Aus der Hochschule

Das leistet die Klinische Pharmazie

Umfrage zur Forschung in Klinischer Pharmazie von 2009 bis 2013

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Von Christine Weiser, Janin Kuß, Charlotte Kloft1 | Seit mittlerweile 15 Jahren ist die Klinische Pharmazie fester Bestandteil in der Approbationsordnung für Apotheker [1]. Sie ist damit das jüngste der fünf pharmazeutischen Kernfächer und ist noch nicht an allen pharmazeutischen Hochschulstandorten Deutschlands eigenständig durch eine Forschungseinheit vertreten. Im Rahmen einer Wahlpflichtfacharbeit an der Freien Universität Berlin wurde in Zusammenarbeit mit der Fachgruppe Klinische Pharmazie der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft 2013 eine Umfrage unter den Fachverantwortlichen der Klinischen Pharmazie an den deutschen Hochschulstandorten durchgeführt. Ziel war es, ein genaueres Bild über die Entwicklung ihrer jeweiligen Forschungsaktivitäten zu gewinnen und eine übergreifende Bilanz zur Forschungsleistung des Fachs Klinische Pharmazie zu ziehen.
1 Unter Mitarbeit von Janina Irwin, David Mainka, Johanna Striegnitz, Meike Tröger, Sophia Wolf (alle: Studierende der Freien Universität Berlin mit Wahlpflichtfach Klinische Pharmazie).

Methode

Die Datenerhebung wurde mittels Online-Fragebogen (Survey­Monkey®) durchgeführt, welcher auf Grundlage der Delphi-Methode erstellt wurde. Bei der Delphi-Methode handelt es sich um ein wissenschaftliches Verfahren zur Konsensfindung, z. B. in der Erstellung von Fragebögen [2]. Dabei brachte ein Expertenteam (Kristina Friedland, Erlangen; Ulrich Jaehde, Bonn; Thorsten Lehr, Saarbrücken; Christoph Ritter, Greifswald) in iterativen Diskussionsrunden sowohl während der Erstellung des Fragebogens als auch bei der Auswertung der erhaltenen Antworten seine Erfahrung ein.

Im Fragebogen wurden die Daten der Standorte über einen Zeitraum von fünf Jahren (2009 – 2013) erhoben. Der Fragebogen war in vier Abschnitte unterteilt:

  • Zuerst wurden die Basisdaten der Standorte erhoben,
  • dann die Teilnahme an Forschungsverbünden und
  • die Daten zu den einzelnen Forschungsverbünden,
  • abschließend bestimmte Angaben zu den Forschungs­einrichtungen.

Der Fragebogen wurde an die Verantwortlichen des Faches Klinische Pharmazie aller 22 Hochschulstandorte für Pharmazie in Deutschland gesendet. Die erhaltenen Antworten wurden als erstes anonymisiert und nachfolgend in verblindeter Weise statistisch ausgewertet.

Datenbasis

17 der 22 Hochschulstandorte beantworteten den Fragebogen (Rücklaufquote: 77,3%), davon 16 vollständig und einer unvollständig; fünf Standorte machten keine Angaben. Einige Teilnehmer haben die Fragebögen erst Anfang 2014 zurückgeschickt und darin auch Angaben für 2014 gemacht; diese Angaben wurden in der Auswertung dem Doppeljahr 2013/14 zugeordnet.

Klinische Pharmazie an den Hochschulstandorten

Das Fach Klinische Pharmazie wurde im Jahr 2013 (Zeitpunkt dieser Erhebung) an 13 Standorten durch eine leitende Position vertreten, die ausschließlich für das Fachgebiet zuständig war, und zwar durch sieben Vollprofessuren, drei außerplanmäßige Professuren, eine Juniorprofessur, eine Hochschuldozentur und eine Akademische Ratsposition. An 13 Standorten waren im Jahr 2013 ununterbrochen Forschungseinheiten (z. B. ein Arbeitskreis) eingerichtet, die patientenorientierte Forschung betrieben (s. Abb. 1). Zu beachten ist, dass drei der 13 Forschungseinheiten erst seit Kurzem (< 3 Jahre) bestanden. Die kumulative gesamte Forschungsdauer, die von diesen 13 Forschungseinheiten seit ihrem jeweiligen Bestehen bis 2013 geleistet wurde, beträgt 125 Jahre bzw. im Median neun Jahre pro Standort.

