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Cannabis als Genussmittel

Münster startet Modellprojekt zur kontrollierten Freigabe – Experten sind geteilter Meinung

„Konsum ohne Reue? Verantwortungsvolle Regulierung von Cannabis auf kommunaler Ebene“ lautete das Thema einer Fachtagung am 13. Dezember 2016 in Münster/Westfalen. Die Stadt Münster hatte (wie auch Berlin und Düsseldorf) schon vorher beschlossen, ein Modellprojekt zum regulierten Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene durchzuführen.

Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Substanz in Deutschland. 2015 wurden hier 160.000 Menschen wegen Cannabiskonsum oder -handel polizeilich registriert, berichtete Cornelia Wilkens, Dezernentin für Soziales der Stadt Münster.

Der Missbrauch von Cannabis kostet die Gesellschaft jährlich 5 Milliarden Euro, wovon ca. 80% in die Strafrechtsverfolgung und lediglich ca. 20% in die Prävention fließen, so der Kriminologe Prof. Lorenz Böllinger, Bremen. Am Beispiel des Tabakkonsums legte er dar, dass eine verstärkte Aufklärung und Einschränkungen der Verfügbarkeit des Genussmittels den Konsum senken können. Dagegen fördere das derzeitige deutsche Strafrecht bei illegalen Drogen den Schwarzmarkt, so Böllinger.

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Risiken für die Gesundheit

Prof. Martin Smollich von der Praxishochschule Rheine berichtete über pharmakologisch-toxikologische Aspekte von Cannabis, dessen psychoaktive Wirkung hauptsächlich durch Tetrahydrocannabinol (THC) hervorgerufen wird. Die lipophile Substanz wird im Fettgewebe gespeichert und hat daher eine lange Halbwertszeit von 20 bis 35 Stunden. Der Inhaltsstoff Cannabidiol (CBD) entfaltet keine maßgeblichen psychotropen Wirkungen, sondern verringert die Wirkung von THC, weil er ebenfalls an Cannabinoid-Rezeptoren bindet. Aufgrund der komplexen Inhaltsstoffe sei der individuelle Effekt eines Cannabiskonsums kaum vorhersehbar, betonte Smollich. Eine letale Überdosierung sei allerdings nicht möglich. Bei jungen Erstkonsumenten unter 20 Jahren ist das Abhängigkeitsrisiko besonders hoch. Bei langfristigem Konsum nimmt die Gedächtnisleistung ab und verringert sich das Hirnvolumen. Zudem häufen sich Erkrankungen wie Schizophrenie, Psychosen, Lungenkrebs, COPD, Herzinfarkt, Schlaganfall und Hodenkrebs. Die möglichen Interaktionen mit Arzneimitteln seien noch wenig erforscht, so Smollich.

Die Verminderung der kognitiven Fähigkeiten durch Cannabis sei bei Jugendlichen unter 15 Jahren besonders problematisch, berichtete Dr. Jutta Settelmayer von der LWL-Klinik Münster. Deshalb seien Präventionsmaßnahmen bei Jugendlichen umso wichtiger. Cannabiskonsumenten haben – wie auch Tabakkonsumenten – ein verdoppeltes Risiko, andere illegale Substanzen zu gebrauchen.

Folgen der Prohibition

Weltweit haben 70,1 Millionen Menschen legalen und kontrollierten Zugang zum Gebrauch von Cannabis, so Hubert Wimber, ehemaliger Polizeipräsident in Münster und jetziger Vorsitzender von LEAP Deutschland (Law Enforcement Against Prohibition). Im US-Bundesstaat Colorado z. B. können Bürger ab 21 Jahren legal pro Kauf maximal 28 g Cannabis erwerben. Laut Wimber bewirkt die Prohibition weltweit keine Abnahme, sondern eine Zunahme des Konsums. Das liege auch daran, dass Polizei und Strafjustiz in erster Linie gegen die Konsumenten und nicht gegen die Anbieter vorgehen.

Die Befürworter einer freieren Drogenpolitik bemühen sich, ihre Standpunkte empirisch zu untermauern. So fordert der Schildower Kreis, der die ­Drogenprohibition ablehnt, die Einrichtung einer Enquete-Kommission, die die Auswirkungen der repressiven Drogenpolitik ermitteln soll (schildower-kreis.de).

Hans-Joachim Kuhlisch, derzeitiger Polizeipräsident in Münster, kritisierte hingegen den kontrollierten Gebrauch von Cannabis, weil dieser zu einer Ausweitung des Konsums führe. |

Wiebke Zastrutzki/cae

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