
Es treten erstmals die typischen Beschwerden auf:
|
Zusätzlich zu Beschwerden der Perimenopause treten auf:
|
Was sagt die Evidenz?
In Deutschland ist bitterer Fenchel-Tee für die symptomatische Behandlung dyspeptischer Beschwerden und die Anwendung bei Husten mit zähflüssigem Schleim zugelassen. Das HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products) bescheinigte dem Fenchel 2007 lediglich den Status der traditionellen Nutzung. Neben den deutschen Indikationen sieht sie auch ausreichend Erfahrung für die traditionelle Anwendung bei leichten Periodenschmerzen. Das HMPC greift auch andere Anwendungsgebiete auf, betont aber den Mangel an klinischen Daten. Den medizinischen Nutzen schreibt es vor allem den spasmolytischen, sekretolytischen, sekretomotorischen und antibakteriellen Eigenschaften des ätherischen Öls zu. Sowohl die Frucht des bitteren als auch des süßen Fenchels werden genutzt. Im Öl der Früchte des süßen Fenchels sind mindestens 80% trans-Anethol und maximal 7,5% Fenchon und 10% Estragol (ein Strukturisomer des Anethols) enthalten.
Wirkt Fenchel östrogen?
Laut HMPC zeigt eine Studie an 38 Frauen mit idiopathischem Hirsutismus eine signifikante Reduktion des Haarwuchses – sowohl nach Anwendung einer zweiprozentigen als auch einer einprozentigen Fenchel-Extrakt-Creme. Studien an Ratten zeigten dosisabhängige östrogene Effekte eines Fenchel-Extrakts: zum Beispiel erhöhte sich das Gewicht der Brustdrüsen. Auch ein östrogener Effekt des isolierten trans-Anethols konnte in Ratten gezeigt werden. Zusätzlich wurde die östrogene Aktivität des trans-Anethols in hohen Konzentrationen an rekombinanten Hefe-Zellen bestimmt: sie exprimierten den menschlichen Östrogen-Rezeptor.
Wie sicher ist Fenchel?
Aufgrund mangelnder Erfahrung und wegen des enthaltenen Estragols betrachtet das HMPC Fenchel bei Kindern unter 18 Jahren als kontraindiziert. Mehrere Studien an Mäusen zeigten karzinogene Effekte des Estragols. Auch in Schwangerschaft und Stillzeit rät die HMPC von der Anwendung ab. Wieder gibt es keine Daten und es ist nicht bekannt, ob Bestandteile des Fenchels in die Muttermilch übergehen. In zu hohen Dosierungen könnte eine Hormon-Therapie beeinflusst werden. Jedoch ist in den empfohlenen Mengen von keinem östrogenen Effekt auszugehen. Die HMPC empfiehlt als Dosierung 200 µl ätherisches Öl pro Tag, über maximal zwei Wochen (Erfahrungswert). |
Literatur
Pressemitteilung der NAMS: www.menopause.org/docs/default-source/default-document-library/fennel-benefits-postmenopausal-symptoms-5-17-17.pdf
Kooti W et al. Therapeutic and pharmacological potential of Foeniculum vulgare Mill: a review. J HerbMed Pharmacol. 2015;4(1):1-9.
Manzoor A R et al. Foeniculum vulgare: A comprehensive review of its traditional use, phytochemistry, pharmacology, and safety. 2016; Arab. J. Chem, 9(2),S1574–S1583, doi.org/10.1016/j.arabjc.2012.04.011
Shamkant BB et al. Foeniculum vulgare Mill: A Review of Its Botany, Phytochemistry, Pharmacology, Contemporary Application, and Toxicology. BioMed Res. Int; 2014, dx.doi.org/10.1155/2014/842674
Rahimikian F et al. Effect of Foeniculum vulgare Mill. (fennel) on menopausal symptoms in postmenopausal women: a randomized, triple-blind, placebo-controlled trial. Menopause; 2017, doi: 10.1097/GME.0000000000000881
Yaralizadeh M et al. Effect of Foeniculum vulgare (fennel) vaginal cream on vaginal atrophy in postmenopausal women: A double-blind randomized placebo-controlled trial. Maturitas, 2016;84:75-80. doi: 10.1016/j.maturitas.2015.11.005
EMA (European Medicines Agency)/ HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products): Community Herbal Monograph on Foeniculum Vulgare Miller Subsp. Vulgare Var. Vulgare, Fructus. www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_Community_herbal_monograph/2009/12/WC500018464.pdf
EMA (European Medicines Agency)/ HMPC (Committee on Herbal Medicinal Products): Assessment Report on Foeniculum Vulgare Miller; www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2009/12/WC500018463.pdf
Internetauftritt des Berufsverbands der Frauenärzte e.V.: www.frauenaerzte-im-netz.de
Kooperation Phytopharmaka: www.koop-phyto.org
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.