Abb. 1: Entwicklung der Anzahl der Forschungs­einheiten in Klinischer Pharmazie an 17 deutschen Pharmaziestandorten bis 2013 (kumulativ ununterbrochen).

Charakteristika der Forschungsverbünde

Acht der 13 Forschungseinheiten waren im Zeitraum von 2009 bis 2013 Partner in insgesamt 24 größeren drittmittelgeförderten Forschungsverbunden (mindestens 3 Kooperationspartner), wobei 7 Forschungseinheiten vollständige Angaben hierzu machten. Diese Forschungsverbünde dauerten im Median drei Jahre und hatten im Median sechs Partnereinrichtungen. Teilweise waren sie auf „unbegrenzte“ Zeit angelegt und/oder sehr groß mit bis zu 26 Partnern. In der Mehrheit handelte es sich um Hochschulpartner, 41% waren nichtuniversitäre Institutionen, darunter Forschungseinrichtungen und die pharmazeutische Industrie (s. Abb. 2). An 70% der Forschungsverbünde beteiligten sich ausschließlich nationale Partner, in größeren Forschungsverbünden nahmen Partner aus bis zu zwölf weiteren Nationen teil.

Abb. 2: Anteile der verschiedenen Partnergruppenin den Forschungsverbünden unter Beteiligung der Klinischen Pharmazie.

19 Forschungsverbünde wurden von 2009 bis 2013/14 gegründet, also im Durchschnitt 3,8 pro Jahr. Sie wurden durch verschiedene Träger finanziert. Hauptdrittmittelgeber waren mit insgesamt 45,8% drei nationale staatliche Förderinstitutionen: die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG), das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (s. Abb. 3).

Abb. 3: Prozentuale Verteilung der nationalen staatlichen Drittmittelgeber Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG), Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Bundesministerium für Gesundheit (BMG).

Insgesamt 54,2% der Drittmittel gaben weitere nationale und internationale staatliche Fördereinrichtungen (z. B. die EU mit 12,5%) sowie private Sponsoren. Das Gesamtfördervolumen der einzelnen Forschungsverbünde wurde in zehn Kategorien gruppiert, wobei der Median sich auf 1 bis 2,5 Millionen Euro belief (s. Abb. 4). Von dem Fördergeld erhielten die Forschungseinheiten im Median jeweils 50.000 bis 100.000 Euro.




Abb. 4: Fördervolumen der 24 Forschungsverbünde, an denen die Forschungseinheiten der Klinischen Pharmazie beteiligt sind (n = 7).

Forschungsaktivitäten und -leistungen

Um eine Forschungsbilanz für das Fachgebiet Klinische Pharmazie ziehen zu können, wurden verschiedene Aspekte mit der Bezugsgröße „je Forschungseinheit pro Jahr“ berücksichtigt. Dabei wurden die Angaben der einzelnen Forschungseinheiten (n = 12) zu den Jahren 2009 bis 2013 ausgewertet.

Durchschnittlich gab es knapp fünf wissenschaftlich tätige Mitarbeiter (gerechnet als Vollzeitäquivalente; z. B. 2 Teilzeitstellen à 50% = 1 Vollzeitäquivalent) pro Forschungs­einrichtung, und fast die Hälfte dieser Mitarbeiter wurde über Drittmittel finanziert; diese hohe Quote war unabhängig von der Anzahl des wissenschaftlichen Personals der Forschungseinrichtung (Spanne: 1,5 bis 8, s. Abb. 5).

Abb. 5: Wissenschaftliches Personal (Vollzeitäquivalente) und seine Finanzierung an zwölf Forschungseinheiten.

An acht Standorten konnte in den Jahren 2009 bis 2013 ein Diplom oder Master in Klinischer Pharmazie erworben werden. Insgesamt gab es 83 erfolgreiche Abschlüsse, was 2,5 pro Jahr und Forschungseinheit entspricht; hinzu kamen 1,5 Promotionen pro Jahr und Forschungseinheit. Zum Zeitpunkt der Umfrage gehörten 92 Doktoranden den Forschungseinheiten an, von denen knapp die Hälfte drittmittel­finanziert war. Im Untersuchungszeitraum waren insgesamt zwölf Habilitanden und/oder postdoktorale Nachwuchswissenschaftler an den Forschungseinheiten tätig, von denen sich zwei habilitiert haben.

