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Interpharm 2017 – ApothekenRechtTag
Abschied vom Skonto?
Großhandelskonditionen auf dem gerichtlichen Prüfstand
In Deutschland können sich Kostenträger nicht nur darauf verlassen, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel in jeder Apotheke den gleichen Preis haben. Auch pharmazeutische Unternehmer müssen mittlerweile einheitliche Abgabepreise sicherstellen und für Großhändler gibt es Mindest- und Höchstpreise. So bestimmt die Arzneimittelpreisverordnung, dass der pharmazeutische Großhändler „auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne die Umsatzsteuer höchstens einen Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent sowie Umsatzsteuer“ erheben kann.
Nach dieser 2012 eingeführten Neuregelung sind die Großhandelskonditionen – auch von Herstellern im Direktvertrieb gewährte – zum Gegenstand juristischer Auseinandersetzung geworden. Allen voran sind die Konditionen des noch recht jungen Großhändlers AEP ins Visier der Wettbewerbszentrale geraten. AEP hatte den Apotheken beim Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bis zu einem Herstellerabgabepreis von 70 Euro einen Nachlass von 5,5% (3% Rabatt und 2,5% Skonto) versprochen. Bei Rx-Präparaten über 70 Euro sollten es 2% Rabatt plus 2,5% Skonto sein.
Wie disponibel ist der Großhandelszuschlag?
Die erste Frage lautet: Ist der gesamte Großhandelszuschlag disponibel – oder lediglich der prozentuale Anteil? Der Wortlaut der Arzneimittelpreisverordnung, so räumte Mand ein, lasse grammatikalisch beide Lesarten zu. Deutlich ist hingegen die Gesetzesbegründung zum AMNOG, mit dem die neue Großhandelsvergütung eingeführt wurde. Dort heißt es: „Der preisunabhängige Bestandteil ist nicht rabattfähig“. Und auch zum Direktvertrieb wird ausgeführt, die Gewährung von Rabatten auf den „fixen Großhandelszuschlag von 70 Cent je Packung“ sei unzulässig. Dahinter steckt der gesetzgeberische Wille, dass der Großhandel seinen Bereitstellungsauftrag auch bei niedrigpreisigen Arzneimitteln finanzieren kann.
Mittlerweile gehen auch alle drei Oberlandesgerichte, die sich mit der Frage befasst haben, davon aus, dass die 70 Cent nicht disponibel sind: Bamberg (AEP), München (EurimPharm) und Saarbrücken (Kohlpharma). Am 13. Juli ist für das Verfahren der Wettbewerbszentrale gegen AEP die mündliche Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof (BGH) anberaumt. Mand geht davon aus, dass der BGH sich der Auffassung der Obergerichte anschließen wird und der Großhändler nicht auf die 70 Cent verzichten darf.
Und was ist mit Skonti?
Damit bleibt die spannende zweite Frage: Wann liegt ein Verzicht vor? Verboten sind alle Vorteile, die den Kauf wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen, sagt der BGH. Das können Rabatte ebenso sein wie Zugaben. Ein Produktbezug ist dabei nicht erforderlich, ein Kaufzusammenhang reicht. In diesem Zusammenhang mahnte Mand vor einer Verknüpfung von OTC- und Rx-Geschäft: Keinesfalls sollte eine Apotheke beispielsweise gute Konditionen für OTC vereinbaren, die gewährt werden, wenn ein gewisser Rx-Umsatz erreicht wird.
