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Arzneimittel und Therapie
Red Yeast Rice – Arzneimittel oder NEM?
BfArM und BVL warnen vor Rotschimmelreis-Produkten und legen Grenzwerte fest
Rotschimmelreis (red yeast rice, Angkak) wird in Asien traditionell zur Behandlung von Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und des Herz-Kreislauf-Systems sowie zum Färben, Aromatisieren und Konservieren von Lebensmitteln eingesetzt. In Europa ist eine Verwendung von Rotschimmelreis in üblichen Lebensmitteln nicht bekannt. In einigen EU-Mitgliedstaaten wird Rotschimmelreis aber als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben.
Rotschimmelreis ist ein Fermentationsprodukt von gewöhnlichem Reis mit Schimmelpilzstämmen der Gattung Monascus. Während der Fermentation entstehen unter anderem rote Farbstoffe und verschiedene potenziell pharmakologisch und toxikologisch wirkende Inhaltsstoffe wie Monacoline.
Monacolin K = Lovastatin
Das Monacolin K ist identisch mit dem Arzneistoff Lovastatin, der in Deutschland in verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln enthalten ist (z. B. Lovahexal®, Lovastatin® AL). Lovastatin hemmt wie alle Statine die Cholesterin-Synthese durch Inhibition des Enzyms 3-Hydroxy-3-methylglutaryl-Coenzym A (HMG-CoA)-Reduktase.
Nebenwirkungen sind möglich
Aus diesem Grund können Zubereitungen aus Rotschimmelreis die gleiche pharmakologische Wirkung entfalten wie Lovastatin. Der Gehalt an Monacolin K in solchen Zubereitungen ist abhängig vom Fermentationsverfahren. In Studien mit unterschiedlichen Rotschimmelreis-Produkten zeigte sich, dass bereits ab einer Dosierung von 5 mg Monacolin K pro Tag eine pharmakologisch relevante Wirkung erzielt werden kann. Teilweise erhalten Kapseln bis zu 18 mg Monacolin K.
Monacolin K kann naturgemäß die gleichen unerwünschten Wirkungen verursachen, die für die Statine bekannt sind. Dazu zählen vor allem Schädigungen der Skelettmuskulatur (bis hin zur Rhabdomyolyse) sowie der Leber. Insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von Rotschimmelreis-Produkten und Statinen kann es zu Überdosierungen und Nebenwirkungen wie Muskelschädigungen kommen.
Der französischen Agentur für Lebensmittelsicherheit liegen für Red-Yeast-Rice-Produkte 30 Verdachtsberichte zu unerwünschten Wirkungen vor, darunter neun zu Muskelschäden einschließlich einer Rhabdomyolyse, außerdem zu Leberschäden und Stevens-Johnson-Syndrom. Aus Italien wurden 38 Berichte gemeldet, darunter 13 zu Myopathien.
Ab 5 mg/Tag Zulassungspflicht
Aufgrund der Brisanz der Lage hat eine gemeinsame Expertenkommission von Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Stellungnahme veröffentlicht. Diese unabhängige Kommission befasst sich mit der Einstufung von Stoffen, die als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat in Verkehr gebracht werden. Die Expertenkommission kam zu dem Ergebnis, dass Rotschimmelreis-Produkte ab einer Tagesdosis von 5 mg Monacolin K aufgrund der nennenswerten pharmakologischen Wirkung als zulassungspflichtige Arzneimittel einzustufen sind. Eine pharmakologische Wirkung ist nach den gesetzlichen Regelungen ausschließlich Arzneimitteln vorbehalten. Arzneimittel sind zulassungspflichtig und dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn in einem behördlichen Zulassungsverfahren Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit belegt worden sind. Dementsprechend dürfen solche Rotschimmelreis-Produkte in Deutschland nicht als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden.
Demgegenüber steht die EU-Verordnung Nr. 432/2012. In dieser Verordnung wurde für eine Vielzahl von Lebensmitteln eine gesundheitsbezogene Angabe zugelassen. Neben trivialen Substanzen wie Vitaminen und Mineralstoffen ist in dieser Verordnung auch „Monascus purpureus (red yeast rice)“ gelistet. Red-Yeast-Rice-Produkte dürfen demgemäß mit folgendem Health Claim ausgelobt werden: „Monacolin K from red yeast rice contributes to the maintenance of normal blood cholesterol levels“ („Monacolin K aus Rotem Reis trägt zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei“). Daneben findet man den Zusatz, dass der Claim nur für Lebensmittel verwendet werden darf, wenn eine tägliche Zufuhr von 10 mg Monacolin K erreicht wird.
Laut Aussage des BfArM stehe diese EU-Verordnung nicht im Widerspruch zu einer Einstufung als Arzneimittel, da die Verordnung nur dann zur Anwendung komme, wenn das Produkt im betreffenden EU-Land als Lebensmittel eingestuft sei. |
Quelle
BfArM warnt erneut vor Red Rice-Nahrungsergänzungsmitteln: Produkte ab einer Tagesdosis von 5 mg Monacolin K sind als Arzneimittel einzustufen. Pressemitteilung BfArM vom 24. Februar 2016
Fritzsche M. Roter Reis: Cholesterin in Balance? Marktrücknahme von Produkten überfällig. arznei-telegramm 2016;47:21
Commission Regulation (EU) No 432/2012 of 16 May 2012 establishing a list of permitted health claims made on foods, other than those referring to the reduction of disease risk and to children’s development and health Text with EEA relevance
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