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Aus den Ländern
Monstadt fordert nationale Diabetesstrategie
Gemeinsam gegen Diabetes und Adipositas
Immer mehr Betroffene
Dr. Thomas Ziese beschrieb die Gesundheitsberichterstattung des Robert Koch-Instituts (RKI). Dort werde bis 2019 eine Diabetes-Surveillance aufgebaut, die die heterogenen Daten zu dieser Krankheit zusammenführen soll. Die Häufigkeit des Diabetes unterscheide sich abhängig von der Region und vom sozialen Status, erklärte Ziese. Der Anstieg der Diabetikerzahl beruhe teilweise auf der früheren Diagnose. Ein Drittel der Zunahme ergebe sich aus dem höheren Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung.
Hans-Holger Bleß berichtete aus dem Weißbuch Adipositas des IGES-Instituts. Demnach hat etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung einen Body-Mass-Index von mindestens 30 und ist damit adipös. Adipositas müsse als eigenständige Erkrankung betrachtet werden, die das Risiko für Diabetes und andere Folgeerkrankungen sowie die Mortalität deutlich erhöht. Doch sei eine leitliniengerechte Versorgung von Adipositas-Patienten nach den Regeln der deutschen GKV nicht möglich, so Bleß. Er kritisierte fehlende Angebote zur Basistherapie, die restriktive Genehmigung chirurgischer Magenverkleinerungen und die fehlende Nachsorge, die den Erfolg solcher Operationen gefährde.
Gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Als Initiator der Veranstaltung betonte der CDU-Bundestagsabgeordnete Dietrich Monstadt, der auch Landesvorsitzender des Deutschen Diabetikerbundes Mecklenburg-Vorpommern ist, die enorme Zahl von bis zu zehn Millionen Diabetikern, die einschließlich der Dunkelziffer zu veranschlagen sei. Bis 2030 könnten es sogar 20 Millionen werden, warnte Monstadt. Als Maßnahmen der Politik dazu nannte Monstadt das Präventionsgesetz, die Surveillance des RKI und strukturierte Behandlungsprogramme. Doch stellte er die Nachhaltigkeit weiterer Initiativen infrage. Stattdessen forderte er eine nationale Diabetesstrategie, die zu Einzelmaßnahmen auf allen Ebenen führt. Dazu sollten die Prävention im Rahmen der ärztlichen Versorgung, die Weiterentwicklung von Disease Management Programmen, neue und zielgerichtete Versorgungsangebote, ein Register, verbesserte Aufklärung, Unterstützung für die Forschung, die Digitalisierung der Versorgung und Pläne der Länder gehören. Dabei sollte ein ressortübergreifender Ansatz verfolgt werden, denn die Bekämpfung des Diabetes betreffe als gesellschaftliche Querschnittsaufgabe Ernährung, Sport, Bildung, Forschung, Verbraucherschutz, Stadtplanung und weitere Lebensbereiche.
Dies propagiert Monstadt schon seit Jahren. Er bedauerte, dass die Strategie mit der SPD auf der Bundesebene nicht umzusetzen gewesen sei. Daher wolle er sie jetzt zum Wahlkampfthema machen. Jutta Schümann (SPD), ehemals Mitglied im Sozialausschuss des schleswig-holsteinischen Landtags, bedauerte ebenfalls, dass dazu in Berlin keine Einigung erzielt worden sei, verwies aber auf die von Schleswig-Holstein angestoßene Bundesratsinitiative für einen nationalen Diabetesplan. Diesen habe wiederum die CDU auf Bundesebene nicht aufgegriffen.
Prävention als Perspektive
Prof. Dr. Gerd Glaeske, Universität Bremen, betonte die hohen Kosten des Diabetes für das Gesundheitssystem. Doch obwohl die meisten Diabetesfälle durch einen geeigneten Lebensstil vermeidbar seien, werde viel zu wenig für die Prävention getan, kritisierte Glaeske. Verhaltensprävention könne nur gelingen, wenn die Verhältnisse so organisiert sind, dass die Menschen ihr Verhalten tatsächlich ändern können, erklärte Glaeske insbesondere mit Blick auf die Verfügbarkeit gesunder Lebensmittel im Alltag. Maßnahmen zur Prävention müssten in Kooperation vieler Gesundheitsberufe durchgeführt und unabhängig evaluiert werden. Letztlich bestehe die Chance, dass die Menschen erst später krank werden, in höherem Alter sterben und damit weniger Kosten verursachen.
Der Ernährungsmediziner Prof. Dr. Hans Hauner, München, beschrieb die Adipositas als weltweit größtes Gesundheitsproblem. Da sie fast jedes Organ schädigen kann, könnte die Vermeidung von Adipositas mit einem Schlag viele chronische Krankheiten verhindern. Doch vielen Adipösen in Deutschland werde eine Behandlung verweigert, bedauerte Hauner und erklärte: „Diabetesprävention findet in Deutschland nicht statt.“ Ein weiteres Problem sei, dass neu diagnostizierte Diabetiker keine individuelle Ernährungsberatung erhalten, denn zu einem umfassenden Therapiekonzept gehören gesunde moderne Lebensmittel. Dies sei auch eine Chance für die Wirtschaft, folgerte Hauner. |
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