Prisma

Zombie-ähnliches Verhalten

Enorme ZNS-Dämpfung durch illegales Cannabimimetikum

cae | Am 12 Juli 2016 suchte eine „Zombie-Epidemie“ über 30 Männer eines Häuserblocks im New Yorker Stadtteil Brooklyn heim. Ursache für das Verhalten von „lebenden Toten“ war ein illegales Cannabi­mimetikum.
AMB-FUBINACA. Dieses Cannabimimetikum ist ein Indazolcarboxamid-Derivat mit einer Fluorbenzyl-Seitenkette und einem Methylbuttersäure-methylester als Brückenrest.

Insgesamt 18 Männer im Alter von 25 bis 59 Jahren fielen auf, als sie extrem lethargisch durch die Straßen irrten; darauf wurden sie von Rettungswagen in medizinische Zentren transportiert und erhielten bereits unterwegs eine künstliche Sauerstoff-Beatmung. Sie wiesen hohe Werte in der Glasgow ­Coma Scale auf (z. B. 13 von 15 möglichen Punkten), aber ihre physiologischen Parameter waren normal – bis auf den abnorm erniedrigten Blutdruck, z. B. 101/61 mmHg. Die Verhaltensstörung aufgrund der extremen ZNS-Dämpfung dauerte etwa zehn Stunden an. Danach sagten die Patienten, dass sie erstmals eine „Kräutermischung“ namens „AK‑47 24 Karat Gold“ geraucht hatten. Die Analyse des Produkts ergab, dass es mit dem Cannabi­mimetikum AMB-FUBINACA (auch: MMB-FUBINACA) versetzt war. Die Polizei fand weitere 15 Konsumenten dieses Stoffs in dem Häuserblock, die nicht auffällig geworden waren.

Cannabimimetika sind synthetische Cannabinoide, die an Cannabinoid-­Rezeptoren (CB1 und CB2) binden, obwohl ihre chemische Struktur von der des Tetrahydrocannabinols (THC) abweicht. Viele besonders potente Vertreter gehören zu den sogenannten ICA- und INACA-Familien. Ihre Kernstruktur ist ein Indol (I) bzw. ein Ind­azol (INA), an das in Position 3 als „Brücke“ ein Carboxamid (CA) gebunden ist. Typische Substituenten am N1 des Heterozyklus sind eine Cyclohexylmethyl-(CHM) oder eine Fluor­benzyl(FUB)-Gruppe. Variationsreicher sind die Substituenten am Carbox­amid, die sogenannten Brückenreste: häufig 3-Methyl- oder 3-Dimethylbuttersäure, die ihrerseits am C1 durch eine Aminogruppe substituiert oder mit einer Methylgruppe verestert ist; dabei ergibt sich durch die Bindung des C2 an die Aminogruppe der „Brücke“ eine Valin- bzw. eine tert-Leucin-Struktur. Verbindungen mit solchen Brückenresten enthalten im Kürzel stets ein B für Buttersäure. So ­kommen Bezeichnungen wie AMB-­FUBINACA oder MAB-CHMINACA (s. Abb. 4 im Beitrag "Illegal Highs") zustande.

AMB-FUBINACA war erstmals am 3. Juli 2014 in Louisiana als Rauschmittel entdeckt und sogleich verboten worden – eins von insgesamt 177 neuen Cannabimimetika, die in jenem Jahr dem UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) gemeldet worden waren. Unter den damals 540 neuen psychoaktiven Stoffen stellten die Cannabimimetika knapp ein Drittel und die weitaus größte Gruppe dar.

In-vitro-Studien ergaben, dass AMB-FUBINACA eine 85-fach stärkere Affinität zum CB1 aufweist als THC. Im Vergleich zu JWH-018, dem Cannabimimetikum in der seit 2008 bekannten Kräutermischung „Spice“, beträgt die Affinität das 50-Fache. Die Wirkung des Konsums von AMB-FUBINACA ist natürlich eine Frage der Dosis – ein „Zombie“-Verhalten dürfte daher die seltene Ausnahme sein.

In den untersuchten Kräutermischungen betrug der durchschnittliche ­Gehalt 16 mg/g. Eine Packung à 4 g kostete etwa 35 $, obwohl 1 g des Wirkstoffs im „Großhandel“ nur 2 bis 3,80 $ kostete (jeweils illegale Angebote im Internet), denn die Synthese von Cannabimimetika ist einfach. Folglich führt die Verarbeitung der Droge zu einer „Wertsteigerung“ um etwa das 130- bis 250-Fache. |

Quelle

Adams AJ, et al. „Zombie” Outbreak Caused by the Synthetic Cannabinoid AMB-FUBINACA in New York. N Engl J Med; Epub 14.12.2016

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