Wirtschaft

20 Prozent Wachstum für EU-Versender – pro Jahr

Studie des Versandapotheken-Beraters Sempora: Rx-Versand steigt nach EuGH-Urteil stark an. Marktanteil noch niedrig.

wes | Nach dem EuGH-Urteil dürfen ausländische Versender auf verschreibungspflichtige Arzneimittel Preisnachlässe und Boni bieten. Da deutschen Apotheken diese Maßnahmen weiterhin untersagt sind, werden die EU-ausländischen Versand­apotheken im Rx-Bereich schnell wachsen, prognostiziert eine Studie.

Die auf den Versandapothekenmarkt spezialisierte Beratungsgesellschaft Sempora hat eine Studie vorgestellt, wie sich das Geschäft der Versender im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel (Rx) bis 2021 entwickeln könnte. Dabei gehen die Analysten von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des Rx-Umsatzes in Deutschland um 2,9 Prozent aus – und von unveränderten gesetzlichen Rahmenbedingungen. Danach steige das gesamte Umsatzvolumen mit Rx-Arzneimitteln von 42,4 Mrd. Euro im vergangenen Jahr auf 48,8 Mrd. Euro im Jahr 2021.

Laut der Sempora-Studie haben die niederländischen Versandapotheken 2016 einen Rx-Umsatz von 380 Mio. Euro erzielt – das entspricht einem Anteil am deutschen Rx-Umsatz von gerade einmal 0,9 Prozent. Der Versandhandel inklusive der deutschen Versender hat einen Anteil von 1,3 Prozent am Rx-Umsatz. Rund 70 Prozent des Rx-Versandumsatzes entfallen demnach auf die niederländischen Versender, im wesentlichen DocMorris und EAV. Zwischen 2013 und 2016 ist der Umsatz der Holland-Versender Jahr um Jahr gesunken, weil ihnen Boni und Nachlässe verboten waren.

Das ist nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 anders, weswegen die Studie davon ausgeht, dass die holländischen Versender ein Wachstum von 20 Prozent realisieren dürften – jedes Jahr. Da die deutschen Versandapotheken weiterhin keine Boni gewähren dürfen, steige deren Umsatz dagegen nur mit dem Gesamtmarkt, also um 2,9 Prozent pro Jahr. Somit könnten die Versandapotheken im Jahr 2021 einen Rx-Versandumsatz von insgesamt 1,14 Mrd. Euro erzielen, 946 Mio. Euro davon würden in Holland ankommen. Dies entspräche einem Anteil am deutschen Rx-Markt von 2,3 Prozent.

Gehe man davon aus, dass die holländischen Versender sogar um jährlich 30 Prozent wachsen, würde der Rx-Gesamtumsatz bis 2021 auf 1,6 Mrd. Euro steigen. Das entspräche einem Rx-Marktanteil von 3,3 Prozent. Für solche Wachstumsraten seien aber neben Marketingmaßnahmen und Boni „eine Empfehlung des Rezeptgeschäfts über die Niederlande durch Multiplikatoren im Gesundheitswesen nötig“, wie Sempora schreibt. Sprich: Die Krankenkassen müssten ihre Versicherten animieren, in Holland zu bestellen.

Auf den ersten Blick mögen die prognostizierten Marktanteile der Versender nicht besonders eindrucksvoll wirken. Was die Studie aber nicht thematisiert: Verschiedene Umsätze wirken nicht gleichermaßen auf das Betriebsergebnis (s. dazu auch „Pest oder Cholera“, DAZ 2017, Nr. 3, S. 22). Und in den meisten Apotheken sind relativ wenige Kunden für einen sehr großen Anteil des Umsatzes verantwortlich. Wandert ein solcher Kunde in den Versand ab, ist das für eine Apotheke sofort spürbar. |

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