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AOK versus Pro Generika
Führen Rabattverträge zu Monopolisierung oder fördern sie den Wettbewerb?
„Pro Generika irrt.“ Mit diesen Worten titelte die AOK Baden-Württemberg in der vergangenen Woche eine Pressemitteilung. Hermann, der federführend bundesweit die Rabattverträge für die AOK verhandelt, widerspricht darin einer kurz zuvor veröffentlichten Mitteilung von Pro Generika. Darin hatte der Branchenverband erklärt, dass sich die negativen Auswirkungen der Rabattverträge von Jahr zu Jahr immer deutlicher zeigen.
Pro Generika sieht drei kritische Entwicklungen
Drei Entwicklungen seien seit der Scharfschaltung der Rabattverträge zu beobachten: „Erstens geht die Zahl der Generikaunternehmen, die an der Versorgung teilnehmen, seit Jahren zurück. Zweitens nimmt die Marktkonzentration auf Wirkstoffebene kontinuierlich zu. Bei versorgungskritischen Antibiotika wie Cefixim, Doxycyclin und Clarithromycin stellen lediglich nur jeweils drei Unternehmensgruppen 99 Prozent der Versorgung im Rabattvertragsmarkt sicher. Drittens führen diese beiden Entwicklungen zu einer steigenden Anzahl an Lieferengpässen im Rabattvertragsmarkt. Denn je weniger Unternehmen an der Versorgung der Patienten teilnehmen, desto größer wird die Gefahr von Lieferengpässen“.
Diese Aussagen sind nicht aus der Luft gegriffen. Für den Bereich der Antibiotika hatte Pro Generika kürzlich eine Studie beim IGES-Institut in Auftrag gegeben. Diese kommt zu dem Schluss, dass auf Einzelwirkstoffebene die Anbieterkonzentration deutlich zugenommen habe und die Anbieterzahlen rückläufig seien – auch für die fünf verbrauchsstärksten Antibiotika.
Hermann: Keine Verengung sondern Wettbewerb
AOK-Chef Hermann sieht das ganz anders. „Pro Generika ist auf dem Holzweg“, kommentierte er. Tatsächlich hätten die Arzneimittelrabattverträge allein im zehnten Jahr ihres Bestehens zu einem Einsparvolumen von knapp 3,9 Milliarden Euro geführt, erklärt er. In den gesamten zehn Jahren hätten Versichertengelder in Höhe von insgesamt 20 Milliarden Euro eingespart werden können. Damit habe man aber alles andere als eine Verengung des Arzneimittelmarkts erreicht, so Hermann, sondern im Gegenteil, endlich Marktwirtschaft und Wettbewerb. Die Mechanismen des Arzneimittelmarkts funktionierten eben anders als sich das die fünf großen Pharmakonzerne zurechtbiegen, die im Lobbyverband das Sagen haben, erklärte der AOK-Chef. Es müsse darum gehen, im Interesse der Patienten den Arzneimittelmarkt für möglichst viele Anbieter zu öffnen und dauerhaft offenzuhalten.
„Das Lieferengpassrisiko zu beschwören ist unverantwortlich.“
Man beobachte sogar, dass kleinere Arzneimittelhersteller an die Kassen herantreten und Wirkstoffe zur Ausschreibung vorschlagen, für die es bislang noch keine Verträge gibt, berichtet Hermann. Das belebe den Generikamarkt zusehends.
„Den Rabattverträgen die Schuld zu geben für eine angebliche Monopolisierung, heißt die Wirklichkeit komplett auf den Kopf zu stellen“, meint Hermann. Als Beleg führt er den sogenannten Herfindahl-Hirschman-Index an – ein Maß für die Marktkonzentration, den die EU-Kommission im Rahmen ihrer Fusionskontrolle verwendet. Demnach sei die Marktkonzentration im rabattvertragsgeregelten Bereich 2015 mit einem Wert von 639 bereits äußerst gering gewesen. Und nicht nur das: Sie sei weiterhin rückläufig, denn 2016 ging der Index auf 610 zurück. Für Ökonomen gilt laut Hermann bereits ein Index unter 1000 als niedrig. Unter solchen marktfördernden Voraussetzungen zum wiederholten Mal auch noch das Risiko von Lieferengpässen zu beschwören, sei unverantwortlich und gehöre ins Reich der Fabel, betonte Hermann. |
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