Im gleichen Zeitrahmen wurden insgesamt 237 Original­arbeiten und 54 Übersichtsarbeiten in Peer-reviewed Journals veröffentlicht; das sind im Durchschnitt 4,5 Original­arbeiten und 1,0 Übersichtsarbeiten pro Jahr und Forschungseinheit. Siebenmal wurden Forschungsprojekte der Klinischen Pharmazie ausgezeichnet.

Diskussion

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass an 13 von 17 Hochschulstandorten eine Forschungseinheit in Klinischer Pharmazie besteht. Von ihnen waren acht an Forschungsverbünden beteiligt, die in Kooperation mit universitären und mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Partnern der pharmazeutischen Industrie und weiteren Einrichtungen durchgeführt wurden.

Die Forschungseinheiten wurden großenteils durch Drittmittel gefördert. Ungefähr die Hälfte des wissenschaftlichen Personals und im Besonderen der wissenschaftliche Nachwuchs (Doktoranden und Habilitanden) waren drittmittel­finanziert.

Limitierend an der durchgeführten Studie ist, dass nur 16 der 22 Hochschulstandorte den Fragebogen komplett ausgefüllt haben (72,7%). Davon abgesehen wären auch direkt vergleichbare Daten zur Situation in den anderen pharmazeutischen Kernfächern wünschenswert. Deshalb sollte diese Erhebung künftig erweitert und kontinuierlich durchgeführt werden.

Fazit

Das Fach Klinische Pharmazie leistet als Bindeglied zwischen der pharmazeutisch-wissenschaftlichen Grundlagenforschung und der patientenorientierten Arzneimittelanwendung einen wichtigen Beitrag zur Qualität und Ausrichtung des Pharmaziestudiums. Innerhalb von zwölf Jahren nach der Einführung dieses Fachs in die Approbationsordnung für Apotheker hat sich bereits an vielen Hochschulstand­orten die klinisch-pharmazeutische Forschung im Verbund mit Forschungspartnern auf internationalem Niveau etabliert und ist insgesamt auf einem sehr erfolgreichen Weg. Von den 13 Hochschulstandorten, an denen eine Forschungseinheit bestand (Median des Bestehens: 9 Jahre), waren acht an Forschungsverbünden beteiligt. Diese Standorte stellten in fast drei Vierteln der Forschungsverbünde den Projekt­leiter oder eine führende Person in den Konsortien. Des Weiteren waren die Standorte mit eigenständiger Forschungseinheit in Klinischer Pharmazie hinsichtlich der Drittmittelfinanzierung, der Anzahl veröffentlichter Publikationen und der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sehr erfolgreich. Sehr bemerkenswert ist, dass die Hälfte des wissenschaftlichen Personals durch Drittmittel finanziert wird. Dies verspricht für die Zukunft eine weitere Stärkung der patientenbezogenen und interdisziplinären Forschung im Fach Pharmazie. Eine longitudinale Beurteilung in regelmäßigen Abständen, z. B. alle sechs Jahre, wird empfohlen. |

Literatur

[1] Approbationsordnung für Apotheker vom 19. Juli 1989 (BGBl. I S. 1489), zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. April 2016 (BGBl. I S. 886) geändert

[2] Kühl S et al (Hrsg). Handbuch Methoden der Organisationsforschung. Springer, Heidelberg 2009

Autoren

Apothekerin Christine Weiser, Pharmaziestudium an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, seit 2014 wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Klinische Pharmazie und Biochemie an der Freien Universität Berlin unter Leitung von Frau Prof. Dr. Charlotte Kloft.

Apothekerin Janin Kuß, Pharmaziestudium an der Freien Universität Berlin, anschließend PhiP in der Abteilung Klinische Pharmazie und Biochemie an der Freien Universität Berlin unter Leitung von Frau Prof. Dr. Charlotte Kloft, seit 2015 Filialleiterin der apotheke 4.0.

Prof. Dr. Charlotte Kloft, Pharmaziestudium an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, Promotion zum Dr. rer. nat. an der Freien Universität Berlin, 2005 bis 2011 Professorin für Klinische Pharmazie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, seit 2011 Leiterin der Abteilung Klinische Pharmazie und Biochemie am Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin.

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