Gesundheitspolitik

Schranken für Neodolor-Werbung

Wie weit darf Werbung für ein homöopathisches Komplex-Arzneimittel gehen?

BERLIN (hfd) | Die Firma Pharma FGP muss eine Schlappe vor dem Oberlandesgericht (OLG) München einstecken: Elf von zwölf Werbeaussagen zu seinem gegen Kopfschmerzen zugelassenen homöopathischen Arzneimittel Neodolor verboten ihr die Richter. Schon die Vorinstanz hatte unter Verweis auf fehlende Studien mehrere Aussagen als irreführend angesehen.

Mit „Neodolor – die natürliche Kopfschmerztablette“ warb die Firma bislang auf ihrer Homepage für ihr homöopathisches Präparat, das „stark“ gegen „alle behandelbaren Formen von Kopfschmerzen“ wirke. Der Verein für lautere Arzneimittelwerbung Integritas hielt dies für unzulässig und ging gegen die Werbung vor. In dem angestoßenen einstweiligen Verfügungsverfahren verbot das Landgericht dem Unternehmen zunächst insgesamt fünf Aussagen. Unter anderem die Bewerbung als „natürlich“. Hierdurch und durch grüne Farbelemente auf der Homepage werde beim Verbraucher der Eindruck erweckt, dass nur natürliche Inhaltsstoffe verwendet werden, argumentierten die Richter. Doch Neodolor enthalte als Inhaltsstoff auch Magnesiumstearat, das mittels eines chemischen Verfahrens gewonnen werde. Als irreführend und daher unerlaubt werteten die Richter außerdem die Behauptung, dass das Präparat „stark gegen Kopfschmerzen wirkt“. Allgemein sei Werbung für Arzneimittel unzulässig, wenn Wirkungen beworben werden, die sie nicht haben – die Aussagen müssten gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen. Pharma FGP hatte argumentiert, dass schon mit der Zulassung als homöopathisches Arzneimittel der Wirknachweis gegeben sei. Doch nach Ansicht der Richter ging die Bewerbung als „stark“ wirksam über die Zulassung hinaus – was von Pharma FGP nicht durch klinische Studien belegt worden sei.

OLG ist strenger

Integritas ging gegen die Entscheidung in Berufung – denn der Verein hatte nicht fünf, sondern ganze zwölf Werbeaussagen von der Neodolor-Homepage beanstandet. Anfang Mai urteilte das OLG München, dass jedenfalls elf von ihnen unzulässig seien (Az. 29 U 335/17). Etwa die „Wirkungsvolle Schmerzbekämpfung“, „Effektiv gegen Kopfschmerzen“, „bestens verträglich“ oder „ohne bekannte Neben- und Wechselwirkungen“.

Integritas hatte in der Vorinstanz argumentiert, für die Aussagen „bestens verträglich“ oder „ohne bekannte Neben- und Wechselwirkungen“ fehle es an wissenschaftlich validen Studien. Auch habe Pharma FGP keine pharmakologisch-toxikologischen Gutachten vorgelegt, die dies belegen – und die Firma habe die Zusammensetzung ohne weitere Überprüfungen der Zulassungsbehörde verändert. Der Argumentation schlossen sich die Richter des Oberlandesgerichts offenbar an.

Pharma-FGP-Chef Clemens Fischer erklärte gegenüber DAZ.online: „Dass wir mit der Entscheidung des OLG München nicht zufrieden sind, ist, glaube ich, selbstverständlich.“ Er betonte zudem, dass sich das Gericht auf die „konkrete Anzeige“ bezogen hätte – „nicht auf die Aussagen generell“. Die Wirksamkeit des Produktes Neodolor bei Kopfschmerzen habe es nicht bezweifelt, so Fischer. Daher werde die Firma die Bewerbung des Produktes nur „wenig ändern“, gleichzeitig aber „selbstverständlich“ das nun rechtskräftige Urteil beachten. Doch eine endgültige Entscheidung wird erst das Hauptsacheverfahren bringen. Dabei wird das Verfahren voraussichtlich in der Berufungsinstanz auf den gleichen Senat am OLG treffen wie im jetzt abgeschlossenen Eilverfahren. Gut möglich, dass sich am Ende auch die Richter des Bundes­gerichtshofs mit dem Fall beschäftigen müssen. |

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