Doch wie ist nun konkret mit Skonti umzugehen? In ersten Gerichtsentscheidungen wurden sie als Barrabatte, die nur in expliziten Grenzen erlaubt sind, qualifiziert. Das Landgericht Aschaffenburg erklärte dagegen im AEP-Fall, Skonti seien kaufmännisch und buchhalterisch etwas ganz andres als Rabatte. Sie reduzierten nicht den Kaufpreis, sondern seien eine Gegenleistung für die zeitnahe Zahlung. Letzteres ist auch für Mand der maßgebliche Aspekt: Es müsse zwischen echten und unechten Skonti unterschieden werden: Nur bei ersteren, die lediglich bei einer Zahlung vor Fälligkeit, gewährt werden können, sei eine aufrechenbare Gegenleistung für eine vertraglich nicht geschuldete Leistung anzunehmen. Echte Skonti seien damit kein Preisbestandteil und können nach Mands Auffassung in engen Grenzen – gemessen am Zinsniveau – zusätzlich zu Rabatten gewährt werden. Unechte Skonti, die schon bei pünktlicher Zahlung gewährt werden, seien dagegen Barrabatten gleichzusetzen. Sie müssten sich damit streng in den Grenzen des 3,15-prozentigen Zuschlags halten. Allerdings, so Mand, setzten die Obergerichte bislang alle Skonti Barrabatten gleich. Klärung wird hier erst die anstehende BGH-Entscheidung bringen.
Auch Werbekostenzuschüsse sind denkbar
Doch wie sieht es mit anderen Vorteilen aus? Auch hier gilt laut Mand die Regel: Der „Vorteil“ ist dann keiner, wenn ihm eine eigene nicht geschuldete Leistung gegenübersteht. Eine Einzelfallprüfung sei in jedem Fall nötig. Mand führte als Beispiel Werbekostenzuschüsse an, die insbesondere direkt vertreibende Hersteller Apotheken anbieten. Damit hatte sich das Oberlandesgericht Saarbrücken im Fall von Kohlpharma zu befassen und kam zu dem Ergebnis: Jedenfalls bei einer auf den Umsatz von Importen bezogenen Gewährung, sei ein Werbekostenzuschuss ein echter Preisnachlass. Denn einen höheren Beratungsbedarf gebe es hier nicht. Zudem seien die Apotheken nach der Apothekenbetriebsordnung ohnehin zur Beratung verpflichtet – dies dürfe nicht gesondert vergütet werden. Mand meint allerdings: Werbekostenzuschüsse on top könnten durchaus möglich sein, wenn klar definierte Handlungen der Apotheker in zulässiger Form als Gegenleistung erbracht werden (kein Umsatzbezug, Neutralitätsgebot beachten!).
Auswirkungen des EuGH-Urteils
Letztlich beleuchtete Mand die Frage, wie sich die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 auf die vorgelagerten Handelsstufen auswirkt. Angesichts der nun bestehenden Inländerdiskriminierung gelten auch für nationale Gerichte nun striktere Anforderungen an die Rechtfertigungsprüfung der deutschen Preisregelungen. Mand ist überzeugt: Sie werden sich weiterhin als verfassungskonform erweisen. Aber wie sieht es unionsrechtlich aus? Während deutsche Apotheken weiterhin an das deutsche Preisrecht gebunden sein werden, ist dieses für deutsche Großhändler, die ausländische Versandapotheken beliefern, nicht anwendbar. „Hersteller und Großhändler dürfen also an DocMorris & Co. zu jedem beliebigen Preis verkaufen“, so Mand. Schwieriger zu beantworten sei jedoch die Frage, ob ausländische Großhändler günstiger an deutsche Apotheken verkaufen dürfen. Ein solcher Fall ist bislang nicht akut geworden – aber doch nicht ganz aus der Luft gegriffen. Es könnte Großhändler geben, die sich gerade aus diesem Grund im Ausland niederlassen und dann auf den freien Warenverkehr pochen. Eine wichtige Grenze sei hier aber das Verbot von Umgehungsgeschäften. Sicher unter dieses Verbot fallen dürften Briefkasten-Großhandelsfirmen deutscher Apotheker in Österreich, so Mand. Ebenso wäre es unzulässig, wenn gar keine tatsächliche Grenzüberschreitung im Handel stattfindet. Zudem dürfe auf keinen Fall eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen Apotheke und ausländischer Großhandlung bestehen – auch nicht unter Ehegatten. Auch bei der Direktbelieferung durch Unternehmen funktioniert das Modell nicht, deutsche Firmen, die hierzulande ihr Arzneimittel in den Verkehr bringen, seien immer ans Preisrecht gebunden. Man darf also gespannt sein, ob die Preisbindung der vorgelagerten Handelsstufen auch noch ein Fall für die Gerichte wird. |
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